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2024

Domenika Mayer führt noch knapp vor der späteren Siegerin Hanna Klein, im Hintergrund Eva Dieterich - Foto: Wilfried Raatz/ wus-media

Crosslaufen mit besonderer Note – Über 1300 Meldungen bei den Deutschen Crossmeisterschaften in Riesenbeck – Markus Görger und Jens Mergenthaler erfolgreiche Titelverteidiger – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Hanna Klein holt ersten Crosstitel und freut sich mit Eva Dieterich und Domenika Mayer auf eine starke Frauenmannschaft bei den Europameisterschaften – LSC Höchstadt/Aich die neue „Macht“ im Laufbereich

War für viele schon einmal die freitägliche Anreise mit Schnee und Glatteis eine Herausforderung, die selektive Streckenführung durch Wiesenkoppeln und Matschpassagen und einer zusätzlichen Schleife in der großen Reitsporthalle für Jung und Älter eine weitere – die Deutschen Crossmeisterschaften in Hörstel-Riesenbeck waren nicht zuletzt durch die nach Trial-Manier ausgelobten Startplätze für die Cross-Europameisterschaften am 8. Dezember in Antalya (Türkei) eine Veranstaltung mit besonderer Note.

Im Verbund mit Riesenbeck International GmbH hatte der rührige SV Teuto Riesenbeck vieles angerichtet, was das Crossherz begeisterte. Mit dem versierten Organisator Michael Brinkmann am Mikrofon zudem ein exzellenter Fachmann, der sieben Stunden lang bei gelegentlicher Sonne und allerdings einstelligen Temperaturen allen Witterungsbedingungen standhielt und die leider eher aus dem direkten Umfeld der Läuferinnen und Läufer stammenden „Schlachtenbummler“ bestens informierte.

Was ist freilich nach den begeisternden, zumeist wirklich spannenden Wettbewerben von dem Anfang der Woche nominierten Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) im türkischen Badeort Antalya zu erwarten? Vor allem im weiblichen Bereich ist Deutschland immer für Medaillen präpariert. Im Vorjahr gab es im Laeken-Park in Brüssel durch die U20- und U23-Läuferinnen jeweils Silber. Mit Lisa Merkel und Mia Jurenka sind zwei der drei U23-Girls wiederum dabei, bei der U20 jedenfalls wird ein neues Team mit dem 17jährigen Shootingstar Julia Ehrle an den Start gehen, die im Vorjahr im Team eingesetzte Emily Junginger wird als Vierte des Meisterschaftsrennens um ihren Platz bangen müssen.

Auch wenn es nicht wie in Torun 2022 Gold für die deutschen Frauen geben sollte, mit den Topläuferinnen Hanna Klein, Eva Dieterich und Domenika Mayer schickt der DLV einen absoluten Medaillenanwärter ins Rennen. Für die weiteren Wettbewerbe hängen die Trauben für die DLV-Athleten gewiss hoch. Gespannt darf man auf ein Männerteam sein, das mit Markus Görger, Aaron Bienenfeld, Nick Jäger und Filimon Abraham in exzellenter Besetzung antreten kann und wie im Straßenlaufbereich auch im Cross wieder einmal für eine Spitzenplatzierung gut sein sollte.

Vor allem die SchülerInnen in den vorgeschalteten Rahmenwettbewerben (eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit) fröstelten in der Morgenfrüh – freilich ebenso wie die Mastersklassen W50 und älter bzw. M65 über 4,3 km. Später jedenfalls zeigte sich vermehrt einmal auch etwas die Sonne am ansonsten grau verhangenen Himmel. Angesichts des über den gesamten Tag hinweg durchgeführten Wettbewerbe stellt sich gewiss die Frage, wie Crosslaufen (noch) interessanter gestaltet werden kann. Selbst der technische Aufwand in Riesenbeck mit Live-Stream, LED-Tafeln mit Zwischenständen und einer schnellen Ergebnisübermittlung, Hallendurchlauf und Laufkommentierung ist gewiss noch nicht der Weisheit letzter Schluss, wie diese an sich populären Titelkämpfe mit der Rekordbeteiligung von über 1300 Anmeldungen in ein noch besseres Licht geführt werden können.

Blicken wir jedoch auf die Wettbewerbe.

Im Mittelpunkt natürlich die Langstreckenrennen der Männer und Frauen über 9,4 bzw. 7,0 km. Markus Görger, nach erneuter Verletzungsmisere und seinem erfolgreichen „Saisonauftakt“ in Pforzheim anfangs noch vorsichtig agierend, zog Mitte des Rennens in gewohnter Manier seine Kreise und ließ die kleine, aber feine Mitfavoritengruppe mit Filimon Abraham, Aaron Bienenfeld, Nick Jäger, Frederik Ruppert und Maximilian Thorwirth mehr und mehr zurück. Alleine Nick Jäger hielt Kontakt zum Titelverteidiger im Trikot der LG Region Karlsruhe. „Nick war heute sehr stark, deshalb musste ich bis zum Ziel richtig den Fuß auf dem Gas behalten!“ lobte er seinen einzig verbliebenen Konkurrenten um den Meistertitel, der mit seinem Verein LSC Höchstadt/Aisch der „Matchwinner“ in Riesenbeck mit gleich einer Fülle von Topplatzierungen war. „Die Strecke war sehr schön, abwechslungsreich, aber anspruchsvoll, leider aber auch sehr windanfällig. Jetzt freue ich mich auf die Europameisterschaften und muss nicht wie 2023 wieder krank werden!“

Mit 27:08 Minuten hatte Markus Görger lediglich sieben Sekunden Vorsprung auf Nick Jäger, der natürlich sehr zufrieden im Ziel sein Rennen kommentierte. „Ich habe mit Top 3 geliebäugelt, auch wenn das Rennen sehr gut besetzt war. Leider konnte ich nicht mit Markus mitgehen, seine Attacke war richtig stark! Das hat nicht nur mir, sondern vielmehr auch den anderen weh getan!“ Das spannende Duell der beiden Straßenspezialisten Aaron Bienenfeld und Filimon Abraham sicherte sich nach 27:20 der Läufer des SSC Hanau-Rodenbach: „Scheinbar habe ich Platz drei abonniert. Im Schlapp bin ich nicht so gut zurechtgekommen, die anderen Passagen waren aber gut belaufbar. Ich denke, wir können mit einem der besten Teams der letzten Jahre nach Antalya fahren“, so Aaron Bienenfeld, der im Vorjahr mit einem starken Auftritt als Vierzehnter bester Deutscher war.

Platz fünf und sechs belegten nicht minder namhafte Läufer mit dem Hindernis-EM-Vierten Frederik Ruppert und dem 5000 m-Spezialisten Maximilian Thorwirth. Spannend wie der Kampf um die Plätze wurde es auch in der Teamwertung, Neben Nick Jäger sorgten die Doppelstarter Niklas Buchholz und Brian Weisheit mit 34 Punkten für einen knappen Sieg vor dem SSC Hanau-Rodenbach mit 37 Punkten. Damit gewann der LSC Höchstadt/ Aisch sowohl die Teamwertung der Mittel- als auch der Langstrecke – und mit Maximilian Berger auch den U23-Einzeltitel.

Das weibliche Gegenstück dazu ist die LAV Stadtwerke Tübingen.

Die Schützlinge von Isabelle Baumann sind das Maß der Dinge. Dank ihres vorzüglichen Stehvermögens zog Hanna Klein in der Schlußphase an ihrer Teamkollegin Eva Dieterich und Domenika Mayer vorbei zum Sieg vor Eva, Domenika – und einer weiteren LAV-Athletin: Lisa Merkel wiederholte als Gesamtvierte ihren U23-Vorjahreserfolg – und war die Dritte im Bunde beim souveränen Teamerfolg des LAV Stadtwerke Tübingen mit nur sieben Punkten.

„Das ist mein erster deutscher Cross-Titel und das finde ich besonders cool!“ freute sich Hanna Klein.

„Ich muss allerdings zugeben, dass ich im Matsch etwas überfordert war. Ich finde aber, dass Eva, Meni und ich ein tolles Rennen gemacht haben. Wir konnten uns immer wieder pushen!“ Daneben freute sich Eva Dieterich über „ihre bislang beste Saison“, die nach der Vizemeisterschaft keineswegs beendet ist, sondern vielleicht noch in Antalya einen absoluten Höhepunkt haben kann. „Ich habe mein Ziel mit der EM-Quali erreicht!“ Und zum Rennverlauf: „Ich wollte mutig anlaufen und musste am Ende schon kämpfen. Immerhin war dies seit zwei Jahren mein erstes Crossrennen…!“ so Domenika Mayer, die anders als ihre (Straßen-)Laufkolleginnen auf die Karte Cross nach der Regenerationsphase nach dem Olympiamarathon gesetzt hat.

Auch U23-Meisterin Lisa Merkel ist nach ihrem Titelgewinn für Antalya „gesetzt“. Die junge Tübingerin lief im großen Feld der insgesamt 170 Frauen (mit Mastersklassen) ein eher taktisches Rennen, denn wie sie befand, „wußte, dass die anderen Mädels super stark sind!“ Ihre Devise „Mitlaufen und nicht überpacen“ ging gegen die starke Pia Schlattmann und Mia Jurenka vollends auf, die im Abstand von 12 Sekunden die Medaillenränge besetzten.

Im über 4,3 km führenden Mittelstreckenlauf der Männer gelang Jens Mergenthaler ein lupenreiner Titel-Hattrick.

„Es war ein spannendes Rennen mit Niklas, die letzten 500 Meter konnte ich meine Unterdistanzstärke gut ausspielen. Nach meinem Sieg in Darmstadt konnte ich gestärkt ins Rennen gehen und mich etwas taktisch im Rennen verhalten. Von daher war Darmstadt eine ideale Vorbereitung. Schade, dass der DLV wiederum keine Staffel nominieren will. Mir erschließt es sich nicht, dass man nur auf die 1500 m-Strecke schaut und andere Disziplinen wie z.B. 3000 m Hindernis in Betracht zieht!“ Nach 12:36 Minuten konnte Jens Mergenthaler jubeln, drei Sekunden später war Niklas Buchholz im Ziel, weitere zwei Sekunden folgte Teamkollege Brian Weisheit, mit Theodor Schell ging auch dieser Titel nach Höchstadt/ Aisch.

Jubeln durften die Nachwuchsläufer der LG Stadtwerke München über die Meistertitel von Tobias Tent (U20) und Levin Saveur (U18) ebenso wie die wegen einer Verletzung erst zu den „Deutschen“ in die Cross-Saison eingestiegene Jule Lindner (U20). Waren diese Rennen absolute Spurtrennen, so gab es bei den U18-Girls einen beeindruckenden Start-Ziel-Sieg von Julia Ehrle. Die Berglauf-Europameisterin und EM-Zweite über 3000 m lag im Ziel der 4,3 km langen Distanz mit 14:29 Minuten satte 45 Sekunden vor den zeitgleichen Pauline Kleesiek und Lera Miller. Julia hatte sich bereits in Pforzheim für die U20-Mannschaft qualifiziert, sodass sie in Riesenbeck in ihrer angestammten Jahrgangsklasse zum Titel kaufen konnte.

Bei den Masters gab es interessante Duelle, wie beispielsweise zwischen Steffen Uliczka (M40) und Danny Schneider (M45) oder der M65 zwischen dem früheren Berglaufass Helmut Strobl und dem zeitgleichen Christoph Kurt, während Miguel Molero-Eichwein als M55-Sieger einsam seine Runden drehte. Souverän herausgelaufene Titel gab es auch für Simone Raatz (W45) mit ihrer 25. Deutschen Meisterschaft und Susanne Rossmanith (W50) wie auch für Margret Göttnauer (W70), die inzwischen schon 42 Titel in ihrer Erfolgssammlung hat.

Wilfried Raatz

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