Mohammed Mohumed 2020 Tokyo Olympic Games Tokyo, Japan July 29-August 8, 2021 Photo: Andrew McClanahan@PhotoRun Victah1111@aol.com - www.photorun.NET
Mohammed Mohumed – ein begnadetes Talent. Doch längst nicht an seinen Grenzen – Von KLAUS BLUME
Seit Pfingsten haben sie ihn auf dem Schirm – die Chefs der Leichtathletik-Meetings in Oslo, in Rom und selbstverständlich auch in Paris. Denn Mohammed Mohumed aus Dortmund könnte für sie alle eine ganz besondere Zugnummer sein – als jener Läufer, der Kenianern, Äthiopiern und Ugandern endlich zeigt, wo es lang geht.
Wie gerade im polnischen Bydgozcz, wo er über 1500 Meter in der Weltklasse-Zeit von 3:35,69 gewonnen hat. Mohammed Mohumed – endlich ein neuer deutscher Läufer-Star?
Pierre Ayadi, Mohammeds Trainer, wundert sich darüber nicht: „Nach seinem 5000-Meter-Lauf in 13:03,18 – schneller war in Deutschland nur Dieter Baumann – und seinen zwei sehr schnellem 1500-Meter-Rennen haben wir selbstverständlich verschiedene Angebote für große internationale Meetings vorliegen. Doch wir haben stattdessen ursprünglich zwei Wochen Training im Programm vorgesehen, und lediglich einen Wettkampf kurz vor den Deutschen Meisterschaften, die am 25. und 26. Juni in Berlin stattfinden. Dort soll Mohammed seinen Titel über 5000 Meter verteidigen.“ Die 1500 Meter scheinen schon wegen möglicher Rempeleien im Vorlauf ein zu riskantes Unternehmen zu sein.
Das heißt also: Man arbeitet in Dortmund sehr sorgfältig, weil auf lange Sicht geplant wird. Jetzt ist Mohammed Mohumed noch 23 Jahre jung; also braucht er noch gut vier Jahre, will er wirklich auf höchstem Niveau dauerhaft in der Weltspitze bestehen. „Klar“, sagt dazu sein Trainer Pierre Ayadi, „das Diamant-Meeting am 16. Juni in Oslo reizt uns natürlich – die berühmte Traum-Meile dort sollte gerade Mohamed ganz besonders liegen.“ Oder das 5000-Meter-Rennen, drei Tage später in Paris; dort ginge es gegen die Weltspitze aus Afrika, „auch das wäre etwas für ihn“ (Ayadi).
Aber es gehe eben gerade nicht um den schnellen Erfolg in jungen Jahren, sondern um eine komplette Ausbildung. Und die würde nun einmal dauern. Deshalb gehe es jetzt um eher wenige, besonders ausgesuchte Wettkämpfe, bei denen die 10 000 Meter „erstmal nicht zur Debatte stehen“ (Ayadi). Aber die Weltmeisterschaften (15. bis 24. Juli) im amerikanischen Eugene seien dennoch fest geplant, auch die Europameisterschaften danach in München. „Aber überall dort startet er über 5000 Meter, nirgendwo über 1500 Meter.“
Das wird der hiesigen Verbandsführung natürlich ebenso wenig schmecken, wie den Meeting-Direktoren in aller Welt. Doch Pierre Ayadi, ein in der Zunft für seine Sorgfalt hoch geschätzter Coach, weiß natürlich, wo sein Zögling bei achtsamer Arbeit landen könnte, und wohl auch soll: bei Zeiten um 3:30 über 1500 Meter und 12:50 Minuten über 5000 Meter. Also in Weltrekord-Nähe! Derzeit rangiert Mohammed Mohumed, der weithin schnellste deutsche Läufer, über 5000 Meter in der Weltrangliste hinter fünf Afrikanern und dem überragenden Norweger Jakob Ingebrigtsen (13:02,3 Minuten) auf Platz sieben. Über 1500 Meter reiht er sich lediglich auf Platz 15 ein; in Europa ist er jedoch schon Drittschnellster.
Das alles verheißt Siege, Rekorde und Medaillen. Doch Ayadi bleibt vorsichtig. Er weiß, Mohammed Mohumed kann bei den Europameisterschaften (15. bis 21. August) in München bereits den Titel über 5000 Meter gewinnen, doch er spricht so etwas nicht aus. Vielmehr sagt er: „Das alles richtet sich nach dem Verlauf der Saison und dem der Weltmeisterschaften.“
Mohammed Mohumed ist zweifellos ein seltenes Talent. Der vor 23 Jahren in Mönchengladbach geborene Sohn somalischer Einwanderer könnte tatsächlich Rekorde laufen und auch Medaillen erkämpfen. Deshalb verläuft jetzt erstmal alles nach Plan: Es gibt schnelle Rennen über 1500 Meter, um die nötige Tempohärte für die klassischen fünf Kilometer zu erlangen. Alles das soll noch zwei Jahre lang so weiter gehen – bis Olympia 2024 in Paris.
Vorher wollen Pierre Ayadi und sein Schützling allen Verlockungen widerstehen. Und lieber in aller Abgeschiedenheit in Afrika oder Südamerika in den Bergen trainieren.
Wie sagt Pierre Ayadi doch: „Wettkampf-Ergebnisse sind zwar schön, doch allzu ernst sollt man sie nun auch nicht nehmen.“
Klaus Blume
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