Theologie-Professor Rainer Kampling kennt die Historie des Advents – und bevorzugt persönlich ein stilles Fest. ©Bernd Wannenmacher
Was Sie schon immer im Advent wissen wollten … beantworten Wissenschaftler in einer kleinen Serie in campus.leben der Freien Universität Berlin – Folge 2 von 5
„Früher war mehr Lametta“, meinen Loriot-Fans. Theologen hingegen wissen: Über Jahrhunderte war der Advent nicht mit Glitzer verbunden, sondern eine Zeit des Verzichts, der Stille und der Besinnlichkeit.
Fasten statt Plätzchen naschen und Gänsebraten zubereiten? Über die Wurzeln der Adventszeit und des jüdischen Weihefests Chanukka sprach campus.leben bei Kerzenschein mit Theologie-Professor Rainer Kampling.
Herr Professor Kampling, worin liegt der Ursprung der Adventszeit?
Der Begriff Advent stammt von dem lateinischen Wort „Adventus“ und bedeutet Ankunft oder Erwartung. Ursprünglich wurde damit zum Beispiel der Einzug eines Herrschers in die Stadt bezeichnet. Die Kirche hat den Begriff im vierten Jahrhundert für die Zeit vor der Geburt Christi übernommen. Im 6. Jahrhundert setzte sich in der lateinischen Kirche durch, dass der Advent über vier Sonntage begangen wird – so wie es bis heute gehalten wird. Mit dem ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Über viele Jahrhunderte war die Adventszeit eine sehr stille Zeit und eine Zeit des Fastens. Erst ab 1917 verlangte das katholische Kirchenrecht das Fasten nicht mehr.
Wie lassen sich christliche Besinnung und Momente des Innehaltens in die stressige Vorweihnachtszeit integrieren?
Nach meiner Ansicht muss man unterscheiden zwischen dem christlichen Advent und der Vorweihnachtszeit. Letztere ist heute vor allem kommerziell geprägt. Mit der eigentlichen Bedeutung des Advents hat sie nichts mehr zu tun. Oft hört man Beschwerden darüber, wie viel Stress er oder sie zur Adventszeit hat. Es wird aber niemand gezwungen, sich dem Stress des kommerziellen Weihnachtens hinzugeben. Dem kann man sich ganz einfach entziehen. Diese Entscheidung kann jeder selbst treffen.
Einen Zwang zur Ruhe kann man auch in der Adventszeit niemandem verordnen.
In diesem Jahr fällt das jüdische Lichterfest Chanukka in die christliche Weihnachtszeit. Worin liegt der Ursprung von Chanukka?
Chanukka ist das einzige jüdische Fest, das keine Bezeugung im Tanach, der hebräischen Bibel, hat. Mit dem Fest wird an die Wiedereinweihung des Zweiten Tempels erinnert. Der Tempel war von der syrischen Besatzung entweiht worden und konnte 164 v. Chr. nach dem Aufstand der Makkabäer wieder als Zentralheiligtum benutzt werden. Die eigentliche Gründungslegende findet sich im babylonischen Talmud, im Traktat Schabbat 21b. Dort heißt es:
„Am 25. Kislew beginnen die Tage des Festes. Es sind ihrer acht, an denen man weder Trauerfeiern abhalten, noch fasten darf. Als nämlich die Hellenisten in den Tempel eindrangen, verunreinigten sie alle Öle, die im Tempel waren. Nachdem die Herrscher des Hauses der Hasmonäer sich ihrer bemächtigt und sie besiegt hatten, suchte man und fand nur ein einziges, mit dem Siegel des Hohepriesters versehenes Krüglein mit Öl, das aber nur soviel enthielt, um einen Tag zu brennen und zu leuchten. Aber es geschah ein Wunder und es brannte acht Tage lang. Im folgenden Jahr bestimmte man, diese Tage mit Lob und Dankliedern zu Festtagen.“
Wie wird gefeiert?
Chanukka ist ein sehr fröhliches Fest, bei dem die Familie zusammenkommt, gemeinsam gebetet und gesungen wird und die Kinder beschenkt werden. Es gibt spezielle Gerichte für Chanukka, die mit viel Öl zubereitet werden, etwa Latkes – kleine, frittierte Kartoffelpuffer.
Wie verbringen Sie Weihnachten?
Weihnachten verbringe ich sehr still. Nur am ersten Weihnachtstag ist dann mehr los: Ich erwarte meine Patenkinder und deren Anhang zum Kaffeetrinken.
Die Fragen stellte Annika Middeldorf in campus.leben – dem Online-Magazin der Freien Universität Berlin.
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