Die Ausschreibung für den 1. Berliner Berglauf, der dann zum Berliner Silvesterlauf mutierte - Foto: Horst Milde
Wie aus dem Berliner Berglauf der Berliner Silvesterlauf wurde – Absage bei der Premiere, dem 23. Januar 1977 – jetzt ein Berliner Traditionslauf! Horst Milde berichtet
Mit dem Slogan „Es ist gutes Recht, vom SCC etwas Besonderes zu verlangen“ wurde auf dem blauen Werbeflyer der 1. Berliner Berglauf am Sonntag, dem 23. Januar 1977 angepriesen.
Den Vereinsläufern sollte der Teufelsberg als schwierige Trainingsstrecke schmackhaft gemacht werden. An diesem Sonntag aber gab es chaotische Wetterverhältnisse in Berlin. Der Lauf fiel AUS!
Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg (aus den Schuttbergen der Berliner Häuser des Zweiten Weltkrieges) im Westen Berlins mit 120,1 m die zweithöchste Erhebung Berlins. Dieser „Berg“ – mit Aussicht über das Naturschutzgebiet Grunewald und die Havel – liegt im Ortsteil Grunewald (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) an der Teufelsseechaussee zwischen den S-Bahnhöfen Grunewald und Heerstraße.
Er hat seinen Namen vom nahe gelegenen Teufelssee. Auf dem Berg befanden sich die markanten Bauten der Flugüberwachungs- und Abhörstation der US-amerikanischen Streitkräfte. Der Teufelsberg ist mit Rodelbahnen, einem Skihang mit Lift und sogar einer kleineren Skischanze versehen. Für Läufer:innen ist das Gebiet ein ideales Trainingsgelände. Am 8.11.1964 fand hier am Teifelsberg auch die Premiere des legendären und jetzt historischen Berliner Cross-Country-Laufes statt. Zwei Deutsche Cross-Country-Meisterschaften kamen hier am 13.1.1975 und am 28.2.1981 – neben unzähligen Deutschen Hochschulmeisterschaften – zur Austragung.
Die Geschichte des Berliner Silvesterlaufes beginnt am Sonntag, dem 23. Januar 1977 unter dem Namen „1. Berliner Berglauf„. Er war konzipiert als hartes „Training“ vom damaligen Lauftrainer Heinz Uth über den Teufelsberg unter Wettkampfbedingungen für die Läuferinnen und Läufer des SCC. Der Lauf fiel aber gleich wieder aus, weil starkes Glatteis an Start und Ziel am Mommsenstadion ein Laufen unmöglich machte.
Die Urkunde, die nicht ausgegeben werden konnte, da der Lauf ausfiel – Foto: Horst Milde
Der Startort auf dem Parkplatz gegenüber dem Charlottenburger Mommsenstadion und die angrenzenden Straßen waren spiegelglatte Eisflächen. An Laufen war überhaupt nicht zu denken, so wurde der Lauf gleich auf Sonnabend, den 12. März 1977 verschoben. Die anspruchsvolle Strecke kam bei den Teilnehmern:innen sehr gut an, sodaß man sich gleich ein großes Namens-Vorbild suchte, damit war der Silvesterlauf in Berlin (West) geboren, nach dem Vorbild in Sao Paulo/Brasilien. Sieger des 1. Berliner Berglaufes war der in Berlin studierende Norweger Inge Simonsen (SCC).
- Der 2. Berliner Berglauf fand dann noch im gleichen Jahr am Sonnabend, dem 31. Dezember 1977 mit vier Laufwettbewerben und er hatte im Untertitel gleich den Namen „Sylvesterlauf“. Heute noch einprägsamer mit dem besonderen Berliner Titel „Der Pfannkuchenlauf“! ausgezeichnet. Die ersten 30 einlaufenden Teilnehmer erhalten je einen Pfannkuchen – der letzte im Ziel erhält einen ROLLMOPS! Die Sieger erhielten je eine Flasche SCC Jubiläumssekt (SCC 75 Jahre), die Zweiten und Dritten eine Piccoloflasche Sekt. Die Jugendlichen erhielten keinen Alkohol, sondern eine Rakete! Es wurde mit 350 Teilnehmern gerechnet, am Start war wieder der Sieger des 1. „Berglaufes“ Inge Simonsen.
- 1. Jugend 6,8 km (1 Runde)
- 2. Frauen 6.8 km (1 Runde)
- 3. Männer 15.6 km (3 Runden/Jedermannlauf)
- 4. Männer 20,o km (4 Runden)
Der Zusatz „Pfannkuchenlauf“ kam aber erst später hinzu, da der Organisator Inhaber einer Bäckerei-Konditorei in Tempelhof war und es naheliegend war, den Läufer:innen im Ziel ein aussergewöhnliches Präsent zu überreichen, das den Tag in Berlin auszeichnet. Berlin ist an diesem Tag die Hochburg der Pfannkuchen-Bäckerei in Deutschland, dieses Gebäck ist bundesweit aber mehr unter dem Namen „Berliner“ bekannt.
Die Berliner Pfannkuchen – ausserhalb Berlin: „BERLINER“ – Foto: monofotocle
Der 3. Berliner Silvesterlauf fand am 31.12.1978 statt. Es gab zusätzlich noch eine fünfte Klasse mit den Senioren die 11.2 km liefen über 2 Runden. Der Lauf wurde zünftig mit einem Kanonenschlag gestartet, die Ankunft des Siegers wird mit einer Rakete gefeiert. Favorit ist in diesem Jahr Ingo Sensburg (Neuköllner Sportfreunde), der zweimalige Sieger Inge Simonsen, der auch den Streckenrekord hält (1:04:04.o) ist nicht am Start. Helfer und anwesende Journalisten wurde nach dem Lauf zu Glühwein und Pfannkuchen ins SCC-Büro eingeladen!
Der Silvesterlauf hat in seiner Geschichte auch einige prominente Teilnehmer aufzuweisen, so lief mehrfach der damalige Regierende Bürgermeister Berlins Eberhard Diepgen mit seiner Trainingsgruppe (Misgeld & Co.) mit. Am Ziel wurde dann mit Champagner und extra mitgebrachten Sektkelchen und grossen Pfannkuchen gefeiert.
Der damalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (m.) beim Berliner Silvesterlauf 1997 – Ulrich Misgeld (ganz lks.) mit der Schampusflasche und Dieter Klapproth (mit Mütze – 4.v.r.), Organisator Horst Milde (hockend in rot, m.). – Foto: privat
Aber Achtung, die Pfannkuchen waren manchmal auch mit Senf gefüllt, was bei anderen Läufern zu Heiterkeit führte, aber nicht bei dem Esser.
Im Ziel erhält jeder Finisher:in einen Pfannkuchen. – Foto: Camera 4
Mehrfach musste die Strecke auch wegen widriger Wetterverhältnisse verändert (erleichtert) werden. Der Schnee und die damit verbundene Glättegefahr hatten dazu geführt, dass das Überlaufen des Drachenflieger- und des Teufelsberges nicht möglich war. Die Organisatoren mussten stets flexibel auf die Wetterverhältnisse reagieren. Gestartet wurde oft mit einem Böllerschuss.
Hier oben kann man ein letztes Mal im alten Jahr den prächtigen Ausblick auf Berlin genießen und sich auf leckere Pfannkuchen freuen, die jeder Teilnehmer im Ziel erhält. Nach einer warmen Dusche wird bei Glühwein oder Sekt das zu Ende gehende Laufjahr resümiert und Pläne für die kommende Saison schmieden – oder schon am nächsten Tag am NEUJAHRSLAUF teilnehmen.
Jeder Teilnehmer bekommt traditionell im Ziel seinen Pfannkuchen, die Sieger zusätzlich noch eine Flasche Sekt.
Apropos Sekt: Auf dem höchten Punkt des Teufelsberges, dem Drachenfliegerberg, war auch oft eine Sektbar installiert, Mark Milde, der Race Director, war hier stationiert, sein Kommentar: „Die Spitze der Läufer nahm die Chance eines Glases Sekt auf der höchsten Erhebung Berlins überhaupt nicht wahr, je mehr sich das Ende der Läuferschlange näherte, wurden die Sektpausen immer länger“!
Mark Milde (l.) , der Race-Direktor, verteilte auf dem höchsten Punkt des Teufelberges, ein Gläschen Sekt, Michael Feistkorn (r.) schenkt ein – Foto: Horst Milde
Im Start- und Zielgebiet des Parkplatzes des Mommsenstadions gab es zwischendurch (seit 2001) noch die übliche attraktive Kostümprämierung, über 30 wunderschöne Kostümaspiranten hatten sich gemeldet. Rotraud Zylka war wie seit Jahren vor Ort verantwortlich für die Siegerehrung dieses „Rahmenwettbewerbs“.
Berliner Silvesterlauf mit dem Anstieg auf den Teufelsberg – Foto: Horst Milde
Der Berliner Silvesterlauf war und ist, von Anfang an kein „Einladungslauf“ für die Laufasse, sondern für das einheimische Laufpublikum gedacht. Ein schöner Ausblick von dort oben auf das Panorama Berlins bei schönem Wetter ist die Mühe des nicht ganz leichten Aufstiegs wert.
Horst Milde
PS: Der 47. Berliner Silvesterlauf findet am Sonntag, dem 31.12.2023 statt.
Die Hauptstrecke des Berliner Silvesterlaufs führt über 10,2 km und integriert die beiden höchsten Erhebungen im Grunewald in den Streckenverlauf, den Drachenflieger- und den Teufelsberg. Bei den Strecken über 6,3 km und 10,3 km geht es über den Teufelsberg.