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13
07
2023

Die deutschne Masters im Berg- und Traillaufen in Adelborden - Foto: Wilfreid Raatz - wus-media

Medaillensegen für deutsche Masters im Berg- und Traillaufen – Monika Pletzer vergoldet die deutschen Auftritte mit überlegenem Gesamtsieg im Trail-Wettbewerb – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

  Thomas Kotissek zeigt sich auch am Berg als ein wahrer Meister

Der angesagte Wintersport- und Wanderort Adelboden hatte zwar keine Werbung für die Masters Europameisterschaften im Berglauf und Trailrunning aufgehängt, jedoch bestimmten die Laufsenioren in ihren bunten Nationalfarben das Straßenbild des schmucken Dörfchens auf 1400 m Höhe. Herrliches Bergwetter (nach nächtlichem Regen am Freitag) belohnte letztlich auch die exzellenten Leistungen beim Trailrunning-Wettbewerb über 34,9 km und 1800 Höhenmetern und beim Berglauf über 8,8 km auf das Sillerenbühl auf 1976 m.

Kurzweilige Siegerehrungen (gewiss in der prallen Sonne am Sonntagmittag) rundeten ein „Off Road“-Festival ab, das vier Jahre nach den Europameisterschaften in Zermatt Swiss Athletics und Swiss Masters Running ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellte. Schon Swiss Athletics-Präsident Christoph Seiler hatte das europäische Masters-Läufertreffen hatte auf die besondere Bedeutung für die Schweiz hingewiesen:

„Kaum ein Land ist für den Berglauf so prädestiniert wie die Schweiz. Unser Land ist für herausfordernde und erlebnisreiche Running-Erlebnisse perfekt!“ Das die Schweizer Mastersläufer letztlich auch den Ton bei den Titelkämpfen mit einer Fülle von Medaillen angaben, das versteht sich praktisch von alleine. Selbst wenn die nicht verwandten namensgleichen Topläufer Maude Mathys und Christian Mathys fehlten, dafür setzten andere Namhafte wie der mit einem Doppelsieg aufwartende Brite Andrew Douglas, die Österreicherin Karin Freitag oder die Schweizer Szene-bekannten Ceasar Costa, Francois Leboeuf oder Pierre-André Ramuz und der Franzose Thierry Lippy die Akzente. Andere, derweil noch weniger bekannte Gewinner, überzeugten zudem mit exzellenten Auftritten.

Und hier ist in erster Linie Monika Pletzer zu nennen. Als Titelverteidigerin des Trail-Wettbewerbs überzeugte die aus Fronhofen bei Beuren stammende 38jährige auf der selektiven 34,9 km-Distanz mit einem Start-Ziel-Sieg. Nach 3:50:20 Stunden war die Herausforderung über 1780 Höhenmetern mit Start und Ziel an den Mineralquellen in Adelboden gemeistert. Knapp acht Minuten dahinter folgte wie 2022 in La Feclaz (Frankreich) die Spanierin Jessica Tipán Gutiérrez (zwei Jahre jünger, aber aufgrund der Gliederung in der gleichen Masters-Kategorie startend) vor den beiden gemeinsam nach 4:01:10 Stunden auf Rang drei gesetzten Schweizerinnen Claudia Bernasconi-Chauvin und Sara Escobar Carron (zugleich W40-Meisterin).

„Es war schwerer als im Vorjahr in La Feclaz“, gestand Monika im Ziel, umringt von ihrem Freund Mark, ihrem ebenfalls erfolgreich bei internationalen Mastersrennen startenden Vater Rudolf und ihrer Mutter Bettina. „vor allem, weil die Strecke kürzer war, aber dafür mehr Höhenmeter hatte! Wegen Corona und einer Grippe in der Folge konnte ich erst spät in die Saison einsteigen und habe hier meine ersten Wettkämpfe bestritten! Und dann solch gute Ergebnisse….!“ Denn am zweiten Meisterschaftstag lief sie zudem noch beim Berglauf auf den Silberrang hinter der Schweizerin Paola Stampanoni in der W35-Kategorie. Übrigens: In der Teamwertung des Berglauf-Wettbewerbs gewann Deutschland mit eben Monika Pletzer und den für die Mannschaftswertung „heruntergemeldeten“ Sonja Deiss du Bianca Scheder, sodass für die bei Ulm lebende Monika die gesamte Medaillen-Kollektion heraussprang.

Im Nachgang wurde hingegen Brigitte Hoffmann für ihren Trail-Sieg in der Kategorie W65 geehrt. Zunächst stand die auf allen Distanzen erfolgreiche Läuferin der LG Welfen mit einer Endzeit von 5:27:29 Stunden hinter der Französin Bérengère Pontabry, für die schier unglaubliche 4:32:44 Stunden zu Protokoll standen, bei der Siegerehrung auf Rang zwei. Dabei hatte die Französin nach 12 km bereits einen Rückstand von zwanzig Minuten, am Ende jedoch stand ein Vorsprung von fast einer Stunde in den Ergebnislisten. Auffällig dabei der fehlende Split nach 29 km. Ein spontaner Protest half zunächst nichts, die Französin wurde samt Nationalhymne geehrt, am Folgetag erst wurde das Resultat korrigiert und Brigitte durfte ihre Medaille noch ein Empfang nehmen, die würdevolle Zeremonie jedenfalls gab es nicht mehr.

Im Trail-Wettbewerb der Männer führte kein Weg am Briten Andrew Douglas vorbei. Nach 3:04:53 Stunden war er im Ziel und musste acht bzw. neun Minuten auf die beiden Schweizer Ruedi Becker und Cedric Mariethoz zur Gratulation warten. In weiteren beträchtlichen Abständen dann die weiteren Verfolger mit dem Griechen Athanasios Pagounadis an der Spitze. Unter den deutschen Startern schlug sich Wolfgang Wäger am besten, er wurde Dritter der M45 und „overall“ als 23. gelistet.

Was für den Trailwettbewerb galt, das sollte sich am Folgetag auch auf der 8,8 km langen Berglaufstrecke von der Mittelstation der Sillerenbahn (Bergläger) wiederholen, der Brite mit einer Fülle von Top 10-Resultaten bei WM und EM der Asse in den zurückliegenden acht Jahren ausgestattet, war einfach souverän. Mit 40:21 Minuten lag er allerdings nur 33 Sekunden vor einem starken Thomas Kotissek, der als Gesamtzweiter und Sieger der M45 gleich die Prominenz en masse (angeführt von Cesar Costa, Pierre-André Ramuz und Francois Leboeuf!) hinter sich lassen konnte. Im Vorjahr gewann er bei den Straßenlauf-Weltmeisterschaften die Halbmarathondistanz und wurde Zweiter über 10 km, sodass sein Statement durchaus nachvollziehbar klingt: „Ich sehe mich eigentlich als Straßenläufer, die Strecke mit den eher kurzen Anstiegen und den Asphaltpassagen kam mir natürlich entgegen!“ Deshalb auch seine Entscheidung, mit Straßenlaufschuhen das WM-Rennen anzugehen. Deshalb wird man den 46jährigen Gymnasiallehrer für Mathematik und Sport im September eher bei der „Off Road-EM“ in Pescara (Italien) als bei der Berglauf-WM auf Madeira sehen.

Als Achter schlug sich in diesem Klassefeld Jens Ziganke als M35-Dritter achtbar, drei Plätze zurück mit Lennart Nies schon ein weiterer DLV-Vertreter. Das war freilich schon die Ausbeute in den Einzelkonkurrenzen, bei den Teams holten die M60-Männer mit Thomas Bauer, Stephan Bayer und Hans Bouricha-Hörmann weiteres Gold.

Weitaus erfolgreicher waren da schon die Frauen, für alleine fünf Teams (nämlich in der W35, der W55, der W60, W65 und W70) wurde die Nationalhymne angespielt.

In den jüngeren Mastersklassen hatte vor allem Simone Raatz die besten Siegchancen. Doch wie schon bei der Straßen-WM in Torun musste sich die 47jährige Darmstädterin mit Rang zwei nach 50:05 Minuten zufrieden geben. „Ich bin eigentlich angereist, um Gold zu gewinnen. Doch heute war Daniela Aeschbacher einfach stärker. Ich habe mich vor allem bei den Bergaufpassagen, eigentlich meine Stärke, sehr schwergetan!“ Die Schweizerin sicherte sich die W45 nach 48:44 Minuten und ließ alleine die W40-Siegerin Karin Freitag (Österreich) vor, die nach 48:18 das Ziel erreichte.

In den älteren Masterskategorien holten Christine Sachs (W65), Margret Göttnauer (W70) und Irmgard Olma (W75) drei Goldmedaillen, die gute Bilanz rundeten Monika Pletzer (W35), Elfriede Ganter (W70) und nach langer Verletzungsphase Marie-Luise Heilig-Duventäster (W60) mit Silber sowie Elke Keller (W55), Gertrud Ott (W60) und Elisabeth Henn (W65) mit Bronze ab.

Besonders ärgerlich war die Silbermedaille für „Mary“ Heilig-Duventäster, die zeitgleich mit der Spanierin Ana Cristina Aguado Mori nach 57:57 ins Ziel einlief. Doch gegen die ansonsten gültigen Regularien wurde hier, eigentlich nicht nachvollziehbar, die „gun time“ nicht angewendet, sondern die Nettolaufzeit, die damit taktische Varianten ermöglichte.

„Die Spanierin stand wohl einen Meter am Start hinter mir, so dass laut Zeitmessung einen Vorsprung von drei Zehntelsekunden über Gold und Silber entschied“, ärgerte sich die Welfenerin, „in anderen Fällen gab es zwei gleiche Platzierungen und auch somit die gleichen Medaillen! Aber letztlich freue ich mich, dass ich überhaupt wieder laufen kann. Das Mannschaftsgold ist eine nette Entschädigung…!“

Wilfried Raatz

 

 

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