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17
05
2022

Radrennen - Symbolbild - Foto: Horst Milde

Giro d‘ Italia – Wenn ein Olympiasieger zum „Anfahrer“ wird – Von KLAUS BLUME

By GRR 0

Michael Morkow aus Hovedstaden in Dänemark ist in seiner Heimat populär wie kaum ein anderer Sportler. Olympiasieger 2022 in Tokio, gemeinsam mit seinem Landsmann Lasse Hansen im Team-Fahren auf der Bahn. Weltmeister 2009. Daheim, in Kopenhagen, von der Königin empfangen und öffentlich geehrt. Doch beim Giro d‘Italia war nicht er, sondern der Engländer Mark Cavendish der Boss im belgischen Spitzenteam Quick Step – Alpha Vinyl. Morkow, der Olympiasieger von Tokio diente Cavendish im Getümmel des jeweiligen Etappensprints nur als Anfahrer.

Morkow boxte für Cavendish – mittenmang aller Sprinter – den Weg für die letzten Meter frei, mit siebzig Sachen – und ausgefahrenem Ellenbogen. Dann fuhr er links raus, und stellte seinen Kapitän auf den letzten Metern „allein in den Wind“, wie sie diesen letzten Akt nennen. Morkow: „Es war dann meine Aufgabe, Mark geschickt nach vorne zu bringen.“ Warum? „Weil Mark eine Legende ist. Ich bin stolz, für ihn den Buckel krumm machen zu dürfen. Ihm zu helfen, auf höchstem Level Siege einzufahren, macht schließlich auch mich stolz.“

In keinem anderen Sport wird, vor allem die unausgesprochene Teamorder, so streng beachtet, wie im professionellen Radsport. Wobei für die Helfer gern der aus dem Französischen übernommene Begriff „Domestik“ benutzt wird. Die Domestiken, die Helfer, schaffen für die Stars ihres Teams Getränke heran, bieten ihnen Windschatten, führen sie nach einer Panne wieder ans Feld heran und überwachen die wichtigsten Gegner. Die sogenannten „Edel-Domestiken“ – gewissermaßen die stellvertretenden Kapitäne – müssen ihre Chefs aber sofort ersetzen, wenn es die Lage des Rennens erfordert.

So war der Engländer Georghegan Hart beim Giro 2020 als Helfer eingeplant. Er sollte beim Spizte-Team Ineos-Grenadiers den früheren Tour-Sieger Geraint Thomas in den Bergen unterstützen. Doch als Thomas nach einem Sturz ausschied, musste sein Edel-Helfer Hart ran. „Es macht einen natürlich auch stolz, wenn dann ein zweimaliger Weltmeister für dich fährt“, erzählt Hart über seinen australischen Teamkollegen Rohan Dennis, der ihn fortan in den Bergen den Weg zum Gesamtsieg des Giro ebnen musste.

Doch zurück zu Michael Morkow, der – weltweit – als bester und auch bestbezahlter Anfahrer gilt. Weil er mit Fieber nach Hause flog, muss sein Boss Mark Cavendish ausgerechnet die Flachetappen der zweiten Woche ohne ihn. bestreiten. Wie er das bewerkstelligt? Man wird sehen. In wenigen Tagen wird Cavendish, einst auch Olympiasieger und Weltmeister, 37 Jahre alt.

Der Mann von der sturmumtosten Isle of Man hat bisher 150 Profi-Siege auf seinem Konto. Er kennt jeden schmutzigen Trick in diesem nicht allzu feinen Geschäft, und wendet ihn auch an. Von nichts kommt schließlich nichts.

Klaus Blume
Uhlenhorster Weg 2
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