Die überragende Läuferin der EM: Nina Engelhard - Foto: European Athletics Off-Road Running Championships
Nina Engelhard: Sie kam, sah und siegte erneut! Und dies gleich zweimal! Nach Uphill-Gold folgte zwei Tage später auch beim Up-and-down-Wettbewerb das zweite Gold – Lukas Ehrle krönte begeisternden Auftritt in Annecy mit der Silbermedaille – Wilfried Raatz berichtet
Starkes Abschneiden der deutschen Berg- und Trailläufer bei den European Athletics Off-Road Running Championships
Julius Caesar wäre sicherlich begeistert über den grandiosen Auftritt der 28jährigen Nina Engelhard bei den European Athletics Off-Road Running Championships gewesen, denn die Kasseler Läuferin, zuvor höchstens den Insidern der Berg- und Trailszene ein Begriff, düpierte die komplette europäischen „Off-Road“-Spezialistinnen und gewann nach dem Uphill-Titel am Freitag auch zwei Tage später das über 16 km führende Up-and-down-Kriterium.
Natürlich weitaus weniger martialisch als zu Zeiten des römischen Feldherrn, doch auch die Schlamm- und Geröllpassagen hinterließen bei vielen KonkurrentInnen ihre markanten Spuren.
„Ein irres Wochenende“ für Nina Engelhard, wie sie bei leichtathletik.de zitiert wird. Das war es In der Tat, schließlich ist der Neuling in der Berglaufszene allenfalls durch ihren sicherlich überzeugenden Sieg beim traditionsreichen Hochfelln-Berglauf im Chiemgau und ggf. auch dem Ötzi Trailrun im südtirolischen Nauders etwas aufgefallen, doch keineswegs zwingend in einer Favoritenrolle für das Europachampionat in Haute Savoie.
Doch beflügelt von dem offenbar leichten Sieg beim Auftakt am Freitag gelang der Nordhessin ein Meisterstück an Taktik. Denn Nina Engelhard ließ den Favoritinnen um die Titelverteidigerin Maude Mathys, Monica Madalina Florea, Scout Adkin, Christel Devalle und Susanna Saapunki das Tempodiktat. „Die Mädels sind echt schnell angegangen!“ Als es allerdings steil bergan ging, schaltete sie zwei Gänge höher und übernahm das Renngeschehen.
„Meine Downhill-Fähigkeiten konnte ich natürlich nicht einschätzen, meine Angst, im Flachstück wieder eingesammelt zu werden, waren allerdings unbegründet!“ Mit der deutschen Fahne lief sie jubelnd nach 16 km und rund 950 Höhenmetern über die Ziellinie am Lac d’Annecy. Am Seeufer konnte sie es bei einer Siegerzeit von 1:22:44 Stunden sogar noch austrudeln lassen, während der Kampf um die weiteren Medaillen den Rückstand merklich verringerte.
Die frühere Schweizer Orientierungslauf-Weltmeisterin und längst zur absoluten Trail-Weltspitze zählenden Judith Wyder holte 25 Sekunden später Silber vor Monica Florea und Scout Adkin, die im Abstand von nur sechs Sekunden ins Ziel einliefen.
Ein unauffälliges, jedoch nach vorne orientiertes Rennen gelang Hanna Gröber, die nach einer durchwachsenen Leistung am Freitag mit nunmehr Rang acht sicherlich zufrieden war (1:27:00) – und hatte zudem die Genugtuung, noch zwei Ränge vor Maude Mathys platziert zu sein. Die Teamwertung sicherte sich mit 20 Punkten jedoch Großbritannien mit einem Punkt Vorsprung vor der Schweiz.
Hinter Rumänien (32 Punkte) wurde die deutsche Mannschaft mit zudem Marion Leiberich (30./ 1:34:06) und Franziska Althaus (36./ 1:35:27) mit total 39 Punkten Vierter, dahinter mit schon deutlichem Rückstand erst Italien (52) und Gastgeber Frankreich (64).
Aber damit nicht genug, denn gleich im ersten „Männer-Jahr“ etablierte sich Lukas Ehrle in der absoluten europäischen Elite. Der 19jährige US-Student profitiert sicherlich derzeit von seinem stark verbesserten Leistungsvermögen auf den Flachdistanzen und gepaart mit seinen Bergauf-Fähigkeiten ist der Schwarzwälder nicht erst eine Bank für die Zukunft, sondern wusste schon in Annecy nahtlos an seine Erfolge im U20-Bereich anzuknüpfen.
Bronze beim Uphill-Rennen und nun Silber beim Up-and-Down-Wettbewerb sind eine tolle Bilanz für den 19jährigen. Im Duell mit dem Schweizer Roberto Delorenzi lieferte er sich lange Zeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen, erst im tückischen Bergabstück mußte Lucas etwas abreißen lassen. „Roberto war in den Downhill-Passagen besser, ich auf den Bergauf- und Flachpassagen“, kommentierte Lukas Ehrle in einem Satz den Rennverlauf, der ihn letztlich zur Silbermedaille mit 1:11:31 Stunden und lediglich 3 Sekunden Rückstand führte. Theodore Klein holte Bronze (1:11:49) vor Titelverteidiger Cesare Maestri (1:12:14) und dem Uphill-Europameister Joe Steward (1:12:23). „Ich hätte nicht gedacht, dass es zu einer zweiten Medaille reichen würde“, freute sich Lukas Ehrle nach leichtathletik.de-Informationen überglücklich über die Silbermedaille.
Die weiteren Deutschen platzierten sich im Mittelfeld mit Moritz auf der Heide (23./ 1:16:20), Julius Ott (32./ 1:17:59) und Maximilian Zeus (37./ 1:19:09) und brachten das DLV-Team mit 57 Punkten auf Rang sechs. „Natürlich“ ging auch hier die Goldmedaille an Frankreich (24), dichtauf folgten Groß-Britannien (26) und Italien (27).
Bei den U20-Junioren dominierten einmal mehr die Gastgeber mit gleich vier Läufern an der Spitze, die Goldmedaille ging dabei über die 5,6 km-Strecke an Antoine Puydebois nach 27:46 Minuten. Einziger deutscher Starter im 37 Läufer umfassenden Feld war Lennart Rössler auf Platz 28 in 32:02 Minuten.
Auch bei den U20-Juniorinnen setzte sich über ebenfalls 5,6 km mit Margot Dajoux eine französische Läuferin nach 31:50 Minuten durch, dahinter folgte die Norwegerin Ingeborg Synstnes Hole (32:07) vor der Britin Eve Whitaker (32:18). Mit Antonella Meinecke war auch hier nur eine deutsche Starterin im Rennen (23./ 36:55).
Wilfried Raatz
–