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Start über 10 km mit Lukas Eisele (13689) und Arne Gabius (3560) ©Wilfried Raatz/ wus-media

14. Bottwartal-Marathon 2017 – Goldener Oktoberstrauß im Bottwartal – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Gerhard Petermann ist ein Glückspilz. Die Prognose auf ein Goldenes Oktober-Wochenende bescherte dem Bottwartal-Marathon einen regelrechten Läuferboom.

5.186 Läufer haben sich für die 14. Auflage des Bottwartal-Marathons angemeldet, 4.939 erreichten das Ziel. Summa summarum, also alle Läufe im bunten Wettbewerbsangebot zusammengerechnet…

„Wir haben Steigerungen über alle Wettbewerbe hinweg", umreißt der Marathonchef noch während der Zieleinläufe freudestrahlend mit Stolz. „Den größten Zuwachs haben die 10 km gebracht. Was mich besonders beeindruckt, dass ist eine 20prozentige Zunahme über die Marathondistanz!"

Im Zielbereich am Steinheimer Steppi-Kreisel, dem neuen Start-Ziel-Areal seit drei Jahren, geht es dabei zu wie im Taubenschlag. Läufer gehen und kommen, der Zeitplan ist eng getaktet. Für die Moderatoren kein leichtes Unterfangen, schließlich sollen alle Finisher in irgendeiner Weise zur Geltung kommen dürfen. Zumal ein roter Teppich für alle Finisher ausgerollt ist.

Für das diesjährige Promi-Laufass Arne Gabius ebenso wie für den Marathonsieger Efrem Tadese aus Eritrea oder für den Baden-Württembergischen Innenminister Thomas Strobl wie auch für Erna Hemberger oder Jan Niklas Rotzek.

„Großes Kino" nennt Gerhard Petermann die zahlreichen Starts, Durchläufe nach der 1 km langen Aufgalopprunde oder dem permanenten Zieleinlauf. Dabei haben die fleißigen Macher des Bottwartal-Marathon noch kurzfristig eine einschneidende Korrektur im Ablauf vorgenommen, der mit 849 Meldungen stark besetzte 10 km-Lauf, pardon: 10 km TherapieRehaSiegele-Herbstlauf in der offiziellen Schreibweise, wurde auf die halbe Startbreite reduziert, damit die Schnellsten der Zunft nicht in die eher langsam startenden Hobbyläufer nach knappe drei Minuten schon hineinlaufen würden.

In vielen Dingen Fingerspitzengefühl, das praktizieren die Petermänner im Bottwartal – nicht zuletzt auch deshalb (zum dritten Mal in Folge) zum beliebtesten Marathonlauf Baden-Württembergs 2016 ausgezeichnet. Dass sich daran auch 2017 kaum etwas ändern dürfte, das ist zunächst reine Spekulation.

Am 15. Oktober jedenfalls war es das Highlight im Ländle… Aber letztlich haben in der finalen Bewertung die User des Online-Webportals „marathon4you" das letzte Wort.  Angesichts der zu erwartenden Temperaturen über 20° wurden übrigens kurzfristig noch die Getränkestationen nach 30 km im 2 km-Abstand installiert.

„Ich hoffe, wir haben damit unserer Fürsorgepflicht den Läufern gegenüber genügt", so Gerhard Petermann. Diese Maßnahme gab es natürlich auch für die Halbmarathonläufer, die den Rückweg der Marathonläufer als Strecke ebenso nutzten.

Ultraläufer sind Frühaufsteher. Zuletzt praktiziert in Steinheim. Bereits um 8.30 Uhr standen die Urmensch-Ultras an der Startlinie für die ausgeschriebenen 52 Kilometer mit ordentlichen 1078 Höhenmetern. Als die „verrückte Version" des Bottwartal-Marathons haben die Texter des informativen Marathonblattes der Marbacher Zeitung getitelt.

Verrückt jedoch waren nur wenige, die etwas „maskiert" auf die Strecke gingen. Wie Helga mit Knochen im Haar und einer Fellimitation um die Hüften geschwungen. Für diese Maskerade hatte freilich Ultra-Urgestein Michael Sommer keine Zeit, denn der Schwaikheimer blieb mit 3:52:49 als Einziger der Urmenschen unter der 4-Stunden-Marke – und freute sich unbändig über seinen nicht unbedingt erwarteten Sieg, den vierten übrigens Disziplin übergreifend im Bottwartal.

„Das ist schließlich mein Heimrennen!" freute sich der M50-Läufer, der gefühlte Jahrzehnte lang die deutsche Ultraszene dominiert hatte. Noch am Vortag hatte der Gemeinderat seines Wohnortes Oberstenfeld 60 Kids beim Nachwuchs-Programm betreut.

Über acht Minuten musste Michael Sommer im Ziel übrigens warten, bis mit Karl Magnus Westphal der erste Verfolger über die Ziellinie lief.

Bei den Frauen lief Anja Westphal nach 4:48:43 als deutliche Siegerin über die Ziellinie, die favorisierte Bea Bauer vom Halbmarathon-Sponsor JOL Sport kam acht Minuten dahinter als Zweite ins Ziel. 

Als Schnellster von der großen Marathonschleife kehrte Efrem Tadese nach 2:40.46 Stunden zurück. Der 27jährige Eritreer im Trikot des SSV Ulm ist im Südwesten seit kurzem kein umbeschriebenes Blatt mehr, denn unter den Fittichen von Trainer Wieland Pokorny hatte er vor wenigen Wochen den Halbmarathon-Wettbewerb beim Einstein-Marathon in Ulm in 1:11 gewonnen. Und dies trotz heftig blutiger Zehen-Verletzung.

„Mein Fuß ist ok", gestand der erst seit zwei Jahren mit regelmäßigem Laufen begonnene, in Neu-Ulm lebende Asylbewerber. Dafür haderte er mit dem Führungsfahrzeug, das bei einem kleinen, für Fahrzeuge nicht passierbaren Abschnitt, ausscheren musste, was freilich nicht rennentscheidend war. Denn zu diesem Zeitpunkt lagen mit ihm, Jonathan Loew und Luel Grebrengus noch drei Läufer gemeinsam an der Spitze. 

Nur knapp das Nachsehen hatte Jonathan Loew, der in der Schlussphase mit muskulären Problemen zu kämpfen hatte, aber in 2:41:06 Stunden dennoch eine klare Bestzeit erreichen konnte. „Nach 35 km ist mir der Eritreer etwas weggelaufen. Für den drittplatzierten Luel Gebrengus wurden 2:43:01 gestoppt. Auf der landschaftlich reizvollen Strecke liefen acht Läufer unter die 3-Stunden-Marke.

Recht lange dauerte es, bis die schlagfertigen Moderation am Steppi-Kreisel mit Diane Fuegel die erste Frau im Ziel begrüßen konnten. Die Ludwigshafener W40-Läuferin benötigte 3:17:33 Stunden und hatte zudem noch zehn Minuten Vorsprung auf die zweit- und drittplatzierten Alin Kollmann (3:27:00) und Jasmin Klotz (3:27:20).

Schlag auf Schlag ging es beim Zieleinlauf zu. Hier die Dreiviertel-Marathonläufer mit einem engen Einlauf und dem Sieg für Volker Bender (2:09:04) vor Steffen Holzer (2:10:28) und Tim Flad (2:10:54) wie auch bei den Frauen durch Christine Sigg-Sohn (2:17:30) vor Bettina Englisch (2:17:46) und Katrin Vogler (2:20:36).

Für die meisten der ambitionierten Finisher war diese ungewöhnliche Distanz eher ein letzter Prüfstein für den anstehenden Herbst-Marathon, den Volker beispielsweise zum SwissCityMarathon nach Luzern führen wird. Christine hingegen machte sich selbst ein tolles Geburtstagsgeschenk, denn vor fünf Tagen wurde die Dreiviertel-Siegerin fünfzig Jahre alt.

Apropos Frankfurt. Das ist gewiss auch das erklärte (Saison-)Ziel für Arne Gabius. Nach seinen letzten Trainingsresultaten scheint sogar die Verbesserung seines eigenen deutschen Rekords möglich zu sein. Diese Zuversicht jedenfalls verbreiteten sowohl Arne Gabius als auch dessen Berater Jürgen Siegele, der ihn letztlich auch ins TherapieReha-Team ins Bottwartal geholt hatte.

Nach dem Start von Sabrina Mockenhaupt vor zwei Jahren konnte der beim DLV übrigens als Physiotherapeut eingesetzte Jürgen Siegele mit Arne Gabius nun einen weiteren Klasseläufer ins Bottwartal holen. „Ich glaube, nur ein Kilometer war über drei Minuten", freute sich Arne Gabius, der mit seiner Siegerzeit von 29:27 Minuten die bisherige Streckenbestmarke auf der keineswegs einfach zu laufenden Strecke um vier Minuten regelrecht zertrümmerte.

„Die letzten zehn Tage waren im Training sehr hart, wichtig ist dabei, auch einmal in die rote Zone hineinzukommen!" Aber insgesamt, so die Zustandsanalyse des Stuttgarters, sei die Vorbereitung deutlich besser als vor zwei Jahren. „Der Zehner sagt natürlich wenig über ein zu erwartendes Marathonergebnis. Für mich ist es in dieser Phase wichtig, Qualität und Quantität in Einklang zu bringen".

Für Arne Gabius war es freilich auch ein Herzensbedürfnis, einmal in der Region zu starten. „Der Termin hat in die Vorbereitung bestens gepasst. Der Berliner 10 km-Lauf wäre eine Woche zu früh gekommen. Somit konnte ich noch in Ruhe zuhause frühstücken und bin dann um 9.30 Uhr erst losgefahren!" Um dann um 11.00 Uhr in Steinheim an der Startlinie zu stehen.

Wie übrigens auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl, der den Zehner mit einem Lächeln im Gesicht in respektablen 1:04:59 auf Rang 600 (kein Fake!) absolvierte. Gut dreißig Minuten schneller waren übrigens Arne Gabius‘ Verfolger mit Lukas Eisele (31:28) und Aimen Haboubi (33:27).

Ihr Glück hingegen konnte die Frauenerste Johanna Weber kaum fassen, die erst seit Juni nach Trainingsplan läuft und zuvor eher als Fußballspielerin in der Bezirksliga-Mannschaft des TSV Warthausen unterwegs war.

Bliebe noch ein Blick auf den Halbmarathon, der mit 1.926 Meldungen den größten Ansturm (und damit auch die größte logistische Leistung des Veranstalters provozierte, denn dieser Start wurde in Gronau durchgeführt) zu verzeichnen hatte.

Mit Jannik Ernst und Isabel Leibfried gab es prominente Gewinner, die in der deutschen Laufszene einen guten Namen haben. Jannik hatte sich als U23-Halbmarathon-Vizemeister 2012 zum US-Studium aus dem heimatlichen Blickfeld weitgehend verabschiedet – und erst im Vorjahr als DM-Marathondritter in Frankfurt wieder „greifbar" geworden. Mit 1:09:26 war er deutlich langsamer als zwei Wochen zuvor in Köln (1:07:54), zeigte sich aber zu diesem Thema recht entspannt: „Ich wollte verhalten hineinrollen und das ist mir gelungen. Letztlich ist die Zeit auch egal. Jetzt freue ich mich auf Frankfurt…".

Aber der SG Stern-Konzernmeister wird nach Frankfurt nur als Staffelläufer zurückkehren, letztlich hatte er erst nach einer Hüftoperation zu Jahresbeginn die Saison verspätet begonnen. Auch Isabel Leibfried blickt nach Frankfurt. Mit 1:20:03 Stunden war sie natürlich der Konkurrenz wie auch Jannik Ernst deutlich überlegen.

Bereits am Samstag waren über 1000 Jugendliche und Kids in den Nachwuchsläufen mit Feuereifer am Start – und durften einen genialen Auftakt zum 14. Bottwartal-Marathon geben.

Die Einnahmen beim Run & Fun Day werden dem Verein „Haiti wir helfen" zur Verfügung gestellt, die sich für die Erneuerung der baufälligen Schulgebäude in einem der ärmsten Länder der Welt einsetzen.

Wilfried Raatz

 

 

 

author: GRR

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