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24
11
2024

"Immer wieder Marathon" - Cover und Rückseite des Buches "50 Jahre Berlin-Marathon" - mit der Heritage Plaque des Weltverbandes "World Athletics" - und einem Foto auf der Rückseite - Gerd Steins

Ein Fest für Sporthistoriker – Immer wieder Marathon! Horst Milde und die Geschichte des 50-jährigen Berlin Marathon – Manfred Steffny in SPIRIDON

By GRR 0

Dies ist nicht das Buch der SCC Events GmbH und ihren Geschäftsführern Christian Jost (Finanzen) und Jürgen Lock (Sport).

Es ist nicht die in diesen Tagen von einigen Medien hochgespielten  Situation einer Geldmaschine mit aktuell über 50.000 Meldungen für den Marathon à 205 Eur ohne Sponsorengelder und weitere Einnahmequellen von Fernsehgeldern, Messeausrichtung, Halbmarathon-Lauf usw., dem Riesenapparat, den SCC Events GmbH, ausgegliedert aus dem SC Charlottenburg Berlin unterhält und der in der Pandemie-Zeit 2020 und 2021 vom Berliner Senat ohne Kündigungen, wie Jürgen Lock einmal betonte, über die Runden gebracht wurde.

Hier geht es um den langen Weg einer Kleinveranstaltung um das Mommsenstadion im Grunewald, den Horst Milde nebenberuflich von den Anfängen der ersten Volks- und Crossläufe über den ersten Marathon 1974 bis zum Weltrekord von Paul Tergat von 2:04:55 h 2003 durchlebt hat.

Horst Milde wurde zu einem der bekanntesten Berliner und zum am längsten amtierenden Marathon-Renndirektor weltweit, der zu seinem Marathon die verschiedensten Regierenden Bürgermeister der Stadt als Starter begrüßen konnte.

2004 wurde er abgelöst als Gesamtleiter des Berlin-Marathons durch den neuen Geschäftsführer Rüdiger Otto, der dieses Amt bis 2012 ausübte. Sportlicher Leiter wurde Horst Mildes Sohn und beste Hilfe Mark Milde, der diese Position heute noch innehat mit dem wohlklingenden Titel „Director Event Management” und für diverse Neuerungen für die Elite verantwortlich war.

Horst Milde, der im Oktober 86 Jahre alt wird und trotz zwischenzeitlicher gesundheitlicher Rückschläge, noch voll arbeitsfähig ist, hat eine Würdigung wie dieses Buch verdient.

Sein Engagement’ bezog sich auch auf die Tätigkeit als jahrelanger Vorsitzender der Veranstaltergruppe German Road Races (GRR) und Boardmitglied bei AIMS, der Veranstaltergemeinschaft der internationalen Straßenläufe.

Emsig bemüht er sich an der Seite von Gerd Steins, dem Präsidenten des Forums für Sportgeschichte und Förderer des Sportmuseums Berlin  – „Marathoneum“ und Hauptautor dieses Buchs, um die Darstellung des Marathonlaufs in der Öffentlichkeit bis zu seiner nun auch schon zehn Jahre langen Tätigkeit als Renndirektor des Berliner Gefängnislaufs in der JVA Plötzensee über 10 km.

Dies vorweg als Hintergrundwissen.

In diesem Buch geht es nicht um Rekorde und Preisgelder. Hier wird zunächst solide die Geschichte der Marathonschlacht von 490 v.Ch. bis zur Entwicklung der Sportart Marathonlauf dargestellt. Es ist ein umfassendes Werk, ein Fest für Sporthistoriker und Laufliebhaber. Jeder einzelne Berliner Lauf ist mit seinen Siegern und Teilnehmerzahlen, seinen Medaillen und Urkunden aufgereiht. Es lohnt sich, dies von 1974 an von den Seiten 120 bis 193 zu verfolgen mit den Siegern auch der Nebenwettbewerbe, kleinen Bildern, Titelzeilen aus Zeitungen, Medaillen-Abbildungen, Urkunden, aber ohne einzelne Rennbeschreibung.

Manche ganzseitige Fotos dazwischen überraschen. Ein Nachschlagewerk ohnegleichen.

Ausführlich ist anschließend die Organisationsstruktur in den vielen Jahren aufgezeichnet, aus denen man sich seinen Reim machen kann. So sieht man wie sich von 1980 auf 1981 die Zahl der Finisher von 294 auf 2.583 erhöht hat, weil man aus dem Grunewald herausging und eine große Runde durch den Westen Berlins mit Start in der Nähe des Reichstags anbot. Die zweite Teilnehmerexplosion waren der erste Lauf durch das Brandenburger Tor 1989 noch mit der Mauer (13.433 Zielläufer) und der folgende Wiedervereinigungslauf 1990 mit 22.861 im Ziel aus 61 Nationen. Die 30.000er-Marke wird erstmals 2001 überschritten. Interessant sind die nunmehrigen bebilderten Strecken-Aufzeichnungen des amerikanischen Geographen und Journalisten Sean Hartnett.

Jeder Kilometer ist auf einer ganzseitigen Abbildung mit Zwischenzeiten verzeichnet von den Weltrekorden der Männer seit 2003. 2001 lief bereits Naoko Takahashi erstmals in 2:19:46 h unter 2:20 h und brachte einen Schwarm japanischer Journalisten mit. 1977 noch im Grunewald hatte Christa Vahlensieck mit 2:34:47,5 h die erste damals noch inoffizielle Weltbestzeit erzielt.

Der folgende Teil „Ehre, wem Ehre gebührt“ bringt eine Laudatio nach der anderen, Ehrungen für Horst Milde und den Berlin Marathon, ausgezeichnet von World Athletics mit einem außerordentlichen Grußwort von John Disley 1998, die Verleihung des „Goldenen Rudi” in Dresden an Milde, schließlich die von Prof. Detlef KuhImann angestoßene „Horst Milde Award“- Ehrung und die Würdigung der Preisträger anlässlich einer jeweiligen Feierstunde von 2014 bis 2023: Werner Sonntag, Manfred Steffny, Dr. Hans-Georg Kremer, Prof. Alexander Weber und Sylvia Schenk.

Umfangreich ist das Literaturverzeichnis, das sich auch auf die jährlichen Event- und Finisher-Magazine des Berlin- Marathons bezieht.

Sehr ausführlich sind eingangs die autobiografischen Skizzen des Horst Rudolf Bruno Milde, das ist der volle Name des Marathongründers, über sich und seine Familie. So war er bereits bester Lehrling in der Ausbildung zum Konditor und schloss später ein Studium als Diplom-Kaufmann an der Freien Universität Berlin (FU Berlin) ab und übernahm die Leitung der Familien Bäckerei-Konditorei „Milde“ (1903) in Berlin-Tempelhof.

Sportlich wurde Horst Milde 1964 und 1965 Deutscher Meister in der 3 x 1.000-m-Staffel des SCC Berlin mit dem späteren Europameister Bodo Tümmler und Gerhard Kopp -, nicht verwandt mit dem verstorbenen Marathon-Manager und Mitstreiter Christoph Kopp, der an anderer Stelle von Jörg Wenig gewürdigt wird.

Sabine Milde kommt zu Wort: „Auf der Lebensbahn zu fünft.“

Es schließen sich weiter interessante Beiträge der Autoren Jörg Wenig, Detlef Kuhlman und John Kunkeler an. Michael Reinsch beschreibt Berlin als Stadt der Leichtathletik.

Und der Rücktitel schließlich zeigt ganzseitig ein altes Zuschauer-Bild in drei Reihen, vorne die Frauen, angelockt von Horst Mildes Marathon-Begeisterung und darüber an der Laterne das damals gängige überall angebrachte schmale Schild „Berlin – Marathonstrecke‘, finanziert von Pfennigs Feinkost, einer der ersten Sponsoren des Laufs.

Manfred Steffny in SPIRIDON – Oktober/10/2024

Gerd Steins:Immer wieder Marathon! Horst Milde und die Geschichte des 50-jährigen Berlin- Marathon. Band 24 der Sporthistorischen Blätter, Herausgegeben von der Hollstein-Stiftung, Forum für Sportgeschichte, Förderverein für das Sportmuseum Berlin, 248 Seiten, DIN A4, 26,00 Eur

Das BUCH ist nicht erhältlich im Buchhandel.

Für Freunde und Kenner des Laufsports – auch schon für den Gabentisch: Bestellungen bitte per email an: Marathoneum@t-online.de 

YouTube-Video von Prof. Helmut Winter mit Horst Milde über die Historie des BERLIN-MARATHON (1974) und des Crosslaufes am Teufelsberg (1964): https://www.youtube.com/watch?v=sEGve18Drf8

Chronik des Berlin-Marathon zum 50. Jubiläumslauf erschienen Hommage an Gründer und „Mr. Berlin-Marathon“ Horst Milde
https://news.germanroadraces.de/chronik-des-berlin-marathon-zum-50-jubilaeumslauf-erschienen-hommage-an-gruender-und-mr-berlin-marathon-horst-milde/

Berlin und sein alljährlicher Marathon erhalten gemeinsam die Heritage Plaque von World Athletics

author: GRR