Die Wandergruppe passiert die Sperranlagen an der ehemaligen Grenze. - Foto: Rolf Becker
35 Jahre – 1. Gesamtdeutscher Rennsteiglauf – Der Rennsteig will nicht durchrast, er will genossen sein! – Dr. Hans-Georg Kremer
Am 28. April 1990 wurde auch am Rennsteig die Grenze zwischen der BDR und der DDR offiziell geöffnet.
Bereits am 8. März gab es dazu eine Vorwanderung, die vom Frankenwaldverein und vom Rennsteigverein organisiert worden war. Von den Rennsteiglauforganisatoren nahmen Rolf Becker aus Leipzig, der Gesamtleiter Volker Kittel, der Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit und spätere Gründungspräsident des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins, Hans-Georg Kremer und seine Frau Gunda an dieser Wanderung teil.
Unter Begleitung von Offizieren der ehemaligen Grenztruppen der DDR in Zivil wurde an mehreren Stellen extra der Grenzzaun geöffnet.
Ein Teil der Grenzanlagen waren noch komplett erhalten. Im Gespräch mit den „Grenzschützern“ wurde die Frage diskutiert, wie man diesen Teil des seit spätestens 1961 hermetisch abgeriegelten Rennsteigs in den GutsMuths-Rennsteiglauf einbinden könnte.
Der Rennsteig zählt wohl zu den „längsten“ Sportstätten in Deutschland. Spätestens seit Einsetzen der Wanderbewegung im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, waren die fast 170km-Rennsteig eine interessante Wanderstrecke, was mit Gründung des Rennsteigvereins 1896 auch eine organisatorische Struktur bekam. Der Rennsteigverein sah sich allerdings ausdrücklich nicht als „Sportverein“. Im Gegenteil, es wurde ein sportliches Wandern regelrecht bekämpft, wie Max Raebel aus Eisenach 1913 erfahren musste, als er seine Rennsteigwanderung „am Stück“ einreichte, um das vom Rennsteigverein ausgelobte Ehrenschildlein zu erhalten. Dieses bekam man, wenn man den gesamten Rennsteig in mehreren Etappen abgewandert war. Max Raebel wurde dies verwehrt, da er die Strecke, lediglich unterbrochen mit einer Schlafpause, in 32 Stunden und 45 Minuten abwanderte.
Der Rennsteigverein schrieb in seiner Vereinszeitschrift dazu u. a.: „Die erstaunliche körperliche Leistungsfähigkeit und Ausdauer Herrn Raebels und sein reines, sportsmännisches Hochgefühl in allen Ehren, so müssen wir doch nachdrücklich betonen, dass die Ziele des Rennsteigvereins, dem rüstigen wandern und Skilaufen nur Mittel des sinnigen Naturgenusses sind, weit davon abliegend und das der R. V. (Rennsteigverein), dies auf Anfragen nicht von Herrn Raebel, aber von anderer Seite ein für alle Mal zur Antwort – keinerlei goldenes Ehrenschildlein für Gewaltmärsche vergeben hat, die über die klassische Fünftageteilung Plänckners hinausgehen: Noch einmal: Der Rennsteig will nicht durchrast, er will genossen sein!“
Schon vor dem ersten Weltkrieg gab es allerdings schon mehrere Versuche den Rennsteig mit Skiern zu bewältigen und seit 1908 existierte der erste Rennsteig-Skilauf, über 30 bzw. 50km. Nach 1918 übernahm der Rennsteigverein dann das Skilaufen in sein Programm, indem er einen 100km-Skistaffellauf von Gefallenen-Ehrenmal der Rennsteigvereinsmitglieder am Glöckner zum Ehrenmal der gefallen Mitglieder des Thüringer Wintersportvereins bei Ernstthal, zusammen mit dem Wintersportverein organisierte. Also ganz so konsequent war der Rennsteigverein nun auch nicht, wenn es um die Nutzung dieses Höhenweges als „Sportstätte“ ging. Sogar aus den Reihen der Mitglieder wurde die Bewegung der „Quadrat-Renner“ entwickelt, die den Rennsteig in vier tagen absolvierten.
Weitere Rennsteigläufe folgten, die aber meist von Wintersportvereinen sowohl im Winter als auch im Sommer organisiert wurden. Nach 1945 wurden die 30km-Rennsteig-Skiläufe vom Inselberg nach Oberhof wieder aufgenommen, ebenso wie „Rennsteigwaldläufe“.
Am 18. Mai 1990 organisierten die Laufgruppen der HSG Uni Jena und der BSG Wismut Gera zusammen mit den Rennsteiglauforganisatoren um Volker Kittel dann den 1. Gesamtdeutschen Rennsteiglauf, der zum Startschuss für die Einbindung des östlichen Rennsteigs von Neuhaus bis Blankenstein in die Rennsteiglaufbewegung wurde.
Insgesamt sechs Mal wurden die zum Teil noch vollständig erhaltenen Grenzanlagen passiert. Teilnehmer dieses ca. 55 km langen Laufes, der als Gruppenlauf absolviert wurde, waren: Friedhelm Gebhardt (Jena), Matthias Greifenhagen (Schlettau), Antje und Klaus Grimm (Unterlemmnitz), Christian Homagk (Finsterwalde), Peter Jeziorski (Gera), Heike Keil (Weimar), Heinz Kieshauer, Werner Kolmschlag, Dr. Hans-Georg Kremer, Jochen Kraft, Andreas Kupke (alle Gera), Peter Kästner (Staupitz), Eberhardt Minzenmay (Ludwigshafen), Dr. Martin Nimptsch (Gera), Herbert Polaschek (Frankfurt/M), Gerhard Quick (Stammbach), Gerhard Rötzschke (Jena), Dieter Schädlich (Annaberg), Peter Schneider, Jürgen Trenkler, Peter Ulrich (alle Gera) und Rainer Walter (Gräfenthal).
Start auf der bayrischen Seite am Rennsteigende bei Blankenstein. – Foto: Matthias Greifenhagen
Zu den weiteren Läufen, die den gesamten Rennsteig nutzten gehört die „Guinness-Weltrekordwanderung“ von 1994. Die Rennsteig-Gruppenwanderung am 29./30. April 1994 wurde zwischen Kopfweitsprung und dem längsten Paar Laufski ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen, wie geschrieben steht: „Gruppenwandern: Das Sextett Matthias Schulze, Wolfgang Knaust, Hans-Georg Kremer, Jürgen Anhöck, Frank Zühlke und Hartwig Gauder haben am 29./30. April den 168,3 km langen Thüringer Höhenweg Rennsteig in der Rekordzeit von 37:21 Stunden durchwandert.“
Die sechs Rekordwanderer im Ziel in Blankenstein. – Foto: I. Heckelsberger
Das Jahr 1995 brachte den ersten Rennsteigstaffellauf über den gesamten Rennsteig, der von der Laufgruppe des USV Jena anlässlich ihres 20jährigen Bestehens organisiert wurde und aus dem später der noch heute existierende Rennsteig-Staffellauf von Olaf Kleinsteuber aus Erfurt entwickelt wurde.
Alle Teilnehmer des Rennsteigetappenlaufs von 1975 – Fotosammlung Laufgruppe USV Jena
1996 gab es dann den noch heute existierenden 1. Rennsteig-Etappenlauf von Uli Röder aus Gera.
Der Rennsteig als „Sportstätte kann heute auf eine 195jährige Geschichte zurückblicken, und man könnte ihn zum immateriellen Kulturerbe Thüringens und Bayerns zählen.
Hans-Georg Kremer
Dr. Hans-Georg Kremer
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WSV ProSeniores e.V.
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