Das Wahrzeichen von Luzern – der Wasserturm mit Drägsak - Foto: Erdmute Nieke
Seeblick und Felswand – Luzern mit einer neuen Strecke!!! Impressionen vom 18. Swiss City Marathon Lucerne am 26. Oktober 2025 von Dr. Erdmute Nieke
Zwei Wochen Herbstferien in Berlin – gute Rituale sollen wiederholt werden: Auf in die Schweiz, zu meinem Luzern-Marathon Nummer drei.
Diesmal nutze ich das kostenlose SBB-Ticket zur Reise nach Luzern ab Schaffhausen. In Schaffhausen verbringe zwei entspannte Ferientage im Pfarrhaus bei Roland und seiner großen und bunten Familie.
Vor 30 Jahren haben wir zusammen studiert. Klar, wandere ich auch zum berühmten Rheinfall. Gut gestärkt reise ich am Freitag Mittag nach Luzern.
Im Hotel „Drei Könige“ werde ich als alte Bekannte begrüßt. Alles ist wie in den letzten Jahren, inklusive extra frühes Marathon-Frühstück und Smiley-Steinchen Nummer drei.
Am Nachmittag bummel ich durch die Altstadt zur Marathon-Messe im Hotel Schweizerhof.
Meine Startnummer ist die 2222! Bei der Pasta-Party kann ich mich wieder nicht zwischen Pasta und Spätzle entscheiden. Ich erhalte einfach beides. An einem Stand schnacke ich mit Mario über das voraussichtliche Wetter am Sonntag. Er gibt mir den Tipp in seinen Lauf-Sport-Laden in die Luzerner Neustadt zu gehen und bekleidungsmäßig noch nachzulegen. Denn die neue Strecke würde wohl windig und wahrscheinlich nass. Empfehlung angenommen. Bei Wirth Sport bekomme ich eine ganz leichte und dünne Jacke zum halben Preis. Ein nettes Team im Laden wünscht mir für Sonntag ganz viel Glück trotz angekündigtem Regen.
Freitag Abend – gute Rituale soll frau wiederholen – gehe ich mit Freundin Nancy wieder in eine schöne Bar.
Wir haben uns ein Jahr nicht gesehen. Es gibt viel zu erzählen. Den Samstag verbringen wir gemeinsam. Nancy zeigt mir Besonderes um Luzern. Wir besuchen in Emmen-Rathausen die Stiftung für selbstbestimmtes und begleitetes Leben. Ich erhalte einen Einblick in den Umgang mit Menschen mit Einschränkungen in der Schweiz und sehe Ähnlichkeiten mit meiner Arbeit. Wir fahren nach Seelisberg und sehen von oben auf die berühmte Rütli-Wiese und schauen uns im ehemaligen Grand-Hotel Sonnenberg um. Hier ließ sich Maharishi Mahesh Yogi (1918-2008) 1976 mit 300 Anhäng:innen nieder und trainierte das yogische Fliegen. Dann doch lieber laufen. Bevor wir zum jährlichen Pasta-Essen nach Ennetbürgen aufbrechen, besuchen wir noch Dorothee Wyss (1430/32-1487) und Nikolaus von Flüe (1417-1487) – auch Bruder Klaus genannt. Er ist ein Nationalheiliger in der Schweiz. Wir sehen sein Geburtshaus in Flüeli und sein Grab in der Kirche in Sachseln.
Helferin Andrea am Wertsachendepot – Foto: Erdmute Nieke
Samstag Abend gibt es im Luzerner Theater HOPE, zwei Tanz-Uraufführungen. Die Nacht vor dem Marathon hat wegen der Zeitumstellung eine Stunde mehr und die Ablenkung ist gut.
Sonntag Morgen – Regen und neun Grad!
Gut eingepackt gehe ich zum Schiffsanleger am Bahnhof. Kurze Regenpause, also nehme ich einen Außenplatz auf dem kostenlosen Schiff zum Start. Die Bergkulisse des Vierwaldstättersees ist in Regenwolken eingehüllt. Die Spitze des Pilatus – der Hausberg von Luzern – ist verschwunden. Am anderen Ufer angekommen, die gleichen Wege wie in den letzten Jahren, doch andere Gespräche. Die Wiederholungsläufer:innen fragen: Wie wird die neue Strecke?
Exklusiv für Frauen wieder im Sportcenter Würzenbach eine warme Halle voller Bierzeltbänke für die Wechselkleidung. In diesem Jahr sind es noch mehr Bänke. Denn es sind doppelt so viele Läufer:innen beim Marathon in diesem Jahr angemeldet. Andrea nimmt meine Wertsachen entgegen und freut sich über meine Startnummer.
In der Toilettenschlange zwei junge Erst-Marathonis, überhaupt sind viele junge Läufer:innen unterwegs. Dann gehe ich so knapp wie möglich vom warmen Sportcenter zum Start im kalten Regen. Der Start ist wieder bestens sortiert. Ohne Warten starte ich im Block F, genau um 8.38 Uhr. Schweizer Pünktlichkeit – nicht nur bei der Bahn.
Die ersten zwölf Kilometer laufe ich nun schon zum fünften Mal. Denn die letzten beiden Jahre hatte der Luzern-Marathon einen Zwei-Runden-Kurs. Trotz Kälte, Wind und Regen stehen die Menschen und die Musiker:innen an der Strecke und die Stimmung ist wieder prächtig! Aber auf der Halbinsel Horw fehlt meine Lieblingsmusikgruppe, die Akkordeon-Spielerinnen mit dem Kontrabaß.
Dann geht es in Horw auf die neue Strecke.
Motto: Einfach immer am Wasser entlang. Den ersten Kilometer parallel zur Autobahn, doch dann geht es ins Dorf Hergiswil. Da ist echt der Teufel los! Der gesamte Ort scheint auf den Beinen, eine Musik-Formation folgt der nächsten, dazwischen Menschen mit und ohne Wein- oder Bierglas und wir werden gefeiert. Der Regen kann diese Stimmung einfach nicht trüben! Noch an einer großen Glasbläserfabrik vorbei und schon verlässt die Straße Hergiswil. Kurz hinter dem Ort kommt ein Radfahrer auf der Pendelstrecke entgegen: 1. Mann Marathon! Wow, tolles Tempo, dann der zweite und der dritte! Immer weiter am Wasser entlang. Dann kommt das perfekte Stück, die Laufstrecke ist überdacht. Über uns verläuft die Autobahn! Und was entdecke ich im Trockenen? „Meine“ Akkordeon-Spielerinnen! Wie toll! Dazu eine super Akustik durch das Betondach! Und der Blick auf das Wasser, es kommt ein Schiff und die Leute jubeln auf dem Schiff. Irgendwie alles etwas unwirklich!
Dann am Kreisverkehr vor Stansstad: Nancy! Sie hat es trotz Regen wahr gemacht! Im gelben Regencap, mit Hündin Mila und einer Flasche Cola steht sie bei Kilometer 18! Yehh! Kurzes Fotoshooting und Trinken. Den Rest der Cola stelle ich auf den Mittelstreifen. Dann weiter, rechts Felswand, links Seeblick und auf der Gegenstrecke die schnelleren Läufer:innen. Der Regen wird weniger und es geht in den Ort Alpnach. Auch hier wieder Musik und Menschen. Und dann bei Kilometer 22 kommt der Wendepunkt! Am Wendepunkt gibt es ein großes Holzgestell mit Kuhglocken. Alle, die wenden, dürfen sie selbst anschlagen! Witzige Idee!
Jetzt alles umgekehrt! Rechts Seeblick und links Felswand.
Die Felswände gehören sozusagen zu den Füßen des Pilatus(-Berges). Wir sind noch wenige Läufer:innen. Trotzdem gibt es auch für uns langsamen Läufer:innen immer noch Live-Musik – das war in Berlin vor fünf Wochen anders…
Kurz nach dem Wendepunkt überholen wir einen Barfußläufer, der riesige Blasen an den Füßen hat. Es war wohl zu viel Regen, meint er nur. Dann wieder die große Bigband mitten im Nirgendwo zwischen der steilen Felswand und dem Wasser. Sie sind auch lustig anzuschauen, denn sie tragen bunte Fitnesskleidung der achtziger Jahre.
Als ich wieder an den Kreisverkehr komme, hat ein netter Helfer meine Colaflasche schon vom Mittelstreifen aufgehoben und reicht sie mir! Der perfekte Service – überhaupt sind alle Helfer:innen wieder gut gelaunt und immer freundlich – und das bei diesem Wetter! In Hergiswil ist noch immer die Party im Gange, jede Läuferin und jeder Läufer wird bejubelt! Die Hergiswiler:innen laufen den Hower:innen der letzten beiden Jahre wirklich den Rang in Punkto Stimmung ab! Allerbeste Party hier! Am Ende der Partystrecke kommt sogar die Sonne raus! Wieder geht es kurz neben der Autobahn lang. Zwei Polizisten geleiten einen erschöpften Läufer in Silberfolie in ihr Polizeiauto. Er wird wohl über diesen besonderen Support froh sein.
Am Ortseingang von Horw steht ein Campingtisch genau bei Kilometer 32 und eine Familie mit zwei kleinen Kindern bieten heißen Tee, Salzstangen und Gummibärchen an. Sie freuen sich, dass ich mich über diese Stärkung freue, denn trotz der Sonne ist es in den nassen Laufsachen kühl. Bei Kilometer 33 geht es wieder auf die alte und mir schon bekannte Laufstrecke. Jetzt wird es mit den Halbmarathonis auch wieder voller. Die Rufe der Menschen ändern sich. Jetzt schallt es exlusiv für die Marathonis mit den roten Startnummern BRAVO, BRAVO. Vorher war der Ruf immer HOPP, HOPP.
An den Versorgungspunkten sieht es jetzt nicht mehr so aufgeräumt aus.
12.000 Läufer:innen schaffen es wohl nicht ihre Becher in die großen gelb-grünen Drägsak zu werfen. Aber die fleißigen Helfer:innen fegen und räumen. Insgesamt waren 12.550 Läufer:innen unterwegs, davon 3.159 Marathon, 6.519 Halbmarathon, 2.172 zehn Kilometer, 700 Kinder 195 Meter –
Die Versorgung an der Strecke ist wieder perfekt mit Wasser, Iso, Müsliriegeln, Bananen und Gel. Bananen und Riegel werden immer mundgerecht dargereicht.
Kostenlose Rückfahrt mit dem Schiff, im Hintergrund der Pilatus – Foto: Erdmute Nieke
Wir laufen wieder durch das Fußballstation mit der Rockband, dahinter kommt der Cola-Stand – neue Energie! Vorbei am Bahnhofsgelände zurück in die Stadt. In diesem Jahr erinnert mich der Lauf durch das Bürogebäude mit einer Techno-Party und Lichteffekten an meinen Frühjahrsmarathon in Paris. Hier ging es durch den Tunnel der stillgelegeten Uferstraße an der Seine. Auch hier gab es Lichteffekte und Techno.
Auf dem roten Teppich geht es mit lauter Musik durch das KKL (Kultur- und Kongresszentrum). Am Schiffsanleger vorbei, kommt das Wahrzeichen von Luzern: Der Wasserturm! An der Jesuitenkirche vorbei, über die Reuss läuft es in die Altstadt. Hier wieder tolle Stimmung hinter den Absperrgittern. Weiter auf dem Schweizerhofkai, vorbei an den Palmen vom Hotel und die letzten zwei Kilometer bis ins Verkehrshaus. Kurve rechts und Kurve links und rein ins Museum und raus in den Museumshof und durch die Beton-Röhre auf den gelb-roten Teppich ins ZIEL!!! Meine Nummer drei in Luzern ist gelaufen!
Eine golden Medaille, in diesem Jahr mit den Fahnen der drei Kantone durch die der Marathon nun läuft: Luzern, Nidwalden und Obwalden.
Etwas Heißes trinken, dazu ein Zielbier, die Medaillengravur für fünf Franken und durch den Hof voller Menschen im Verkehrshaus schlängel ich mich zu den warmen und trockenen Sachen im Sportcenter. Umziehen, Wertsachen abholen und wieder zum Schiff. Jetzt Überfahrt im Sonnenschein! Pilatus steht wieder da und wacht über diesen ganzen Trubel.
Nach einer heißen Dusche und einer Pause im Hotel gehe ich mit Nancy zum Fondue-Essen. Wenn schon Schweiz, dann richtig! Den Montag verbringe ich – wieder im Regen – mit Luzerner Kultur. Ich entdecke die Sammlung Rosengart – eine faszinierende Kunstsammlerfamilie und bestaune ihre Picassos, Klees und Chagalls.
Am Dienstag reise ich mit dem kostenlosen SBB-Ticket über St. Gallen nach München, zwei Tage später weiter nach Berlin. Die Züge sind wieder unpünktlich. Spätestens daran merke ich, dass ich wieder in Deutschland bin.

Medaille mit den Fahnen der drei Kantone Nidwalden, Luzern und Obwalden (v.l.n.r.) und Hotel-Smiley-Stein – Foto: Erdmute Nieke
Was bleibt in Erinnerung von meinem dritten Luzern-Marathon? Die neue Strecke – zwischen See und Felswand – ist genial! Vom Regen in die Sonne laufen! Allerbeste Stimmung an der Stecke! Super Organisation und immer fröhliche Helfer:innen! Und Pilatus bewacht dieses Lauf-Event!
Luzern läuft! Macht weiter so! Möge der 19. SWISS CITY MARATHON LUCERNE am 25. Oktober 2026 wieder so ein perfekter Lauf werden!
Dr. Erdmute Nieke
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