Joyciline Jepkosgei ist so eine. ©RunCzech
Die Kehrseite der Medaille – Kenia produziert Weltrekorde am laufenden Band, Zweifel an deren Rechtmäßigkeit laufen ständig mit – LG Telis Finanz Regensburg
Regensburg, 10. September 2017 (Ring) – Ostafrika glänzt weiter auf den Laufstrecken. Im ewigen Bruderkampf mit Äthiopien fällt vor allem Kenia mit einem schier nicht enden wollenden Potential an neuen Weltklasseathleten auf.
Joyciline Jepkosgei ist so eine. Die Kenianerin blieb am Samstag in Prag als erste Läuferin der Welt über 10 Kilometer unter der 30-Minuten-Marke. In 29:43 Minuten verbesserte sie ihren eigenen Weltrekord um sagenhafte 21 Sekunden.
Das Leichtathletikportal leichtathletik.de schrieb dazu: „Im April war sie quasi aus dem Nichts gekommen: 10-Kilometer-Weltrekord (30:04 min), 15-Kilometer-Weltrekord (45:37 min), 20-Kilometer-Weltrekord (1:01:25 h) und Halbmarathon-Weltrekord (1:04:52 min) – alles in einem Rennen! Am Samstag war es an selber Stelle beim Birell Grand Prix in Prag (Tschechien) eine Bestmarke mit Ansage: Joyciline Jepkosgei wollte als erste Frau der Welt über 10 Kilometer die 30-Minuten-Marke unterbieten. Und das schaffte sie: Mithilfe eines männlichen Tempomachers kam sie nach 29:43 Minuten ins Ziel."
Man könnte sich als Lauffan drüber freuen, gäbe es da nicht die ebenso nicht endenden Skandale in Sachen Doping auf dem schwarzen Kontinent.
Natürlich hat die neue Weltrekordlerin in Prag brav die Dopingkontrolle über sich ergehen lassen. Man wird bei ihr nichts finden, wie bei allen großen Städteläufen auf der Straße, wo es um riesige Summen an Antrittsgeldern und Gewinnprämien geht, immer dann, wenn zwei Handvoll Afrikaner wie Zirkuspferde über den Parcours gehetzt werden, um die nächste Sensation zu gebären. Man hat auch bei der versammelten Weltklasse anlässlich der Weltmeisterschaften 2011 im koreanische Daegu nichts gefunden, obwohl in einer Studie 40 Prozent der Befragten angaben, vorher gedopt zu haben und die Dunkelziffer vielleicht sogar doppelt so hoch war.
Mit einer geradezu impertinenten Arbeitsverweigerung drückt sich die IAAF um die Aufarbeitung von 120 auffälligen Blutwerten von Weltklassemarathonläufern herum, die bevorzugt aus Ostafrika kommen sollen. Vor den Olympischen Spielen in Rio wurden die Dopingkontrollsysteme verschiedener Nationen als unzureichend bezeichnet, darunter auch jene aus Äthiopien und Kenia.
Russland hat man quasi als Bauernopfer wegen systematischem Staatsdoping geschlachtet, die anderen schwarzen Schafe wurden einfach mal versteckt, bis Gras darüber gewachsen ist. Wie sicher sich die Funktionäre dieser Staaten sind, zeigt allein die Tatsache, dass ein kenianischer Trainer bei einem internationalen Event einfach mal für seinen Athleten Urin abgegeben hat und dies als Kavaliersdelikt ansah.
Das Schlimme daran ist nicht das Aberwitzige der Siegleistungen, auch in vielen deutschen Provinzstädten, in denen die Veranstalter glauben, man müsste beim eigenen Rennen unbedingt 20 Farbige vorausschicken, die in Wahrheit keiner so recht kennt, die aber mit Zeiten glänzen, die einheimische Läufer nicht mal im Traum angehen wollen.
Schlimmer ist, dass die wackeren europäischen Athleten/Innen, von ganz anderen Kontrollsystemen als jene in Afrika überwacht, schlichtweg eins uns andere Mal vorgeführt und wie Opferlämmer der Lächerlichkeit preisgeben werden, nach dem Motto: Schaut her, wie schlecht ihr seid. Zuhause in Afrika kann sich jeder Athlet auf einem absolut freien Markt für Dopingmittel hochdopen bis er soweit zum Sprung nach Europa ist. Es wäre geradezu komisch wenn in jeder Apotheke dort die Mittelchen angeboten werden würden und keiner würde sie kaufen.
Wer nun die Fakten ein bisschen verknüpft, kommt derzeit zum selben Ergebnis wie ich: Mir stößt die Weltleichtathletik mit ihren ganzen Absonderlichkeiten so gallig bitter auf, dass ich sie eigentlich nicht mehr wahrnehmen will.
Mag sich Sebastian Coe jetzt als Retter der Leichtathletik aufspielen, kann er doch nicht leugnen, das Hajo Seppelts Dopingenthüllungen zunächst „ein Angriff auf seine Sportart" waren, der inzwischen überführte Weltpräsident und Vorgänger Lamine Diack sein bester Freund war und er partout seine Weltrekorde in der Hochdopingzeit der 80er Jahre erzielt hatte, mit Zeiten, die heutzutage selbst gedopte Protagonisten nur schwer laufen können.
Ich befürchte, dass auch er jegliche Transparenz und jegliche Aufklärungsdynamik im Kampf gegen Doping nach besten Kräften verhindern wird.
Und was sagt der Deutsche Leichtathletik-Verband zu alledem: Nichts!!!
Man wurschtelt eben mit, soweit es eben geht. So lange man die eine oder andere Medaille noch ergattern kann, ist alles gut, Dass viele seiner Schützlinge ob der gewaltigen Ungleichheit im internationalen Vergleich inzwischen enorme Identitätsprobleme haben, schert seine Funktionäre wenig.
Wie sagte schon 2013 anlässlich der Schlussbesprechung bei den Cross-Europameisterschaften in Belgrad der damalige Teamleiter Wolfgang Heinig ganz ohne bösen Hintergedanken: „Mit einem überschaubaren Sümmchen kann man sich in Afrika eine ganze Nationalmannschaft zusammenkaufen." – auch ein Lösungsansatz!
Kurt Ring
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