Blog
01
11
2016

©Gerd Steins, Berlin

Objekte mit Spuren zum Sport aus dem Kalten Krieg – Sonderausstellung im Berliner Alliierten Museum

By GRR 0

(DOSB-PRESSE) Die Älteren erinnern sich noch – und alle Berlinerinnen und Berliner sowieso: Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Berlin zur Vier-Sektoren-Stadt und schon bald zum Brennpunkt des Kalten Krieges.

Nirgendwo sonst in Deutschland wird die politische Konfrontation zwischen Ost und West so „alltäglich“ spürbar wie im seinerzeit geteilten Berlin.

Daran erinnert jetzt eine bemerkenswerte Sonderausstellung im Alliiertenmuseum im Berliner Stadtteil Dahlem an der Clayallee 135.

„100 Objekte. Berlin im Kalten Krieg“ lautet der schlichte Titel der auch räumlich gediegenen Präsentation, die ein vielschichtiges Bild der Epoche abgibt und die Rolle Berlins im Kalten Krieg verdeutlicht.

Wer sich auf den Rundgang durch die Ausstellung begibt, kann dabei sogar Objekte in („gefühlt“) zweistelliger Höhe inspizieren, die entweder als Sportgeräte bzw. sportbezogene Materialien daherkommen oder mindestens interessante Spuren zum Sport in Berlin in der damaligen Zeit legen.

Vermutlich wird der dem (olympischen) Sport zugeneigte Besucher zum ersten Mal spätestens bei Objekt Nummer zehn haltmachen, das überschrieben ist mit „Trainingsspeer von Uwe Hohn um 1984 – Sportmuseum Berlin“.

Was hat Speerwerfen mit dem Kalten Krieg zu tun?

Blenden wir kurz zurück: Wegen des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan 1979 boykottierten die Bundesrepublik Deutschland und andere westliche Nationen die Olympischen Spiele in Moskau 1980. Vier Jahre später drehten bei den Spielen in Los Angeles die sozialistischen Länder den Spieß (oder um im Bild zu bleiben: den Speer) um und blieben fern.

Als Ersatz dafür diente der 22. Olympische Tag am 20. Juli 1984 im Ost-Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, wo der amtierende Europameister Uwe Hohn aus Potsdam die 100-Meter-Marke brach. Sein Speer landete bei 104,80 Meter vor der Hochsprunganlage, was den Leichtathletik-Weltverband wenig später zu einer Neuregelung der Eigenschaften der Speere veranlasste.

Der ausgestellte Trainingsspeer von Uwe Hohn (Marke „Sandvik Champion“) ist an der Spitze zerbrochen. Wo und warum dies passiert ist, erfahren wir nicht. Wir müssen uns einstweilen mit „Made in Sweden“ zufrieden geben.

Basecapes gehören heute zum alltäglichen sportiven Outfit. Die „Schirmmütze des Berlin Golf Clubs“ (ausgestellt als Objekt Nummer 79) ist dagegen ein exklusives Kopfbekleidungsstück mit hoher politischer Symbolkraft. Es zeigt nicht nur das Logo des von Diplomaten im Jahre 1895 im Stadtteil Westend gegründeten Berlin Golf Clubs.

Die Sonne- bzw. Regenschutzbedeckung zeigt auch den geografischen Umriss von Berlin mit den vier Sektoren und den Flaggen der vier alliierten Besatzungsmächte. Eher beiläufig sportiv wirkt dagegen das Wahlplakat der Berliner SPD aus dem Jahre 1989 („Berlin ist Freiheit“), das zwei Jungen in Jeans und in (gerade noch erkennbaren) weißen adidas-Sportschuhen zeigt.

Dass im geteilten Berlin hüben und drüben auch fleißig Sport getrieben wurde und große Sportveranstaltungen (trotz oder wegen des Kalten Krieges) stattfanden, kann als Selbstverständlichkeit bezeichnet werden.

Da erübrigen sich weitere Objekte der Dokumentation – es sei denn, der Besucher der Ausstellung möchte sich über markante Orte des Sports im geteilten informieren. Dann kann er sich mit Hilfe einer Leuchtkarte von Berlin ein präzises Bild machen und mit Hilfe der Legende auch heute noch bestehende Standorte wie das „Olympia-Stadion“ (sic!) oder längst abgerissene (olympische) Sportstätten wie die „Deutschlandhalle“ suchen.

Im geteilten Berlin wurde seinerzeit auch Sport neu erfunden: Das Laufen für alle auf der Straße mitten durch die (westliche) Stadt hatte am 3. Mai 1981 um 9.30 Uhr in Berlin Premiere und war damals auf Initiative der französischen Militärregierung zustande gekommen, die fortan in Zusammenarbeit mit dem Berliner Leichtathletik-Verband, dem Landessportbund Berlin und dem Senator für Schulwesen, Jugend und Sport als Veranstalter fungierte (siehe aber Text zum Bild der "25km de Berlin": Bereits ein Jahr vor den „25km de Berlin“ organisierte die französische Armee in Berlin am 19. April 1980 den ersten Stadtlauf über 22 km im Berliner Wedding).

Davon zeugt ein Plakat zusammen mit anderen Utensilien wie eine Teilnahmebestätigung und zwei Finisher-Medaillen.

Das Berliner Alliierten Museum ist täglich außer an Montagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Der Sonderausstellung mit den 100 Objekten sind fünf Leitbegriffe zugeordnet: Berlin war Symbol (1) des Kalten Krieges, zugleich Front (2) im weltumspannenden Konflikt damals.

Wie auf einer Bühne (3) spielten sich daher (auch sportliche) Lebenswirklichkeiten ab. Ost- und West-Berlin galten als politische Schaufenster (4) und sind heute zum Erinnerungsort (5) geworden.

Die Sonderausstellung ist noch bis zum 28. Januar 2018 zu sehen.

Prof. Detlef Kuhlmann

Berliner Alliierten Museum

Mehr zum Sportmuseum Berlin – MARATHONEUM:

Allgemeine Informationen zum Sportmuseum Berlin

Das Exponat des Monats

author: GRR

Comment
0

Leave a reply