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2022

Berliner 10 km Lauf für Gefangene in der JVA Plötzensee - Logo: GRR

Sechster Berliner 10 km Lauf für Gefangene am 6. Mai 2022 – schon eine Tradition in der JVA Plötzensee!

By GRR 0

Am Freitag, dem 10. Oktober 2014 fand in der JVA Plötzensee in Berlin eine Premiere statt: Der 1. Berliner 10 km Lauf für Gefangene (damals noch „Knästelauf“) in einer Berliner Justizvollzugsanstalt fand statt. Mit 25 Gefangenen und 12 „externen“ Teilnehmern begann es.

Der Berliner Lauf wurde in den ersten Jahren in den Medien – aus welchen Gründen auch immer – von der Berliner Justiz leider „totgeschwiegen“. Das änderte sich erst ab 2018/2019 glücklicherweise als der Justiz-Pressesprecher Sebastian Brux  die Kollegen der Medien zum Mitlaufen aufrief und er selbst als Läufer teilnahm.

Positive Effekte von sportlichen Aktivitäten von Gefangenen mit eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten – die über Liegestütze und Kraftübungen hinausgehen – sind unstrittig und bieten eine besondere Motivation. Laufen und Lauftherapie im Gefängnis sind ein Stresspuffer und sollen den Gefängnisstress der Häftlinge mindern. Die antidepressive und stressreduzierende Wirkung des Laufens ist wissenschaftlich bewiesen und deswegen ist Laufen in Gefängnissen ein wichtiger Bestandteil zur Resozialisierung.

Laufen in Gefängnissen ist den JVAs Deutschlands nichts Neues:

Seit 2006 gibt es den „Knastmarathon“ in der JVA Darmstadt mit großem Erfolg. Der Olympiasieger 1992 über 5000 m Dieter Baumann unterstützt seit 2007 einen Staffelwettbewerb („Jugend bewegt sich über Grenzen“), an dem sich inzwischen Gefangene aus Jugendstrafanstalten aus 14 Bundesländern (aber leider ohne Berlin) beteiligen. Die Stärkung eines positiven Selbstbildes und die Verbesserung der Wiedereingliederungschancen durch sinnvolle Freizeitgestaltung im Laufsport in der Haft sind als ein wichtiger Faktor, als therapeutische Maßnahme und als Antidepressivum in der Resozialisierung inzwischen von der Justiz anerkannt.

Der 6. Berliner 10 km Lauf für Gefangene in Plötzensee  findet in diesem Jahr – nach zwei Jahren coronabedingten Ausfällen – glücklicherweise wieder statt mit 46 Gefangenen (davon 6 Frauen) und 41 „externen“ Läufer und Läuferinnen. Corona hat leider auch bei den Gefangenen dazu geführt, dass weniger trainiert werden konnte – und deswegen die Teilnehmerzahl gegenüber 2019 (60 Teilnehmer) etwas rückläufig ist.

Start ist am 6. Mai 2022 um 16.00 Uhr – es gibt keinen Startschuss, sondern ein Count-down zählen.

Sebastian Brux und Benedikt Lux, zwei Teilnehmer des Berliner Abgeordnetenhauses, sind als prominente „externe Läufer“ gemeldet. Sogar ein Schweizer Gastläufer aus Basel, Benedikt Morandi hat sich gemeldet. Er ist ein erfahrener Marathonläufer, der aber die Chance wahrnimmt, an einem nicht alltäglichen Lauf unter besonderen Bedingungen teilzunehmen.

Neben der allgemeinen Organisation durch die Verantwortlichen der sozialpädagogischen Abteilung der JVA Plötzensee ist German Road Races für die sportliche Organisation zuständig und stellt für dieses Event auch externe Helferinnen und Helfer zur Verfügung.

Die Laufstrecke ist eine 1.000m-Runde auf dem Gelände der JVA Plötzensee und der Jugendstrafanstalt. Sie muss zehn Mal absolviert werden. Vermessen wurde die Strecke vom World Athletics/AIMS-A-grade-Vermesser John Kunkeler, der u.a. auch die Laufstrecke des BERLIN-MARATHON und des Berliner Halbmarathon genau und penibel vermisst. Die Strecke ist wettkampfgerecht vermessen, wenn Rekorde gelaufen würden, müssten sie offiziell anerkannt werden.

Der Streckenrekord der Männer liegt bei 39:10 min. (Axel K./2015), der Streckenrekord der Frauen bei 47:33 min. (Mohamad K. 2016).

Der Berliner Leichtathletik-Verband (BLV) schickt vier offizielle Kampfrichter, damit die Ergebnisse beim Verband gelistet werden können

Natürlich gibt es wie bei jeder Laufveranstaltung Preise. Die ersten Sechs (der Gefangenen) erhalten Pokale, Urkunden, BERLIN-MARATHON-Jacken (die sehr begehrt sind), Urkunden und ebenfalls T-shirts und Sportsachen vom ISTAF Berlin. Zum ersten Mal vergibt die Verwaltung ein „hausinternes T-shirt“ mit dem Logo der Veranstaltung eines Sponsors an alle Teilnehmer/-innen und Helfer/-innen.

„SCC Events“, der Veranstalter des BERLIN-MARATHON, stellt neben Jacken und T-shirts u.a. auch weiteres Organisationsmaterial zur Verfügung, auch das ISTAF Berlin steht mit Laufausrüstungen den Gefangenen zur Seite.

Es ist geplant den einzelnen Trainern, Übungsleitern, bzw. den Sportbediensteten der sieben Berliner Anstalten eine Anzahl  T -shirts vom BERLIN-MARATHON und ISTAF BERLIN als Anreiz und Belohnung für die Häftlinge für das Training zur Verfügung zu stellen

Auch das ABC Zentrum Berlin e.V. (Zeitmessuhr) und das Sportamt Charlottenburg-Wilmersdorf sind mit dem Rundenzähler (Glocke) mit  technischer Ausrüstung helfend dabei

Zur Unterhaltung der Besucherinnen und Besucher spielt die „hauseigene Band“ der JVA „Notorius booknumbers“ bestehend aus Inhaftierten und dem Musiklehrer Jürgen Bailey.

Betreut und unterstützt wird die Veranstaltung von den Bediensteten der teilnehmenden Justizvollzugsanstalten, aber auch von ehrenamtlich Helfenden von „draußen“. Die Ehrenamtlichen übernehmen Aufgaben wie Streckenposten, Rundenzählen, Ausgabe von Startnummern, Urkunden, Getränken oder Verpflegung.

Da wegen des Veranstaltungsortes besondere Zugangsregelungen gelten,  erhalten alle Teilnehmer/-innen und Helfer/-innen per email die Verwaltungsregeln der JVA zugeschickt – und die „sportlichen Regeln“ vom OK, die natürlich etwas anders sind, als  beim BERLIN-MARATHON!

German Road Races (GRR) e.V. unterstützt diese Veranstaltung mit Knowhow,  mit Startnummern und Urkunden. Diese Lauf-Veranstaltung ist nicht nur für die Berliner Justiz eine besondere Veranstaltung – und damit ein besonderes „Aushängeschild“ der Justiz – als auch für German Road Races eine Musterveranstaltung  den Laufsport allen Mitgliedern der Gesellschaft als Seelentherapeutikum näher zu bringen.

Horst Milde

Die „sportlichen Informationen“ für Läufer:innen und Helfer:innen

Liebe Läufer:innen und liebe Helfer:innen,
wir freuen uns sehr, dass der 6. Berliner 10 km-Lauf für Gefangene in der JVA Plötzensee stattfinden kann – nach zweijähriger Pandemie bedingter Unterbrechung – und dass Ihr laufend oder helfend bei dieser außergewöhnlichen Veranstaltung dabei seid.
Die Anstaltsleitung schickt Euch die nötigen Sicherheitsvorschriften für den Aufenthalt in einer JVA. Sie befinden sich in den Teilnahmebedingungen im Anhang.

Bitte beachtet die Teilnahmebedingungen, die Ihr mit Eintritt in die JVA Plötzensee anerkennt. Bitte befolgt die Hinweise der Bediensteten, insbesondere im Falle eines Alarms.

Wir – das „externe“ Orgateam – fassen hier die lauf-sportlichen Informationen zusammen, damit die Veranstaltung organisatorisch gelingt.

Bitte lest alles genau durch, weil dieser Lauf etwas anders etwas abläuft, als der BERLIN-MARATHON:

Organisatorisches für alle:

  • Wir erwarten Euch an der Pforte I der JVA-Plötzensee, Friedrich-Olbricht-Damm 16, 13627 Berlin.
  • Bitte bringt Euren Pass oder Personalausweis mit.
  • Lasst, sofern möglich, die Handys zu Hause.
  • Corona-Einlassbedingungen: Es gilt das tagesaktuelle Testergebnis.
  • Ferner ist in geschlossenen Räumen (Umkleide, Toiletten) eine FFP2-Maske zu tragen. Im Übrigen sind die einschlägigen Abstandsregeln einzuhalten.
  • Orientierung auf dem Hof der JVA durch aufgehängte Übersichtszettel.
  • Umkleiden und Toiletten (Frauen/Männer getrennt) sind vorhanden (keine Duschmöglichkeiten).
  • Eine Ansprache durch den Anstaltsleiter der JVA Plötzensee findet kurz vor dem Start statt.
  • Die Anstaltsband wird live Musik machen und für gute Stimmung sorgen.
  • Die Kommunikation zwischen allen Internen und Externen ist erlaubt und gewünscht. TIPP: Fragt Läufer:innen mit roten Startnummern bitte niemals, warum sie im Gefängnis sind. Alle Themen um Sport und Fitness sind dagegen sehr beliebt.

Für Läufer:innen (nach dem Durchlass an der JVA-Pforte I ab 14.30 Uhr):

  •  Startnummern (weiß) und Sicherheitsnadeln am Stand abholen und Startnummer gut sichtbar für Kampfrichter und Rundenzähler auf der Brust befestigen.
  • Erinnerungs-T-Shirt wird zusammen mit der Startnummer in einer Einheitsgröße für alle ausgegeben, Ihr könnt es zum Lauf tragen oder zu Hause über das Sofa hängen.
  • Ansagen während des Laufes durch John Kunkeler
  • Start: 16.00 Uhr mit gemeinsamen Countdown zählen
  • Lauf-Strecke (zertifiziert): 1000 m – 10 Runden sind zu laufen
  • Führung durch einen Radfahrer
  • Anzeigetafel mit Angabe der noch zu laufenden Runden.
  • Besonderheit: Vor der letzten Runde erhält jede:r Läufer:in vom jeweiligen Rundenzähler eine Papprolle mit der jeweiligen Startnummer, diese muss im Ziel sichtbar in der Hand gehalten werden als Kontrolle für die Kampfrichter.
  • Strecke ist gesichert durch Streckenposten.
  • Die Zeitnahme erfolgt durch BLV-Kampfrichter.
  • JVA-Spezial-Regel: Der führende Läufer mit einer roten Startnummer darf nicht überholt werden!
  • Erfrischung (Wasser) ist in jeder Runde an einem VP-Stand möglich.
  • Zielverpflegung: Getränke, Obst, Müsliriegel.
  • Eine Urkunde mit Zielzeit und Platzierung (M/W ohne Altersklassenwertung) für alle Läufer:innen erhaltet Ihr am Stand. WICHTIG: Urkunden für Läufer:innen mit roten Startnummern werden bevorzugt ausgegeben, bitte bringt etwas Geduld bei der Urkundenausgabe mit.
  • Sieger:innen-Ehrung: Erste drei Frauen/Männer (weiße Startnummer) mit einem Blumenstrauß.

Für Helfer:innen (nach dem Durchlass an der JVA Pforte I ab 14 Uhr)

  • Bitte meldet Euch am Stand zur Aufgabenübernahme.
  • Aufgaben: Rundenzähler:innen (Einweisung durch Kampfrichter und John Kunkeler), Streckenposten (so nicht genügend Bedienstete dabei sind), Betreuung des VP-Standes (zwei Helfer:innen).
  • Verpflegung für Helfer:innen: Getränke, Obst, Müsliriegel
  • Erinnerungs-Urkunde und Erinnerungs-T-Shirts gibt es auch für alle Helfer:innen.

Wir freuen uns auf Euch und wünschen Euch schon jetzt viel Spaß bei diesem besonderen Lauf für Gefangene!

Organisations OK: Erdmute Nieke, John Kunkeler, Reinhard Roecher und Horst Milde

 

 

https://germanroadraces.de/?p=122637

Justizvollzugsanstalt Plötzensee

Die JVA Plötzensee befindet sich angrenzend an die Stadtautobahn A100 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und besteht aus zwei großen Geländekomplexen mit historischer Vergangenheit. Die Anstalt in dieser Form existiert seit 2013.

Der Haftbereich ist ausschließlich mit erwachsenen männlichen Gefangenen belegt und gliedert sich in drei Teilanstalten. In diesen befinden sich Unterbringungsbereiche des geschlossenen und offenen Vollzugs. Zudem werden in der JVA Plötzensee Ersatzfreiheitstrafen vollstreckt.

Die rund 656 Mitarbeitenden aus zahlreichen unterschiedlichen Berufsgruppen sowie 283 Anwärter/innen erfüllen täglich Hand in Hand den gesetzlichen Auftrag. Sie gestalten und sichern alle Prozesse rund um die Betreuung der auf 653 Haftplätzen untergebrachten Gefangenen.

Die Anstalt ist darüber hinaus zentraler Dienstleister für den gesamten Berliner Justizvollzug. Hierzu gehören z.B. die Zentrale Fahrbereitschaft der Berliner Justiz, das Zentrale Verpflegungsmanagement sowie eine Wäscherei.

Anstaltsübergreifend gewährleistet die Anstalt auch die medizinische Versorgung aller Berliner Gefangenen durch das sich auf dem Gelände befindliche Justizvollzugskrankenhaus.

Ebenfalls zur JVA Plötzensee zugehörig sind die Zentrale IT-Stelle der Berliner Justizvollzugsanstalten und der Sozialen Dienste der Justiz, das Mietermanagement für Justizvollzugsanstalten, die Bildungsstätte Justizvollzug Berlin sowie der Kriminologische Dienst für den Berliner Justizvollzug und Sozialen Dienste der Justiz, welche in vier Kompetenzzentren strukturiert sind.

Justizvollzugsanstalt Plötzensee, ehem. Justizvollzugsanstalt Charlottenburg, Jugendstrafanstalt Berlin

Ehem. Strafgefängnis Plötzensee, Gesamtanlage unter Denkmalschutz

Das damals größte Gefängnis Deutschlands wurde 1868-79 von Heinrich Ludwig Herrmann unter Beteiligung von Paul Emanuel Spieker und Hesse erbaut. Eine der frühesten Berliner Gefängnisanlagen mit lockerer Bebauung in Rohziegelbauweise: Torhaus, Gefängnistrakte, Beamtenwohnhäuser, Küchenbauten, Kessel- und Maschinenhaus, Anstaltskirche im oberen Stock des Hauptgebäudes. Das Gefängnis galt als eine der modernsten Haftanlagen Europas.

1.200 Strafgefangene waren hier untergebracht. 1939 Abriss des jüdischen Tempels.

Im NS-Zuchthaus Plötzensee wurden etwa 2.500 Männer, Frauen und Jugendliche durch Fallbeil oder Strick hingerichtetet, darunter zahlreiche Widerstandskämpfer.

Teilweise Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Danach diente das Strafgefängnis bis 1987 als Jugendstrafanstalt. Dann wurde es als JVA Plötzensee zu einer Einrichtung des offenen Männervollzugs.

Auf dem Gelände wurde 1952 die Gedenkstätte Plötzensee für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet.

1980-87 entstand als Neubau unter Einbeziehung einiger alter Gebäude die Jugendstrafanstalt Berlin mit 448 Haftplätzen.

Auf der Südseite des Friedrich-Olbricht-Damms wurde 1983 die JVA Charlottenburg fertig gestellt, ursprünglich für weibliche Strafgefangene im geschlossenen Vollzug, seit 1998 mit 210 Haftplätzen für männliche Strafgefangene im geschlossenen Vollzug und mittlerweile mit der JVA Plötzensee fusioniert.

Quelle: Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf

 

 

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