Die besten Bergläufer kommen aus Afrika ©Wilfried Raatz/ wus-media
32. World Mountain Running Championships Premana (Italien) 2017: Wenn sie antreten – dann kommen die besten Bergläufer aus Afrika + Drei Individual-Titel gehen an Uganda, einer an Kenia + Mit Victor Kiplangat wird ein 18jähriger „Senioren“-Weltmeister – Wilfried Raatz berichtet
Die 32. Berglauf-Weltmeisterschaften in Premana (Italien) haben eines mit einer frappierenden Deutlichkeit gezeigt: Wenn leistungsstarke afrikanische Läufer ins Geschehen eingreifen, dann bleibt selbst der europäischen Spitze oder den Cracks aus Übersee lediglich das Nachsehen.
Auf dem selektiven Bergauf-Parcours, dem zugegebener Maßen nicht alle Berglaufspezialisten Freude abgewinnen konnten und aus diesem Grund auch dem Weltchampionat ferngeblieben waren, dominierten die laufstarken Afrikaner mit einer Deutlichkeit, wie diese bislang noch bei keiner der vorangegangenen Austragungen sichtbar wurde.
Erstmals gingen alle vier individuellen Weltmeistertitel mit Victor Kiplangat (Männer), Lucy Wambui Murigi (Frauen), Oscar Chelimo (U20 männlich) und Risper Chebet (U20 weiblich) an afrikanische Laufnationen, nämlich drei an Uganda, einer an Kenia.
Das hat selbst Italien in seiner stärksten Phase nicht geschafft! Aber nicht nur das, mit den Goldmedaillen bei den Männern und U20 männlich gingen zudem zwei von vier Mannschaftstitel an Uganda. Dass zumindest aber zweimal Mannschaftsgold an Nicht-Afrika ging, das ist vordergründig alleine der Tatsache geschuldet, dass bei den Frauen bis auf Lucy Murigi nur eine und bei den Juniorinnen nur zwei afrikanische Läuferinnen im Rennen waren – und schon alleine deshalb die Goldmedaille anderweitig vergeben werden mussten.
Die im Vorfeld als sicher geltende Goldmedaille bei den Frauen ging dabei nicht an die siegessicheren Italienerinnen bei ihrem Heimspiel, sondern an die USA, die mit 26 Punkten Italien und 32 Punkten sicher auf Distanz halten konnte.
Das lombardische Dorf Premana steht eine Woche lang im Mittelpunkt der weltbesten Bergläufer. Den Auftakt machten dabei die (klassischen) Bergläufer am Sonntag (30. Juli) mit 320 Läufern aus 35 Nationen auf einem Bergauf-bergab-Parcours, eine Woche später (6. August) sollen die Langstreckenläufer über 32 km und bergauf-bergab 2900 Höhenmetern folgen.
Damit werden erstmals in der Geschichte des internationalen Berglaufes an einem Ort und innerhalb von nur wenigen Tagen sowohl die Titel über die klassische Berglaufdistanz als auch über die Langdistanz vergeben.
Vorgeschaltet war beim WMRA-Kongress, bei dem die Delegierten unter anderem bei den Neuwahlen sowohl einen neuen Präsidenten als auch einen neuen Generalsekretär wählen mussten, da sowohl Bruno Gozzelino (Italien) als auch Pierre Weiss (Frankreich) die beiden Spitzenfunktionäre des Berglauf-Weltverbandes WMRA nicht mehr kandidierten.
Auf Einstimmigkeit stieß dabei die Kandidatur des früheren mehrfachen Berglauf-Weltmeisters Jonathan Wyatt (Neuseeland) für die Gozzelino-Nachfolge als WMRA-Präsident. Die Position des Generalsekretärs übernimmt künftig der Slowene Tomo Sarf, als Council-Director wurde unter anderem der langjährige deutsche Berglaufwart Wolfgang Münzel wiedergewählt.
Beim Kräftemessen der Weltmeister Petro Mamu (Eritrea), Fred Musobo und Joel Ayeko (beide Uganda) setzte sich auf der 13 km langen Strecke mit 860 Höhenmetern allerdings der 18jährige Victor Kiplangat aus Uganda durch, der bislang auf der Bahn mit nicht übermäßig schnellen Zeiten wie 14:10,55 oder 28:50,12 Minuten oder Rang 19 bei den U20-Crossweltmeisterschaften in Kampala kaum aufgefallen war.
Es sei denn, man registriert, dass er im Vorjahr im bulgarischen Sapareva Banya schon Vizeweltmeister hinter Joel Ayeko war. In 52:31 Minuten lag er dabei um zwanzig Sekunden vor – allerdings Joel Ayeko, womit ihm eine klassische Revanche gelang. Dann mit weiteren sieben Sekunden Abstand mit Fred Musobo der Weltmeister 2015, der scheinbar prädestiniert für Bergauf-bergab-Strecken ist.
Ein starkes Rennen gelang dem US-Läufer und Titelverteidiger Joseph Gray auf Rang vier, obgleich er drei (!) Minuten auf die wie entfesselt dem Rest der Welt davonlaufenden Asse aus Uganda. Der serienweise in Europa durchstartende Petro Mamu musste als Fünfter erkennen, dass es in Afrika Riesentalente gibt, die laut offiziellen Angaben Jahrgang 1996 und jünger sind. Er ist übrigens wie Joseph Gray mit 33 Jahren gleich ein ganzes Jahrzehnt älter.
Der erst drei Wochen zuvor (auf allerdings einer reinen Bergaufstrecke) als Europameister dekorierte Xavier Chevrier wurde Sechster vor seinem Teamkollegen Bernard Dematteis. Die deutschen Starter liefen bis auf Sebastian Hallmann deutlich hinter, wenngleich der inzwischen 40jährige einstige Klasseläufer auf der Bahn, der Straße und im Cross schon sieben Minuten hinter der Spitze als 21. ein gutes Debüt im Berglauf-Nationadress gab.
Das deutsche Team, geschwächt durch den Ausstieg von Joseph Katib, landete mit Hallmann, Stephan Knopf (41.) und Maximilian Zeus (46) auf Rang 12 mit 108 Punkten. Hinter Uganda, das mit der Idealpunktzahl 6 natürlich außer Reichweite lag, behauptete sich Italien mit 25 Punkten klar vor der Konkurrenz aus den USA (34), Frankreich (42), Groß-Britannien (57) und Kenia, das mit drei in Österreich für das Run2gether-Team startenden Läufern angetreten war.
Bei den Frauen, die erstmals über die identische Strecke wie die Männer gingen, revanchierte sich die Kenianerin Lucy Wambui Murigi für die 2014 in Casette di Massa erlittene Niederlage gegen die sechsfache Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich) und gewann in 1:01:26 Stunden deutlich vor ihrer Konkurrentin aus Österreich (1:02:44), die Bronzemedaille sicherte sich etwas überraschend die Britin Sarah Tunstall (1:04:16) gegen die Berglauf-Europameisterin Maude Mathys, die mit 1:06:02 bereits deutlich abgeschlagen war.
„Ich bin mit meinem Rennen extrem zufrieden. Bergauf ist es mit ausgezeichnet gegangen, auch in der zweiten Runde konnte ich richtig Druck machen. Der Wechsel von bergab auf bergauf liegt mir wirklich gut. Bergab hat mein Training der letzten beiden Wochen doch nicht ganz ausgereicht. Es hat trotzdem für Silber gereicht. Ich glaube, das ist sehr ok, ich bin super happy“, freute sich die 38jährige Ärztin, nachdem sie bei den Europameisterschaften in Kamnik (Slowenien) hinter Maude Mathys und Sarah Tunstall lediglich Dritte geworden war.
Die italienische (Bergauf-bergab-)Weltmeisterin von 2013 wurde beim Heimrennen als Beste im italienischen Team lediglich Siebte. Im Feld der 64 Läuferinnen schlugen sich die beiden deutschen Läuferinnen Lisa Wirth und Gesa Bohn als 18. und 26. durchaus respektabel, auch wenn der Rückstand von neun bzw. elf Minuten das Niveau zwischen Spitze und im Mittelfeld durch die Platzziffer verdeutlicht.
In der Frauen-Mannschaftswertung durften die US-Girls nach 2012 feiern. Hinter Italien (32) wurde Tschechien (41) Dritter vor Frankreich (42) und Groß-Britannien (44), dem Weltmeister 2015.
Oscar Chelimo heißt der neue U20-Weltmeister, der auf der 6,5 km langen Strecke mit 430 Höhenmetern nach 26:46 Minuten und einem Vorsprung von einer Minute auf Daniel Pattis (Italien) und Talon Hull (USA) ins Ziel einlief – und somit in die Fußstapfen von Joel Ayeko treten konnte.
Zusammen mit Anthony Ayeko (7.) und Jacob Limo (9.) gab es natürlich Gold für Uganda mit 13 Punkten, gefolgt von Rumänien (22) und Italien ( 25) und der Türkei (46). Für Luca Hilbert und Robert Sussbauer reichte es im Feld der 59 Läufer zu den Plätzen 21. und 31.
Bei den Juniorinnen fehlen im Jahr nach dem Gewinn des WM-Titels von Sarah Kistner deutsche Starterinnen, Gold ging auf dem Bergauf-bergab-Kurs an die hoch überlegene 18jährige Risper Chebet aus Uganda in 31:46 Minuten.
Die Türkin Bahar Atalay lag als Zweite bereits 75 Sekunden zurück. Die Teamwertung holte sich Rumänien (24) vor den USA (30) und Italien (33).
Wilfried Raatz