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Warum will keiner mehr Leichtathletik-Meetings anschauen? – LG Telis Finanz Regensburg
Regensburg, Mai 2017 (orv) – Waren das noch Zeiten, als eine deutsche Nationalmannschaft vor nunmehr fast sechzig Jahren im vollbesetzten Rosenaustadion zu Augsburg vor jeweils 45.000 Zuschauern an beiden Wettkampftagen die Russen beim Länderkampf in die Knie zwang.
Mit welchen Leistungen das im Einzelnen passierte, war den meisten Fans so egal wie noch gerade sonst was. Hauptsache gewonnen und Langstreckler Ludwig Müller war auf Grund seines Doppelsieges ganz plötzlich der Held von Augsburg und das noch 30 Jahre später, obwohl er international nie eine Medaille gewonnen hatte.
Für Müller war es „mein größtes sportliches Erlebnis. Es ist und bleibt mir genauso viel wert wie ein Olympiasieg oder Weltrekord“. Für seine Leistung bekam er auch den Beinamen „Russen-Schreck“.
Heutzutage liegen die Dinge anders.
Wer bei einem Meeting siegt ist nebensächlich, Hauptsache er liegt im Bereich irgendeiner Norm, weil sich deutsche Leichtathleten am liebsten mit dem Qualifizieren für irgendetwas beschäftigen und weniger mit dem Kampf Mann gegen Mann. Früher sind Rekorde gefallen, wenn ein Athlet seine überragende Form in einem für ihn günstigen Wettkampf umsetzen konnte. Heute werden Rekorde gemacht und alle Mittel, die nur gerademal erlaubt sind, dafür eingesetzt.
Damit der leistungsfördernde Rückenwind garantiert ist, wird schon mal die 100m Gerade umgedreht, der Diskus- und Speerwerfer hat stets die Segelwiese mit dem günstigen Gegenwind parat und in den Läufen halten x Tempomacher die Geschwindigkeit im rekordträchtigen Tempo. Wer gewinnt interessiert nur noch am Rande. So sind die Zeiten halt heutzutage, könnte man sagen, gäbe es da nicht die fatale Sache, dass die Zuschauerränge inzwischen gähnend leer sind und ein Meeting nach dem anderen aufgibt.
Verwundern darf dies niemanden, weil es eigentlich dort um nichts mehr geht, zumindest in Augen der Zuschauer. Mit Normen, diesen Geburten am grünen Tisch, bisweilen bis auf’s Hundertstel auf Grund von theoretischen Erfolgsberechnungen kalkuliert, kann der meistgesuchteste Teilnehmer, der Zuschauer einer Veranstalter, eigentlich wenig anfangen. Dazu braucht er die Hilfe der Moderatoren, zu deren am häufigsten verwendeten Wörtern der Begriff „Norm“ inzwischen gehört.
Was aber der werte Gast am meisten liebt ist der spannende Kampf Frau/Mann gegen Frau/Mann, am besten wenn dann der Sieger zu seinen Lieblingen zählt und am Ende Gold, Silber und Bronze umgehängt bekommt.
Die Leichtathletik-Veranstaltungen mit ziemlich vollen Häusern gibt es schon noch. Deutsche Meisterschaften im Stadion oder in der Halle, Welt- Europameisterschaften und Olympische Spiele verfügen darüber. Was dort fehlt sind die Pacemaker, das ständige Normengebrüll und der eingebaute Rekord, der dann aber auch gar keine Rolle spielt.
Die Publikumskernsportart Nummer eins, der Fußball, macht es uns doch vor. Eingebaut in ein festes Ligasystem geht es bei jedem Spiel um Sieg oder Niederlage, weil beides Punkte oder auch keine bringt, weil man auf- oder absteigen kann und weil es jede Woche mit der Tabelle eine Rangfolge gibt. Es gibt pottschlechte Spiele, die aber dennoch von der Spannung leben und so manch „dreckiger“ Sieg mit genau einer Torchance und genau einem Tor während ewig langer neunzig Minuten drei Punkte ergibt.
Genau da sollte die Leichtathletik der Zukunft mehr ansetzen. Wer sagt denn, dass es immer nur Zeiten, Weiten und Höhen sein müssen, mit denen man sich für irgendetwas qualifiziert. Vielleicht wären Platzierungen, wie es die Leichtathletik ja selbst bei den Vorlauf/Vorkampf-Systemen der Meisterschaften praktiziert, das bessere Mittel, um wieder Fans ins Stadion zu locken.
Die Amerikaner machen das schon lange in ihren Ausscheidungswettkämpfen, den Trials für die internationalen Meisterschaftsevents (WM und OS), im Übrigen absolut attraktive Veranstaltungen, wo am Ende eben nur Platz eins, zwei und drei zählt.
Dass dort dann auch persönliche Bestleistungen und Rekorde aufgestellt werden liegt in der Natur der Sache, ist aber eben nicht das Wichtigste, sondern eben nur noch eine besondere Würze.
Quelle: LG Telis Finanz Regensburg
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