Prokop-Appell an IOC-Präsident Dr. Thomas Bach - Vor IAAF-Entscheidung über Russlands Olympia-Teilnahme ©DLV
Vor IAAF-Entscheidung über Russlands Olympia-Teilnahme – Prokop-Appell an IOC-Präsident Dr. Thomas Bach
Eine Woche vor der Entscheidung des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, ob russische Leichtathleten nach den schweren Dopingvorwürfen an den Olympische Spielen in Rio (12. – 21. August) teilnehmen dürfen, hat sich Dr. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), in einem Offenen Brief an IOC-Präsident Dr. Thomas Bach gewendet.
Dabei appellierte er unter anderem: „Die Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit zu den Olympischen Spiele 2008 und 2012 haben gezeigt, dass die Chancengleichheit ganz offensichtlich nicht durchgängig gegeben war. Damit sind nicht nur Athletinnen und Athleten betrogen worden, auch das IOC und die olympische Idee sind hintergangen worden. Ich bitte Sie daher, die Sorge der Athletinnen und Athleten ernst zu nehmen und alle Möglichkeiten für glaubwürdige und chancengleiche Wettkämpfe in Rio auszuschöpfen. Dies sind wir gemeinsam den Athletinnen und Athleten schuldig."
Prokop hatte den Brief auf Wunsch einiger deutscher Leichtathletinnen und Leichtathleten verfasst und ihn auch den IAAF-Präsidenten Sebastian Coe weitergeleitet.
Offener Brief an den Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees Herrn Dr. Thomas Bach
Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Bach,
das Council der IAAF wird am 17. Juni über einen Ausschluss der Leichtathleten Russlands von den Olympischen Spielen entscheiden. Für den Fall eines Ausschlusses wird bereits jetzt von Verantwortlichen des Sports diskutiert, ob dann den Athletinnen und Athleten, die negative Dopingtests vorweisen, ein Start in Rio gestattet werden soll.
In diesem Zusammenhang ist wohl auch die Ankündigung des IOC zu sehen, die Anzahl der Dopingkontrollen vor Rio zu verdoppeln und vor allem in Ländern wie Russland und Kenia durchführen zu lassen.
Diese Diskussion über das Startrecht von Athletinnen und Athleten aus Ländern, deren Doping-Kontrollsystem bisher nicht den Vorgaben der WADA entspricht, veranlasst mich, auf Bitten von Athletinnen und Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, mich mit einem offenen Brief an Sie zu wenden.
Nach den bekannten Fakten über die Wirkung entfaltet Doping seinen größten Nutzen, wenn es in den Zeiten der höchsten Trainingsbelastung genommen wird, im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2016 also im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016.
Nur wenn in diesen Zeiträumen vergleichbare Kontrollbedingungen bestanden haben, besteht in Rio auch Chancengleichheit im Wettkampf. Die Zeit unmittelbar vor den Olympischen Spielen spielt bezüglich der Wirkung des Dopings eine nachgeordnete Rolle und die möglicherweise jetzt eingeleiteten strukturellen Maßnahmen in Ländern mit Defiziten haben keinerlei kurzfristige Auswirkungen auf eine glaubwürdige Wiederherstellung von Chancengleichheit.
Medienberichten zufolge soll in einigen Ländern aber gerade zu den für Doping maßgeblichen Zeiten kein Kontrollsystem entsprechend der Vorgaben der WADA bestanden haben. Wenn Athletinnen und Athleten aus diesen Ländern trotzdem in Rio starten dürfen, sehen Athletinnen und Athleten des DLV das Prinzip der Chancengleichheit nicht mehr gewahrt, da in diesem Fall keine belastbare Aussage getroffen werden kann, ob eine Athletin, ein Athlet Dopingmittel in der maßgeblichen Zeit genutzt hat oder nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident, Sie werden häufig mit den Worten zitiert: "Der Schutz der sauberen Sportler hat Vorrang".
Die Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit zu den Olympischen Spiele 2008 und 2012 haben gezeigt, dass die Chancengleichheit ganz offensichtlich nicht durchgängig gegeben war. Damit sind nicht nur Athletinnen und Athleten betrogen worden, auch das IOC und die olympische Idee sind hintergangen worden.
Ich bitte Sie daher, die Sorge der Athletinnen und Athleten ernst zu nehmen und alle Möglichkeiten für glaubwürdige und chancengleiche Wettkämpfe in Rio auszuschöpfen.
Dies sind wir gemeinsam den Athletinnen und Athleten schuldig.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Clemens Prokop
Präsident
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