Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - Skandal in Sportmedizin - „Forschungs-Doping“ in Freiburg ©privat
Skandal in Sportmedizin – „Forschungs-Doping“ in Freiburg – Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin unter der Leitung von Letizia Paoli ist nach eigenen Angaben auf einen Forschungsskandal gestoßen, der gravierende Folgen für die Sportmedizin und den Wissenschaftsbetrieb weit über Freiburg hinaus haben könnte.
Fachpublikationen von 1980 bis 2000 weisen demnach erhebliche wissenschaftliche Mängel auf.
Perikles Simon, Sportmediziner in Mainz und Mitglied der Kommission, spricht von „Forschungs-Doping“ in der einstigen Hochburg der Doping-Forschung. Es habe eine Manipulationskultur geherrscht, auf deren Systematik man nun gestoßen sei. Hochklassig publizierte Arbeiten von rund hundert Autoren beruhten auf Manipulationen oder zumindest wichtigen Fakten, die gezielt verschwiegen wurden. Sie müssten zurückgezogen werden.
Förderung durch Pharmafirmen wurde nicht erwähnt; Interessenskonflikte der Autoren wurden nicht offengelegt. Die Besetzung von Lehrstühlen und die Vergabe Forschungsaufträgen beruhe zum Teil auf fehlerhaften Publikationen.
Die Kommission empfiehlt dringend die Einsetzung einer externen Untersuchungskommission, allein um zwischen Opfern und Tätern unterscheiden zu können.
Sie ruft Wissenschaftler, die unwissentlich in den Skandal verwickelt worden sind, etwa indem ihre Arbeiten für die Publikationen anderer genutzt wurden, dazu auf, an der Aufklärung mitzuwirken. Die Evaluierungskommission hat seit 2011 sechs Plagiatsverdachtsfälle bei Habilitationen angezeigt.
Dem Freiburger Sportmediziner Hans-Hermann Dickhuth wurde der Titel entzogen. Ulrike Korsten-Reck und Yorck Olaf Schumacher gaben ihre Habilitationen zurück.
Michael Reinsch, Berlin, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 6. Januar 2016