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04
10
2023

Fröhliche Läufer beim Generali KÖLN Marathon - Foto: Köln Marathon

Marathon-Meisterschaft in Köln: Ein Lauf ohne große Konkurrenz – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

Beim Marathon in Köln tritt Esther Jacobitz aus dem Schatten ihres bekannten Verlobten – und wird deutsche Meisterin. Doch im Frauen- und Herren-Rennen fehlen die schnellsten Athleten. Warum nur?

Nach 2:37:02 Stunden war Titelverteidiger Hendrik Pfeiffer im Ziel, auf Platz 23. „Der Titel bleibt in der Familie“, sagte er. Brav war er am Sonntagmorgen 42,195 Meter vor seiner Partnerin Esther Jacobitz her durch die belebten Straßen Kölns gelaufen. Kaum hatte er ihr auf der Zielgeraden im Schatten des Doms den Vortritt gelassen und mit ausholenden Armbewegungen die Zuschauer zu Beifall und Jubel aufgefordert, da war sie auch schon deutsche Meisterin, in 2:37:00 Stunden

„Das war der härteste Lauf, den ich je gemacht habe“, stöhnte die Marathon-Debütantin nach ihrem Einstand auf der langen Strecke, der ihr zusätzlich zum Titel fünftausend Euro Prämie einbringt. Die Psychologin, die ihr Master-Studium aufgeschoben hat, um sich als Vollzeit-Läuferin auszuprobieren, kann das Geld gut gebrauchen.

Leiden der letzten Stunde

Zwei Trainingslager in Kenia, drei Monaten am Anfang des Jahres und fünf Wochen in direkter Vorbereitung auf ihren Lauf des Jahres, waren ihre Investitionen in eine Karriere, die mit dem Titel eindrucksvoll beginnt, sie aber eher nicht zu Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften führen wird. Eigentlich sei sie den Köln-Marathon, überhaupt einen Marathon nur deshalb gelaufen, weil es den Titel des deutschen Meisters zu gewinnen gab, verriet sie im Ziel.

Die Leiden der letzten Stunde des Laufes standen der ehemaligen Mittelstreckenläuferin ins Gesicht geschrieben. Weil sie Bauchschmerzen bekam, hatte sie in der zweiten Hälfte des Rennens nicht trinken und auch keine Energieriegel zu sich nehmen können. In den kommenden drei, vier Wochen, versprach sie sich selbst zum Trost, werde sie keinen einzigen Schritt rennen.

Sie suche nun einen Ausrüster und werde erst einmal ihre Zeiten auf den Unterdistanzen versuchen zu verbessern. Ob sie im nächsten oder erst im übernächsten Jahr ihren zweiten Marathon laufen werde, sei noch lange nicht entschieden.

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Ihr Verlobter, Hendrik Pfeiffer, opferte den Titel des deutschen Meisters leichten Herzens. Im April vergangenen Jahres war er in Hannover in 2:10:59 Stunden deutscher Meister geworden war, einer Zeit, mit der er in Köln Rennen und Titel gewonnen hätte.

Doch er gab sein Bestes bereits vor einer Woche, beim Berlin-Marathon. Auf dessen flacher und weit geschwungener Strecke verbesserte er seine Bestzeit auf 2:08:48 Stunden und sicherte damit seine Mitgliedschaft im Nationalkader.

Ob er, wie Amanal Petros, der in Berlin den deutschen Rekord auf 2:04:58 drückte, es zu den Olympischen Spielen von Paris 2024 bringen wird, hängt vom Abschneiden der besten deutschen Läufer, unter ihnen Europameister Richard Ringer, beim Valencia-Marathon im Dezember ab.

Ganz normale Startnummern

Hendrik habe ihr bei der Marathon-Vorbereitung so sehr geholfen, als Begleiter und als Trainer, lobte die neue Meisterin Jacobitz: „Er hat mir immer gesagt, dass man selbst, wenn es einem schlecht geht, gut laufen kann.“

Bei den Männern lassen die Tempomacher niemandem den Vortritt. Zwar sind bei deutschen Meisterschaften keine Hasen erlaubt, deshalb hatten die beiden Kenianer Amos Kipkorir und Anthony Apori ganz normal für den 25. Köln-Marathon gemeldet und trugen ganz normale Startnummern. Doch ihre Aufgabe wurde spätestens deutlich, als sie sich nach dem Start in Deutz an die Spitze der gut fünftausend Läuferinnen und Läufer setzten; weitere 13.700 nahmen gleichzeitig am Halbmarathon teil.

Dort blieben sie bis zum Schluss. Kipkorir, 27 Jahre alt, gewann seinen ersten Marathon in 2:14:43 Stunden, 38 Sekunden vor Apori. Er bekam 1500 Euro Prämie. Sie hätten sich bei Kilometer dreißig entschieden, bis ins Ziel durchzulaufen, sagte Kipkorir. Dem Tempo der Tempomacher war Favorit Jonathan Dahlke, auch er ein Debütant, nicht gewachsen. Bei Kilometer 37 blieb er plötzlich stehen. Er sei explodiert, sagte er später.

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonntag, dem 1.10.2023

Michael Reinsch

Korrespondent für Sport in Berlin.

author: GRR