2016 World Indoor Track & Field Championships Portland, Oregon Mar 17-20,2016 Photo: Andrew McClanahan@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET
Hallen-WM der Leichtathleten – Dreisprung-Nation Deutschland – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
So schnell geht das: Bei der Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathleten in Portland ist schon die Rede von der Dreisprung-Nation Deutschland. Schließlich haben Kristin Gierisch und Max Heß, beide aus Chemnitz, in der Nacht auf Sonntag in dieser fast in Vergessenheit geratenen Disziplin die Silbermedaillen gewonnen.
Beide überzeugten in ihren Wettkämpfen auch mit Beständigkeit. Kristin Gierisch, eine 25 Jahre alte Bundespolizistin, hatte im Wettbewerb keinen einzigen Fehlversuch; mit zwei Sprüngen, 14,30 und 14,16 Meter, war sie Zweitbeste des Finales.
Die neue Weltmeisterin Yulimar Rojas aus Venezuela hatte bei sechs Versuchen nur einen einzigen gültigen Sprung; der allerdings trug sie 14,41 Meter weit.
Noch nie ging der Titel für eine so geringe Weite weg. Die zwanzig Jahre alte Yulimar Rochas hält mit 14,69 Meter die Jahresbestleistung. Der Weltverband IAAF machte auf seiner Website nicht eben Werbung für den Wettkampf: auf der eigenen Website ist von einem „Wettbewerb minderer Qualität in Vergleich mit früheren Ausgaben“ die Rede.
Landung auf dem Treppchen: Dreispringer Max Hess
Der 19 Jahre alte Max Heß hatte schon bei der deutschen Hallen-Meisterschaft mit seinem Sprung auf glatte 17 Meter und der damit verbundenen Qualifikation für Portland überrascht. Nun steigerte er seine Bestleistung auf 17,14 Meter. Er sprang sie gleich zweimal. Damit übertraf er sogar Europameister Benjamin Compaoré, der mit 17,09 Meter Dritter wurde.
Den Titel gewann der Chinese Bin Dong mit 17,33 Meter. Den Chemnitzer Dreisprung-Trainer Harry Marusch lobte Heß so: „Er hat mich in seine Trainingsgruppe aufgenommen, obwohl ich ziemlich schlecht war, und hat einen Vize-Weltmeister aus mir gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“ Kristin Gierisch trainiert seit dreizehn Jahren bei Marusch. „Ein zweiter Vater“, schwärmte sie.
Nur elf Sportler, aber drei Medaillen
Dreisprung-Nation? Der Deutsche, der als bis dato letzter Athlet in dieser Disziplin von sich reden machte, ist Charles Friedek. Vor 17 Jahren wurde er sowohl in der Halle von Maebashi als auch im Stadion von Sevilla Weltmeister. Nun erlebt er als Bundestrainer in Portland mit, wie seine Disziplin wieder einen Aufschwung erfährt.
Die Weitspringerin Alexandra Wester, die Friedek in Köln trainiert, konnte die hohen Erwartungen, die sie beim Hallen-Istaf in Berlin mit einem Sprung von 6,95 Meter geweckt hatte, nicht erfüllen. Sie wurde Sechste (6,67 Meter).
Olympiasiegerin Brittney Reese siegte mit 7,22 Meter und ist damit zum dritten Mal Hallen-Weltmeisterin; auch an der frischen Luft – in Berlin 2009, in Daegu 2011 und in Moskau 2013 – gewann die Amerikanerin die Weltmeisterschaft dreimal.
Starkes Stück: Mathias Brugger holt im Siebenkampf bei der Hallen-WM Bronze.
Das Wort von der Dreisprung-Nation nahm Chef-Bundestrainer Idriss Gonschinska als Ausdruck dafür, dass es sich lohne, zukunftsorientierte Projekte zu fördern, innovative Teams zu unterstützen und ihnen langfristig Vertrauen zu geben.
Der Erfolg des sächsischen Trainingsgespannes Kristin Gierisch und Max Heß zeige, dass die Förderung von Disziplin-Schwerpunkten große Potentiale freisetzt.
Die deutsche Mannschaft umfasst lediglich elf Athleten, die dritte Medaille gewann in Portland der Ulmer Mathias Bruger als Dritter im Siebenkampf.
Vor allem der Nachwuchs sollte Erfahrung sammeln im Hinblick auf die Europameisterschaft 2018 in Berlin.
Die erfahrenen Leichtathleten Deutschlands haben sich die Reise nach Amerika erspart und beginnen allmählich mit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele im August in Rio de Janeiro.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonnabend, dem 20. März 2016