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17
09
2024

Und als Erster im Ziel ein freudestrahlender Simon Boch - Foto: Wilfried Raatz - wus-media

Tag der pB’s in Wandsbek – Simon Boch und Esther Pfeiffer laufen als Deutschen Meister im Halbmarathon auch persönliche Hausrekorde – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Viele jubeln über Bestzeiten bei der DM2024 im Rahmen des PSD Bank Halbmarathon in Hamburg

Zweifellos ein Bestzeiten-Spektakel wurden die Deutschen Meisterschaften im Halbmarathon im Rahmen des 10. PSD Bank Halbmarathon im Hamburger Stadtteil Wandsbek.

Und dies obgleich mit Blick auf die in den Folgewochen anstehenden Topereignisse wie dem BMW Berlin Marathon gleich mehr als eine Handvoll potentieller Titelanwärter mit Amanal Petros, Samuel Fitwi, Richard Ringer, Melat Yisak Kejeta, Domenika Mayer, Fabienne Königstein und, und, und… fehlten.

Es sollte keineswegs die Leistungen der neuen Titelträger Simon Boch und Esther Pfeiffer schmälern, denn diese waren vom Allerfeinsten. Sonnenschein, Temperaturen um 15° und ein schneller, wenngleich nicht einfacher Rundkurs mit Start und Ziel in der Wandsbeker Marktstraße waren dabei ideale Voraussetzungen für Bestzeiten reife Leistungen.

Hinzu kam die Bereitschaft der möglichen Titelanwärter, ohne großes Taktieren auf Tempojagd zu gehen. Serienweise jubelnde Läufer im Ziel direkt vor dem weitläufigen Einkaufszentrum Quaree machten diese deutschen Halbmarathonmeisterschaften im Verbund mit dem kleinen Jubiläum des PSD Bank Halbmarathon zu einem „Tag der pB’s“.

Und als Erster im Ziel ein freudestrahlender Simon Boch, der nach einem eher missglückten EM-Auftritt in Rom die „Rest-Saison“ neu strukturiert hatte – und nun in Hamburg in bester Verfassung in die Erfolgsspur zurückgekehrt war. „Es war ein perfektes Rennen. Johannes hat super Tempo gemacht, deswegen wurde es richtig schnell. Da ich nicht sicher war, ob Abdelhadi Labali für die deutschen Meisterschaften gewertet werden würde, musste ich voll durchziehen und war mir erst 50 Meter vor dem Ziel sicher, dass ich auch als Erster ins Ziel laufen werde!“ Im Ziel waren es zwei Sekunden vor dem gebürtigen Marokkaner, der mit einem Startrecht für den Hamburger Laufladen somit Hamburger Meister wurde und sich im Duell mit den besten Deutschen um gleich zwei Minuten steigern konnte.

Der Regensburger, der sich während der Saison hinsichtlich der Trainingssteuerung der internationalen Gruppe von Thomas Dreißigacker angeschlossen hatte, freute sich gewiss über den neuen Hausrekord, der nun bei 1:01:15 Stunden steht. Die bisherige Bestmarke hatte er auf dem Hamburger Asphalt um acht Sekunden gedrückt. Damit rückt Simon Boch auf Rang sechs der ewigen deutschen Bestenliste vor. Und freute sich gewiss über DM-Titel Nummer 17, Einzel- und Mannschaftstitel zusammengerechnet. Hamburg scheint dem gebürtigen Schwarzwälder zu liegen, denn 2021 wurde er bereits schon einmal Deutscher-Halbmarathonmeister, seinerzeit mit dem Streckenrekord von 1:02:26 Stunden.

„Nach Rom hatte ich mir eine dreiwöchige Pause gegönnt und mit Thomas Dreißigacker einen Neuaufbau gestartet!“ Auf dieser Erfolgswelle soll es nach Hamburg weiter gehen. So zum Beispiel beim Grand 10K am Schloss Charlottenburg oder spätestens beim Marathon in Valencia am 1. Dezember.

Marathon ist auch das Stichwort im Gespräch mit Johannes Motschmann, der mit 1:01:33 Stunden nur wenige Sekunden zurück die DM-Silbermedaille gewann. „Für mich war dies heute ein finaler Härtetest vor Berlin“, freute sich der gebürtige Hamburger im Trikot des SCC Berlin, der in einer schnellen Gruppe seine aus London 2024 resultierende Bestmarke von 2:10:39 Stunden auf dem Weltrekordkurs von Berlin weiter nach unten drücken möchte. „Natürlich bin ich zufrieden, denn für mich ist dies auch Bestzeit! Ich habe versucht, das Tempo hochzuhalten und das ist mir, so glaube ich, sehr gut gelungen!“ Und mit dieser Hamburger Zeit rangiert Johannes Motschmann auf Position 10 der ewigen deutschen Bestenliste, für die Saisonbestenliste bedeutet dies aktuell Platz vier.

Der leichte Ärger über Rang vier im Zieleinlauf („Eigentlich schade, leider knapp vorbei“) verflog gewiss rasch bei Aaron Bienenfeld, nachdem die offizielle Meisterschaftswertung mit den Topläufern bekannt wurde und der Läufer des SSC Hanau-Rodenbach hinter Boch und Motschmann auf dem Bronzerang erschien. Mit 1:02:03 Stunden verpasste er seinen Hausrekord nur knapp. „Fünfzehn Sekunden schneller, dann wäre das Rennen für mich perfekt gewesen! Ich habe mich mit dem Tempo etwas verkalkuliert und bin zu früh in der Muskulatur fest geworden!“

Aber dennoch kann Aaron Bienefeld mit Zuversicht vorausschauen, denn schon Ende Oktober möchte er in Valencia in einem Weltklassefeld seine Bestmarke von 1:01:49, resultierend von den Weltmeisterschaften 2023 in Riga, erneut angreifen. „Bis 10 km war ich gut in der Spitze dabei, ab 12 km wurde es dann allerdings schon etwas lang….“, blickte der Allroundläufer, der sowohl die Bahn, die Straße und das Crossgelände liebt, zurück auf den Rennverlauf. „Ich habe zwar gesehen, dass auch Johannes etwas weggebrochen war, konnte aber den Rückstand nicht mehr wettmachen!“.

Ist Marathon aber auch für Aaron Bienenfeld ein Thema? „Erst muss ich beim Halbmarathon noch besser hinbekommen, dann vielleicht in Berlin im kommenden Jahr“. Ein Schnupperkurs beim Berlin-Marathon könnte allerdings schon in zwei Wochen anstehen, wenn, dann allerdings nur als Pacemaker.

Schon früher musste hingegen Nils Voigt abreißen lassen, denn schon bei der 8 km-Marke in Farmsen ging sein Blick schon zurück zu den Verfolgern, die zu diesem Zeitpunkt noch in einer starken Phalanx hinter dem ebenfalls zu diesem Zeitpunkt schon alleine laufenden Jan-Lukas Becker folgten. Während der Wattenscheider als Vierter hinter den Medaillenrängen auf 1:03:56 kam, freute sich der in den USA lebende Jan-Lukas Becker auf starke 1:04:07. Dann ging es gewiss Schlag auf Schlag im Bestzeitmodus: Tobias Ulbrich (1:04:49), Tom Thurley (1:05:09), Florian Röser (1:05:21) und Tobias Ritter (1:06:03), der nach Simon Boch einen wichtigen Beitrag zum erneuten Mannschaftssieg der LG Telis Finanz Regensburg lieferte, den letztlich der eigentliche Berg- und Trailläufer Maximilian Zeus als 21. In 1:06:43 Stunden abrundete, für die Domstädter übrigens der achte Titel innerhalb von zwölf (!) Jahren.

Innerhalb von achtzehn Sekunden liefen beginnend mit Tobias Ritter gleich zehn Läufer mit starken Endzeiten ins Ziel, darunter auch im spannenden Duell die schnellsten U23-Läufer mit dem neuen Titelträger Bastian Mrochen (1:06:10) und sieben Sekunden Vorsprung vor Tobais Prater.

Esther Pfeiffer – Foto: Wilfried Raatz – wus-media

Wenngleich sie einen Gutteil der Distanz alleine laufen musste, gelang Esther Pfeiffer einen grandiosen Auftritt, der mit dem Deutschen Meistertitel und einer neuen Bestzeit mit 1:09:51 Stunden vergoldet wurde. „Obwohl ich ab 11 km alleine war, war es für mich ein perfektes Rennen. Ein tolles Gefühl! Ich habe nicht gewusst, dass ich mit 32:45 als Durchgangszeit bei 10 km so schnell unterwegs war, eine Zeit unter 70 Minuten habe ich mir eigentlich erst für später vorgenommen“ verriet Esther Pfeiffer, die sich aus Studiengründen von Hannover wieder in Richtung Düsseldorf orientieren wird, mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht.

Mit Blick auf Ehemann Hendrik („Ich muss heute noch einen Dreißiger laufen, aber eigentlich könnte ich mir auch etwas Urlaub vorstellen“) hat Esther das Thema Marathon noch nicht im Kopf. „Ich bin noch in der Umstellung von den Mittel- auf die Langstrecken und möchte dies auch ohne Förderung mit einer vollen Konzentration auf den Sport erreichen. Marathon käme da noch zu früh….!“

Dahinter duellierten sich mit Blanka Dörfel, die lange Zeit neben Esther Pfeiffer für Tempo im Frauenbereich gesorgt hatte, und Mia Jurenka um Silber und Bronze und pikanterweise auch um die U23-Meisterschaft. Mit final leichten Vorteilen für Mia, die mit 1:11:56 Stunden gerade eine Sekunde vor ihrer Konkurrentin im Ziel war. Für die Bestenliste unerheblich, da dort die Nettozeiten maßgeblich sind. Doch im Rennen um Medaillen und Titelvergabe wird die Bruttozeit herangezogen.

Das bessere Ende also für Mia Jurenka. „Mit diesem Ergebnis habe ich nicht gerechnet, denn gegenüber meinem Sieg im vergangenen Jahr in Köln bin ich heute fast eine Minute schneller gewesen!“ freute sich die Sindelfingerin. „Das lag vor allem an den im direkten Umfeld laufenden Jungs, die haben mich gepuscht“. Beim Grand 10K in Berlin möchte sie nochmals Gas geben – bevor die Vorbereitungen auf die Cross-Saison beginnen. „Ich möchte auf jeden Fall zur EM nach Antalya!“

„Für mein Risiko musste ich schon bezahlen“, gestand Blanka Dörfel ein, denn nicht nur, dass der Schützling von Trainer Dieter Hogen den Titel knapp verpasste, sondern auch ihre Bestmarke, die seit Hamburg 2021 gerade einmal fünf Sekunden schneller ist. „Aber die Saison ist ja noch lang…“, so die junge Athletin des SCC Berlin, „aber eigentlich muss ich zufrieden sein, denn seit einiger Zeit bin ich stabil und verletzungsfrei!“

22 ist die Schlüsselzahl für Erfolg! Diesen Eindruck jedenfalls muss man beim Blick auf die Resultate der Frauenwertung haben, denn hinter Esther Pfeiffer folgten mit den bereits genannten Mia Jurenka und Blanka Dörfel und der viertplatzierten Kiara Nahen gleich drei Nachwuchstalente mit Jahrgang 2022, also drei 22jährige.

Kiara ist einer breiteren Öffentlichkeit praktisch erst durch ihren letztjährigen Erfolg bei der R5K-Serie, einer für den Nachwuchs installierten Laufserie von German Road Races (GRR) und dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), bekannt geworden. Die Paderbornerin steigerte sich in Hannover auf 1:12:32 Stunden und lag damit klar vor der dem Jahrgang 1999 angehörenden Lasra Keine (1:13:53).

Wilfried Raatz

author: GRR