Das Käthe-Kollwitz-Denkmal vom Bildhauer Gustav Seitz im Käthe Kollwitz Park - Foto: Horst Milde
Grüße an Käthe! Gedanken zum Käthe-Kollwitz-Erinnerungslauf durch Berlin am 8. März 2023 – von Dr. Erdmute Nieke
Liebe Käthe, in Deinem Berlin – Du hast hier von 1886 bis 1887 und von 1891 bis 1943 gelebt – haben heute vier Frauen versucht, die Erinnerung an Dich lebendig zu machen.
Heute ist zum fünften Mal zum Weltfrauentag in Berlin Feiertag und wir hatten Zeit, um 24 Kilometer durch die Stadt zu laufen bzw. zu radeln. Dabei haben wir an vierzehn Orten Halt gemacht und über Deine Kunst und über Dein Leben gesprochen.
Kollwitzplatz – Foto: Manuela Mühlhausen
Wir waren an den fünf Orten, an denen Du Deine Ateliers hattest. Zwei Gebäude haben den Zweiten Weltkrieg überlebt, an drei Orten stehen neue Häuser oder der Platz ist einfach nur leer. Die Gebäude der Künstlerinnenschule an der Potsdamer Straße und die Kunsthochschule an der Hardenbergstraße stehen noch. Deine Ateliers am Siegmundshof und auf der Klosterstraße gibt es nicht mehr.
Ehemalige Künstlerinnenschule in der Potsdamer Straße – Foto: Erdmute Nieke
Das große Wohnhaus in der Weißenburger Str. 25 im Prenzlauer Berg, in dem Du über 50 Jahre gelebt und gearbeitet hast, steht nicht mehr. Dafür wurde die Straße nach Dir und wohl auch Deinem Mann Karl, der Arzt war, benannt: Kollwitzstraße.
Auch steht seit 1961 gegenüber Eures Hauses auf dem Kollwitzplatz ein Denkmal für Dich. Da schaust Du ziemlich traurig und erschöpft aus. Du hast in Deinem Leben viel Trauriges und Entsetzliches erlebt: Drei politische Systeme, zwei Weltkriege. Im ersten fiel Dein geliebter Sohn Peter, gerade erst 18 Jahre alt geworden, gleich 1914 in Flandern. Das hat Dein Leben und Deine Kunst geprägt. „Die Welt stürzte für mich zusammen.“ So hast Du es beschrieben.
Dennoch haben wir in Deinen Grafiken und Plastiken neben der Trauer, auch Deinen Blick für die Realität der Zeit und Deinen Lebensmut gesehen.
Der Ort Deiner ersten Ausstellungs- und Verkaufserfolge bei der Ausstellung der Berliner Secession 1899 in Charlottenburg ist heute ein schönes Kino, das Delphi.
Ehemalige Berliner Secession in der Kantstraße – Foto: Iki Freiwald
Das Theater am Schiffbauerdamm, in dem Du 1892 bei der Uraufführung der Weber von Gerhart Hauptmann dabei warst, steht übrigens noch. Dieses Theaterstück hat Dich für Deinen so erfolgreichen Grafik-Zyklus „Ein Weberaufstand“ inspiriert.
Das Frauengefängnis in der Barnimstraße, in der Du mit einer Sondergenehmigung in den Zeiten der Weimarer Republik, die Insassinnen zeichnen durftest, ist heute übrigens ein Verkehrsgarten für Kinder.
Ehemaliges Frauengefängnis in der Barnimstraße – Foto: Manuela Mühlhausen
Das Leichenschauhaus der Charité, in dem Du 1919 den ermordeten Karl Liebknecht, auf Wunsch seiner Witwe gezeichnet hast, ist heute das Institut für katholische und islamische Theologie der Humboldt-Universität. Wir haben gehört, dass Du mit Liebknecht und Luxemburg nicht einer Meinung über den Kommunismus warst, jedoch die Ermordung niederträchtig und empörend gefunden hast. Wir haben ein wenig in Deinen Briefen und Tagebüchern gelesen.
1906 hast Du für die Heimarbeit-Ausstellung ein Plakat gestaltet. Das war der Kaiserin zu politisch, sie hat sich geweigert, die Ausstellung zu besuchen, solange Deine Plakate noch hängen. Das Gebäude der Ausstellung Unter den Linden 38 steht noch. Das Kaiserpaar war wohl kein Fan Deiner Kunst.
Aber noch mehr hast Du wohl unter den Nationalsozialisten leiden müssen! 1933 Ausschluss aus der Akademie der Künste und Aufgabe der Lehraufträge und des Ateliers. 1936 werden Deine berühmten Plastiken „Die trauernden Eltern“, die Du für Deinen Sohn Peter für den Soldatenfriedhof in Flandern bis 1932 geschaffen hast, aus der Berliner Kunstausstellung entfernt. Daran erinnern wir uns an der neue erbauten Akademie der Künste auf dem Pariser Platz.
Am heutigen Bundestag lesen wir in deinem Tagebuch, dass Du am 9. November 1918 bei der Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann aus einem Fenster des Reichstages vor Ort und mit viel Begeisterung dabei warst. Die Aufbruchstimmung am Brandenburger Tor hast Du in einer Skizze festgehalten. Das Brandenburger Tor ist heute ein so wichtiges Wahrzeichen für das wieder vereinigte Berlin. Ein Ort so vieler Geschichten. Auf Deiner Zeichnung „Revolution“ sind die Säulen des Brandenburger Tors gut zu erkennen.
Eines Deiner Kunstwerke, Deine Pietà, die Du 38 Zentimeter groß, 1937 für Deinen Sohn Peter geschaffen hast, ist gewachsen auf 1,6 Meter Größe und steht seit 1993 in der Neuen Wache unter den Linden und erinnert an alle Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft.
Neue Wache Unter den Linden – Foto: Manuela Mühlhausen
An einem Deiner Genussorte haben wir auch Pause gemacht – leider gibt es dieses Haus nicht mehr, wie Du es kanntest. Das Café Josty am Potsdamer Platz, war eines Deiner liebsten Berliner Cafés. Da hast Du viele gute Stunden verbracht, Freundinnen und Freunde getroffen und es Dir auch mal gut gehen lassen können.
UND: Hast mitgezählt? Es waren wirklich vierzehn Orte in Deinem Berlin.
Diese Stadt hat sich sehr verändert und doch können wir auf Deinen Spuren wandeln und uns erinnern an Deinem Mut und Deinen Lebenswillen! Wir haben einen Button getragen mit einem Spruch von 1917 von Dir: „Kraft: das ist, das Leben so zu fassen, wie es ist…!“
Ein guter Gedanke, den wir in unseren Alltag mit nehmen zum Frauentag 2023!
Es grüßen Dich herzlich
- & I. & M. & E
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