Leider blieb die Ansicht des heute mindestens vierstellig teuren Unikats nur als schwarz-weiß-Foto erhalten. Foto Hans-Georg Kremer
Ein kleiner Ostergruß an Traditions rennsteigläufer und Läuferinnen – Glaspokal für den Rennsteiglauf – Dr. Hans-Georg Kremer
Ein Blick ins Fotoalbum: Über Glasbläser, die in Weimar tagten, und eine Trophäe, die als verschollen gilt.
Der im letzten Beitrag genannte „Theater-Fechtmeister“ Harald Seime nahm indirekt auch auf andere Art und Weise aus Weimar Einfluss auf die Entwicklung wichtiger Sportereignisse. Mehrfach trat er mit kleinen „Soloprogrammen“ in den 1970er Jahren im Klubhaus der Intelligenz „Erich Weinert“ in der Schubertstraße auf.
Wohl zum Jahresabschluss hatten ihn einmal die Thüringer Kunsthandwerker vom Verband bildender Künstler der DDR als Abendprogramm unter Vertrag genommen.
Die Fachgruppe der Glasbläser, von denen in der Schillerstraße eine ihrer wichtigsten Verkaufsstellen lag, kam gerne nach Weimar zu ihren Tagungen.
Als Gast war auch der Lauschauer Kunstmaler Günter Dührkop dabei, der die Idee hatte, eine Bild von Harald Seime zu malen. Dührkop galt in Lauscha als künstlerischer Berater der Glasbläser, die Verbandsmitglieder werden wollten. Daher wurde er häufig zu deren Tagungen eingeladen.
Nach dem erfolgreichen Auftritt von Harald Seime saß man noch lange bei einem Glas Wein oder Bier mit ihm und Günter Dührkop zusammen. Dabei stellte Seime, der hauptberuflich Hochschulsportlehrer an der Jenaer Uni war, die Frage, ob die Glasbläser nicht auch künstlerisch hochwertige Pokale aus mundgeblasenem Glas herstellen könnten.
Eine ähnliche Frage kam auch von Wolfgang Meier, Hochschulsportlehrer an der Hochschule für Architektur und Bauwesen (HAB), der ebenfalls unter den Gästen der Veranstaltung war. Meier fragte dies in seiner Funktion als „Schatzmeister“ der Fachgruppe Orientierungslauf des Studentensportverbandes, die für ihre Meisterschaften immer nach hochwertigen Preisen suchten.
Aus dieser Gesprächsrunde entstanden mehrere künstlerisch hochwertige Pokale. Ein Pokal für die Pokalwertung im Studenten-Orientierungslauf, den Volkhard Precht aus Hüttenglas geformt hatte. Ein zweiter Pokal war die Attraktion beim 3. GutsMuths-Rennsteiglauf 1975. Diesen hatte Günter Dührkop entworfen und wurde vom Glasbläser Albrecht Greiner-Mai umgesetzt. Die Erfurter SED-Parteizeitung „Das Volk“ hatte ihn gestiftet.
Neben der Höhe des Deckelpokals, etwa 50 Zentimeter, war das hauchzarte blaue Lampenglas mit teilweise nach venezianischen Vorbildern eingefügten Fadenglasbändern ein „Hingucker“. Als Applikation bekam der Pokal Glasgemmen, in die vom Glasschleifer Peter Fiedler aus Schmiedefeld der stilisierte Kopf von GutsMuths eingeschliffen worden war.
Dieser Pokal war für die Hauptwertung beim Rennsteiglauf 1975 ausgelobt worden. Nach dem Muster vom 1. GutsMuths-Rennsteiglauf 1973, wo vier Läufer, darunter zwei aus Weimar, die gesamte Strecke gemeinsam liefen und ins Ziel kamen. Sieger 1975 wurden Christian Menschel, Siegwart Karbe, Wilfried Ehrler und Volker Matthausen von der DHfK (Deutsche Hochschule für Körperkultur) Leipzig, die die 82 Kilometer lange Strecke in 9:22:38 h schaffte.
Da diese Wertung nicht wieder ausgeschrieben wurde, verblieb der Pokal in Leipzig und gilt heute als verschollen.
Dr. Hans-Georg Kremer in der „Thüringische Landeszeitung“ vom 16. April 2025
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