Blog
18
12
2017

Jannik Arbogast zieht Clemens Bleistein zum Streckenrekord. ©Wilfried Raatz/ wus-media

36. Rheinzaberner Winterlaufserie 2017 – Furioser Auftakt – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

„Wir sind total zufrieden“, gestand Daniel Hochmuth als Chef der Winterlaufserie des TV Rheinzabern nach dem furiosen Auftakt der 36. Auflage, die traditionsgemäß mit dem 10 km-Lauf gestartet wurde.

Durfte er aber auch, denn nach nur 670 Voranmeldungen musste sich das Baumann-Team bei der Erfassung der Nachmeldungen schier die Finger wund tippen, denn letztlich verdoppelte (!) sich praktisch die Teilnehmerzahl.

Am Ende waren 1232 LäuferInnen zum Auftakt der traditionsreichen, weit über die Region hinaus geschätzten Winterlaufserie gelistet. Sicherlich hatte so mancher der potentiellen Starter die Entwicklung des Wetters abgewartet, denn für die Nacht auf Sonntag hatten einige Wetterportale Schnee und glatte Straßen prognosziert.

Aber letztlich sollte es anders kommen: 2° zur Startzeit, kein Wind und viele in beachtlicher Winterform befindliche Läufer stellten sich um 10.05 Uhr dem Starter unweit des historischen Römerbades und der IGS auf der Jockgrimer Straße.

Und die Ergebnisse bei idealen Winter-Laufbedingungen konnten sich sehen lassen. Der mit Ambitionen angereiste Clemens Bleistein überließ im Dress der LG Stadtwerke München nichts dem Zufall, verpflichtete mit Jannik Arbogast einen exzellenten Tempomacher, der ihn vier Kilometer lang auf Streckenrekord anziehen konnte. „Ich habe leider nur vier Kilometer geschafft“, gestand Jannik, „die Windpassagen waren schon etwas anstrengend. Mein Job war heute Tempomacher – und unter dem Strich es ein starkes Training, etwas mehr als im Tempodauerlauf-Bereich“.

Mit 30:32 Minuten sorgte er als Tageszweiter für ein gutes Resultat, für das er sich allerdings merklich strecken musste, denn mit dem im Trikot des TV Alzey laufenden Eritreers Miebale Ademicale (30:40), Jan Lukas Becker (30:43), Jonas Lehmann (30:43) und Johannes Bergdolt (30:45) folgte ihm dichtauf gleich ein Quartett, das die nächsten Ränge ausspurtete.

„Da läufst Du Bestzeit und schaffst damit nicht einmal den Sprung auf das Podest“, wunderte sich Jonas Lehmann im Ziel. Der eigentliche Bergspezialist mit zusehends mehr starken Straßenläufen durfte sich über die Steigerung seines 10 km-Hausrekords auf nunmehr 30:43 Minuten freuen – und dies nach einer langen, Kräfte zehrenden Saison mit einem herausragenden Sieg beim Inferno-Halbmarathon von Lauterbrunnen auf das Schilthorn, dem aus dem James-Bond-Film bekannten Piz Gloria, und dem erneuten Gewinn des Pfälzer Berglauf-Pokals 2017.

Apropos Pfälzer Berglauf-Pokal, mit Simone Raatz stellte sich auch die Frauengewinnerin in Rheinzabern in glänzender Verfassung vor und lief als W40-Siegerin mit 36:04 Minuten sogar noch im Dezember zur Saisonbestzeit und Rang vier „overall“.

Doch jetzt muss der Bogen zu Clemens Bleistein hergestellt werden, dem überragenden Läufer der Auftaktveranstaltung der Winterlaufserie 2017/2018. Der 27jährige Mediziner schaffte mit 29:53 Minuten nicht nur die angestrebte Zeit „unter Dreißig“, sondern auch eine Verbesserung der von Simon Stützel 2015 aufgestellten Streckenrekord von 30:04 Minuten.

In der Saison 2017 hatte sich Clemens Bleistein allerdings etwas rargemacht, da er zum Abschluss seiner Arztausbildung ein praktisches Jahr absolvieren musste. „Jetzt bin ich auf der Suche nach einer Arbeitsstelle, möchte aber sehr gerne in München bleiben, da es mir hier sehr gut gefällt!“ Soweit der berufliche Ausblick des künftigen Internisten.

Wie geht es aber sportlich mit Clemens Bleistein weiter? „Ich bin seit September wieder richtig im Training und bereite die Hallensaison vor. Vielleicht geht es über Silvester für ein paar Tage nach Spanien, aber ansonsten bleibt er in München zur Vorbereitung. Mit Martin Sperlich hat er übrigens ab und an einen sehr starken Trainingspartner, ansonsten ist er viel alleine unterwegs oder auf der Bahn mit einer ambitionierten Jugendgruppe.

Im dichten Feld der Männer, bei dem gleich 25 Läufer unter 33 Minuten blieben, auch auf Rang zehn der in der Kurpfalz-Region mit zahlreichen Siegen aufgefallene Isaac Kibrom (10./ 31:44), der gerade noch vor Wochenfrist bei den Cross-Europameisterschaften in der Slowakei für Deutschland im U20-Wettbewerb eingesetzte Steffen Ulmrich (12./ 31:46) oder Jochen Uhrig, der Überraschungssieger beim Stelvio-Marathon über 42 km und 2.360 m zum Stilfser Joch (17;/ 32;27).

Während bei den Männern die erklärten Favoriten unter sich an der Spitze blieben, war das Rennen der Frauen eine eher offene Angelegenheit, denn mit Melina Tränkle (Heirat am Vortag), Veronica Clio Hähnle-Pohl und Tanja Grießbaum (beide verletzt) fehlten die Protagonistinnen der letzten Jahre. Viele tippten folgerichtig auf Isabele Leibfried, die allerdings nach verletzungsbedingten Ausstieg beim Frankfurt-Marathon offenbar noch nicht wieder im läuferischen Glanz steht (7./ 37:02).

Dafür übersprangen Lena Berg, Johanna Flacke und Eirini Tsoupaki gleich ein komplettes Leistungsniveau und fanden sich zuletzt auf den drei Podestplätzen wieder.

„Unfassbar“ stammelte Lena Berg immer wieder. Die 30jährige Ärztin in der Heidelberger Uni-Klinik für Neurologie war noch vor kurzem in Bad Schönborn eine 37:20 gelaufen und schaffte jetzt den Sprung um glatte zwei Minuten 35:24 Minuten. „Diesen Sprung kann ich mir nicht erklären, zumal ich stückweise alleine gelaufen bin!“ Jetzt hat die Läuferin des TV Schriesheim offenbar Spaß an den kürzeren Distanzen gefunden, sodass die eigentlich einmal anvisierte Marathondistanz noch warten wird. Aber erklärt im gleichen Moment ihre Ambitionen auf den Seriensieg.  

Mit einem starken Schlussteil rückte die 19jährige Johanna Flacke bis auf fünf (!) Sekunden an die Tagessiegerin heran und zeigte sich noch eine Stunde später völlig „geflasht“ über den Quantensprung von einer 38er Zeit auf diese 35:29 Minuten. „Das ist der Hammer!“ Mag sein, und das konnte sie ohne Umschweife zugestehen, kam dieses starke Resultat, das sie damit auf Rang drei der deutschen U20-Bestenliste führt, unter dem Eindruck ihres Starts bei den Cross-Europameisterschaften in Samorin zustande, als sie zusammen mit Miriam Dattke und Lisa Tertsch in der Mannschaft auf Rang sechs laufen konnte.

Den Schritt zur Langstrecke wird Johanna (noch) nicht vollziehen. „Ich bleibe zunächst bei den 1500 m und 3000 m Hindernis!“ Schließlich gilt sie im Nachwuchsbereich noch als unbeschriebenes Blatt, weder ein Bundes- noch ein Landeskader hatte die junge Läuferin bislang gelistet. „Offenbar bin ich jetzt als Nachrückerin im Landeskader!“  

Mit Eirini Tsoupaki bereichert eine 23jährige Griechin auf Zeit die hiesige Laufszene. „Es waren so viele gute Läufer im Feld, die haben mich scheinbar mitgezogen“, erklärt die 23jährige Studentin für Business und Marketing, die seit drei Monaten bei der MTG Mannheim und Christian Stang trainiert und einen Leistungssprung auf jene 35:43 bislang für Utopie gehalten hatte.

Die Winterlaufserie wird am 14. Januar (15 km) und 11. Februar (20 km) fortgesetzt, schon beim zweiten Wertungslauf wird es erste Klarheit geben, wer in der beliebten Serie diesmal die Nase vorne haben wird, Streichresultate jedenfalls wird es bei dieser Serienkonstellation keine geben.

Und dennoch ist eine gewisse Spannung vorprogrammiert.  

Wilfried Raatz
 

author: GRR

Comment
0

Leave a reply