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09
06
2023

Start zum Trail Short bei der WM Berg- und Trailrunning in Innsbruck. Mittendrin im dichten Läuferfeld Laura Hottenrott (rechts) und Daniela Oemus (links, mit weißem Rucksack). - Foto: Wilfried Raatz - wus-media

Teammedaille lange Zeit in greifbarer Nähe – Vertical-Vierte Laura Hottenrott kann ihr vorgelegtes Tempo nicht durchstehen und steigt entkräftet aus – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Starke Auftritte: Daniela Oemus und Benedikt Hoffmann laufen auf Weltklasseniveau in Neustift ins Ziel

Nach den dramatischen Rennen am Vortag beim Vertical Race ging es am zweiten Tag der World Mountain and Trail Running Championships beim Trail Short über 45,2 km und einer Höhendifferenz von +3132 m/-2719 m nicht minder spektakulär zu.

Bei zunächst Sonnenschein vor dem Landestheater und den ersten zwanzig Kilometer bis zur Muttereralm wechselte das Wetter in Niesel- bis Starkregen und niederen einstelligen Temperaturen, was im Schlussteil des rund 350 Teilnehmer starken Rennens sogar für fünfzig Athleten sogar auf dem Streckenabschnitt zwischen Kreuz- und Sennjoch zum Abbruch führte. „Die Sicherheit eines jeden Läufers hat unsere höchste Priorität und diese war bei der aktuellen Wetterlage nicht mehr garantiert“, hieß es letztlich in einer Verlautbarung der Organisation.

Spektakulär jedoch vor allem der Rennverlauf bei den Frauen.

Mit einer beeindruckenden Vorstellung dominierte die überaus erfolgreich vom Orientierungslauf- ins Berglauf- und Trailrunninglager gewechselten Judith Wyder das Rennen mit einem ausgewogenen Mix aus Asphalt- und Forstwege-Abschnitten und zünftigen Trails mit einem hohen technischen Anteil gut und gerne dreißig Kilometer lang. Als erste Verfolgerin bis zur Muttereralm lief Laura Hottenrott nach ihrem exzellenten vierten Platz beim Vertical Race auf einem Medaillenplatz, musste sich aber dem Ansturm der Französin Clementine Geoffray erwehren, die sich in der Folge im abwechslungsreichen Gelände immer wieder abwechselten.

Bis der zweifachen Jungfrau-Marathonsiegerin der Jahre 2021 und 2022 schier der (Kräfte-)Stecker gezogen wurde, sie büßte auf vornehmlich technisch anspruchsvollen Abschnitten zur Schlickeralm mehr und mehr von ihrem Vorsprung auf die weiteren Verfolger ein und ging sichtlich angeschlagen nach dreißig Kilometer aus dem Rennen.

Mit einer anderen Taktik startete hingegen Daniela Oemus das Rennen an. Die erst nach ihrem sensationellen Erfolg beim Trail-Klassiker Zegama-Aizkorri ins Team nachgerückte Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie rückte mit zunehmender Streckenlänge in die Top 10 vor – und beendete das Rennen als Sechste! „Damit habe ich bewiesen, dass ich hierher gehöre! Vor dem Rennen habe ich mir vorgestellt, dass eine Top 10-Platzierung super wäre. Jetzt habe ich diese und bin superhappy!“ Wegen einer Verletzung im Sprunggelenk hatte sie die gut dreieinhalb Wochen zwischen den beiden Topevents zur Regeneration als zum geregelten Training genutzt. „Anfangs habe ich mir gesagt, du läufst dein Ding und schaust nicht nach den anderen. Vor allem bei den Downhill-Passagen hatte ich etwas Sorgen, aber es ging alles gut!“ Und der Blick zu ihrer Teamkollegin Laura Hottenrott, die so furios das Rennen angegangen war? „Laura habe ich bei Kilometer 23 überholt und wusste, dass ich mich auch weiterhin auf mich konzentrieren muss!“

Durch den Ausstieg von Laura war natürlich die Hoffnung auf eine Teammedaille hinfällig. Zeitweise lag das deutsche Team, für das zudem die sich stetig weiter bis auf Platz 22 vorlaufende Anja Kobs, Lena Laukner und Dioni Gorla starteten, sogar vor Frankreich an der Spitze. Das änderte sich freilich mit zunehmender Streckenlänge. Im Ziel blieb unter 21 Teams Rang sieben hinter Frankreich, der Schweiz und USA auf den Medaillenrängen, gefolgt von Schweden, Spanien, Italien, Deutschland und Großbritannien.

Und den Tagessieg sicherte sich dank ihrer überragenden Bergab-Lauffähigkeiten Clementine Geoffray nach 4:53:12 Stunden und zwei Minuten Vorsprung auf Judith Wyder, die keineswegs enttäuscht wirkte. Und freute sich riesig mit ihrer Teamkollegin Theresa Leboeuf, die mit einem respektablen Rückstand von 16 Minuten die Bronzemedaille gewann. „Bergab hatte ich Probleme“, gestand Judith Wyder. „Ich bin einige Male gestürzt und bekam Krämpfe. Der Sieg von Clkementine ist absolut verdient…“. Mit neun Minuten Rückstand auf Frankreich durften die Schweizerinnen (zusammen mit Nina Zoller/ Platz 33) eine weitere Silbermedaille in Empfang nehmen.

Stian Angermund ist der anerkannt beste Trailläufer auf der Marathondistanz. Nach einem Auftakt mit dem in Innsbruck lebenden Briten Thomas Roach setzte sich der Vorjahressieger mehr und mehr ab, hatte aber kaum mehr als zwei Minuten Vorsprung auf seinen ersten Verfolger, der sich in kurzer Zeit aber auch in der Trailszene einen exzellenten Namen gemacht hat. Doch auch Thomas Roach musste kämpfen, schließlich rückte der Italiener Luca del Pero bis auf fünfzig Sekunden heran.

„Wir sind sehr schnell gestartet, aber dennoch habe ich versucht, wegzukaufen. Der finale Anstieg war auch für mich sehr hart und ich musste ‚leiden‘. Aber nun bin ich glücklich, denn der WM-Titel war mein großes Ziel in diesem Jahr!“ Mit 4:19:00 Stunden lag der Norweger auch im Ziel gerade 2:18 Minuten vor dem Briten, der seinem Heimatland den Weg zum Mannschaftsgold ebnete.

Sichtlich zufrieden zeigte sich auch Benedikt Hoffmann, der als bester deutscher Läufer sein erklärtes Ziel Top 10 als Zehnter auf den Punkt schaffte. „Das ist meine bislang beste Platzierung bei einer Weltmeisterschaft. Es waren so viele Topathleten am Start, sodass diese Platzierung wirklich zeigt, dass dies meine Disziplin ist!“ Seine Taktik, das Rennen defensiv anzugehen, ist somit vollends aufgegangen. „Mit Stephan Wenk habe ich mir ein tolles Duell geliefert, musste aber beim langen Downhillstück zum Ziel aufpassen, dass er nicht noch einmal herankommen würde.

Der eigentliche Skibergsteiger Marc Dürr schlug sich als 27. sehr achtbar, schließlich konnte er auch den starken Österreicher Hans-Peter Innerhofer in Schach halten, der allerdings mit erheblichen Problemen weit unter seinen eigenen Erwartungen das Ziel erreichte.

Thomas Wanninger sorgte als 40. für das dritte Wertungsresultat, das das DLV-Team wie später auch die Frauen als Siebter beendete. Hinter Großbritannien (13:18:52) belegten Italien (13:26:32) und Frankreich (13:34:38) die weiteren Medaillenplätze, gefolgt von Polen, Norwegen und den USA.

Wilfried Raatz

 

 

 

 

 

 

author: GRR