Der Sport mit seiner Kultur des Wegsehens, die Wada mit ihrem institutionalisierten Langmut brauchen eine Reform. ©WADA
Kommentar – Doping-Bekämpfung hat versagt – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Der Aufschrei der Empörung ist verständlich. Doch überrascht darf niemand sein, schon gar nicht an der Spitze des Sports. Als Werner Franke nach dem Fall der Mauer die Blaupause des perfekten Staats-Dopings präsentierte, ließ das Internationale Olympische Komitee (IOC) seine Sprecherin ausrichten, dies sei eine deutsche Angelegenheit.
Auf dem Olymp interessierte man sich nicht dafür, dass ein kleines Land sich aus politischen Gründen zur Sportnation aufschwingen wollte und dazu, mit massenhaftem Doping, die Wettbewerbe der Olympischen Spiele kompromittierte.
Vom Preis der Manipulation, von betrogenen sauberen Athleten, von auf Jahrzehnte verdorbenen Rekordlisten und von geschädigten Kindern und Jugendlichen, wollte schon gar niemand etwas wissen.
Juan-Antonio Samaranch war damals Präsident des IOC, 26 Jahre ist das her, und Thomas Bach war damals ein 36 Jahre alter Anwalt und ehemaliger Fechter, der ein Jahr später ins IOC berufen werden sollte.
Nun ist die Blaupause wiederaufgetaucht. Nun stammt sie aus der Sowjetunion. Die Russen haben ihr Betrugssystem danach gebaut. Allein, dass die simplen Tricks immer noch funktionieren, spricht dagegen, dass die in der Zwischenzeit gegründeten Welt- und Nationalen Anti-Doping-Agenturen ihre Arbeit so erledigen, dass Athleten saubere Wettbewerbe erwarten können.
Im Gegenteil: Die Doping-Bekämpfung des Weltsports ist gescheitert. Schon 2003, fünf Jahre nach Gründung der Wada, war es der Steuerfahnder Jeff Novitzky, der den amerikanischen Steroid-Vertrieb Balco auffliegen ließ.
Erst als die Politik seine Ermittlungen gegen den dopenden Tour-Sieger Lance Armstrong einstellte, übernahmen Travis Tygart und die Anti-Doping-Agentur der Vereinigten Staaten den Fall. Grigori Rodschenkow, der Kronzeuge des McLaren-Reports, packte gegenüber der „New York Times“ aus.
Und das Ehepaar Stepanow, das der Wada über die Jahre Hunderte von E-Mails aus dem Inneren des Betrugssystems schickte, musste sich ans deutsche Fernsehen wenden, damit etwas passierte.
Als dem Labor von Moskau vor den Winterspielen 2014 die Suspendierung drohte, übertrug die Wada ihm – unter sportpolitischem Druck – die Kontrollen von Sotschi 2014, die sich nun als großer Schwindel erweisen. Dabei kannten die Mitarbeiter mehr als Gerüchte.
Die unabhängigen Untersuchungen müssen einen Neubeginn einleiten. Es gilt, denjenigen auf die Finger zu schauen und notfalls auf die Füße zu treten, die praktisch unkontrolliert sind und auffallend erfolgreich in verseuchten Sportarten.
Der Sport mit seiner Kultur des Wegsehens, die Wada mit ihrem institutionalisierten Langmut brauchen eine Reform.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 20. Juli 2016
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