Reizthema Laufmaut: Ein Euro löst Lawine aus - Gunnar Feicht, Jörg Manthey und René Wenzel im Westfalen-Blatt ©German Road Races e.V. (GRR)
Reizthema Laufmaut: Ein Euro löst Lawine aus – Gunnar Feicht, Jörg Manthey und René Wenzel im Westfalen-Blatt
Kreis Gütersloh(WB). Es brodelt in der deutschen Lauflandschaft. Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat eine Gebührenanhebung beschlossen, die von Veranstaltern und Aktiven als regelrechte Lauf-Maut empfunden wird.
Die Ausrichter müssen für jeden Athleten, der die Ziellinie überquert, ab 2016 einen Euro entrichten.
Das sorgt für Ärger. Erste Vereine überlegen sogar, den Verband zu verlassen.
»Es ist erstaunlich, dass man beim DLV zu diesem Ergebnis einstimmig gekommen ist«, sagt Martin Masjosthusmann, Sprecher der LG Burg Wiedenbrück, die den Christkindl-Lauf ausrichtet.
Auch Sabine Lünstroth, Geschäftsführerin des LC Solbad Ravensberg, hält nichts von der Verbandspolitik – vor allem nicht von dem aus DLV-Sicht offenbar ganz selbstverständlichen Vorschlag, die Gebührenerhöhung einfach aufs Startgeld draufzuschlagen: »Wir bemühen uns um faire Startgebühren und wollen die nur erhöhen, wenn es absolut unumgänglich ist.«
Und das wäre nach dem DLV-Beschluss wohl unweigerlich der Fall. Beispiel LC Solbad:
Der Verein hat im Jahr 2014 bei seinen fünf Veranstaltungen Luisenturmlauf, Nacht von Borgholzhausen, Volkslauf Oesterweg, Böckstiegel-Lauf und Weihnachtscross fast 5500 Aktive ins Ziel gebracht. Auch wenn für Jugendliche bis 18 Jahre künftige keine Gebühr mehr abgeführt werden muss, wird sich der bisherige Betrag von rund 1500 Euro an Verbandsabgaben für die fünf Events deutlich erhöhen.
Der letztgenannten Summe liegt die derzeit gültige Abgabe von 25 Cent pro »Finisher« bei Straßenläufen (mit verbandskonform vermessenen Strecken) und 30 Cent bei Volksläufen zugrunde. Die Abgabe je Teilnehmer für Volksläufe wurde im Bereich des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen zum 1. Januar 2013 eingeführt – nach heftigen Protesten mit einjähriger Verspätung gegenüber der ursprünglichen Verbandsplanung.
Zuvor galt nämlich bei Volksläufen eine kaum nennenswerte Pauschalgebühr von 15 Europro Veranstaltung. Bei fünf Läufen in der aktuellen Größenordnung verurteilt die zweistufige Gebühren-Rakete des DLV einen Verein wie den LC Solbad also innerhalb weniger Jahre zu einer drastischen Abgabenerhöhung – von rund 250 Euro im Jahr 2012 (damals galt die Nacht von Borgholzhausen noch als »Volkslauf« und nur Oesterweg als DLV-Straßenlauf) auf voraussichtlich geschätzt nahezu 4000 Euro in 2016.
Gegen diese Politik haben nicht nur der heimische LC und die LG Burg Wiedenbrück Widerspruch geäußert. Martin Masjosthusmann kann den Beschluss nicht nachvollziehen:
»Bei einem Treffen haben sich fast 200 Vereine gegen diesen Vorschlag ausgesprochen.« Auch Christian Dopheide vom Hermannslauf-Veranstalter TSVE Bielefeld ist »nicht glücklich mit der Situation«: »Wir sind überfahren worden. Die Art und Weise, wie das gelaufen ist, geht gar nicht.«
Bei der großen Nachfrage nach den Hermannslauf-Startnummern wird der TSVE die Erhöhung ohne Teilnehmer-Einbußen eins zu eins per Aufschlag zum Startgeld an die Aktiven weitergeben können. Aber Dopheide und sein Vereinskollege Rudi Ostermann wissen auch: »Andere können das nicht so händeln. Es ist gut, dass sich Widerstand regt. Wir werden mit anderen an einem Strang ziehen.«
Denn gerade Veranstalter kleinerer klassischer »Volksläufe« sorgen sich um ihre Kundschaft und fürchten, dass sich Gelegenheitsstarter wegen höherer Kosten künftig abwenden. Kritiker bemängeln, dass der Verband diese oft von Idealismus getragenen Veranstaltungen mit seiner Entscheidung in ihrer Existenz gefährde.
DLV-Präsident Clemens Prokop verteidigt die Ein-Euro-Entscehidung: »Wir haben uns ausführlich mit der geäußerten Kritik auseinandergesetzt und sind trotzdem einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die genehmigungsgebühr wie beschlossen zum 1. Januar 2016 erhoben werden soll.« Der Verbandschef ergänzt: »Wir reinvestieren die eingenommenen Gelder ausschließlich in den Sport.«
Was davon jedoch an der Basis ankommt, erschließt sich den rührigen Veranstaltern vor Ort bisher nicht. »Für alle möglichen Leistungen des Verbandes – von den Startpässen bis zu den Übungsleiterausbildungen – muss auch nach wie vor von Vereinen oder Teilnehmern gezahlt werden«, weiß Sabine Lünstroth aus der alltäglichen Praxis.
Horst Milde, früher Renndirektor des Berlin-Marathons und jetzt Vorsitzender der Interessengemeinschaft German Road Races, will sich mit dem DLV-Beschluss nicht abfinden und sagt kämpferisch: »Wir lassen uns das nicht gefallen und werden dagegen opponieren. Der Deutsche Leichtathletik-Verband soll merken, dass er sein Machtmonopol missbraucht.
Gunnar Feicht, Jörg Manthey und René Wenzel im Westfalen-Blatt, Redaktion Halle, am 7. März 2015
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