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18
05
2022

Die Europameisterin Bettina Englisch von der TSG 1845 Heilbronn) über die Halbmarathondistanz - Foto: Wilfried Raatz - wus-media

9 x Gold für deutsche Läufer und Geher in Grosseto/ITA – European Master Athletics Championships Non Stadia 2022 werden zum Triumpf für die Gastgeber mit 105 (!) Goldmedaillen – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Deutschland in der Nationenwertung hinter Italien, Spanien und der Schweiz auf Rang vier

Mit 105 Goldmedaillen und zudem 58 Silber- und 46 Bronze-Medaillen gelang Gastgeber Italien bei den European Master Athletics Championships Non Stadia im toskanischen Grosseto eine überragende Demonstration der Leistungsfähigkeit im Ausdauerbereich. Blau triumphierte nahezu komplett an den drei Wettkampftagen am Sports Center Via Mercurio und im Parco Sandro Pertini in den Lauf- und den Gehwettbewerben bei Temperaturen bis 28° Celsius.

Im Medaillenspiegel folgte Spanien mit 24 Goldmedaillen vor der Schweiz (10) und Deutschland, die neben 9 Goldmedaillen jeweils 10 mal Silber und Bronze gewinnen konnten. Frankreich (7), Großbritannien (6) und Portugal (6) folgten dahinter auf den Plätzen fünf bis sieben.

Eifrigste Medaillensammlerin im deutschen Team, das seit vielen Jahren bereits von Karl-Heinz Flucke vor Ort betreut wurde, war Brigitte Nittel vom SV Kirchzarten mit drei Goldmedaillen in der W75-Klasse. Zum Auftakt sicherte sie sich am Freitagabend den 10 km-Titel nach 1:00:03 Stunden und einem fast zehnminütigen Vorsprung vor der Tschechin Miloslava Rocnakova (1:09:57). Bereits am frühen Samstag folgte Titel Nummer 2 nach 27:12 Minuten und elf Minuten Vorsprung auf die Lettin Inta Liepa, während ihre tschechische Konkurrentin vorzeitig disqualifiziert wurde. Den Halbmarathontitel sicherte sie sich mangels anderer Konkurrenz im Alleingang nach 2:12:10 Stunden.

 

European Masters Athletics Championships in Grosseto/ITA Banner – Foto: Wilfried Raatz – wus-media

Für das hochwertigste Resultat sorgte am Finaltag Bettina Englisch von der TSG 1845 Heilbronn) über die Halbmarathondistanz. Die 43jährige bezwang eine Woche nach ihrem Sieg beim Trollinger-Halbmarathon nach einem spannenden Zweikampf die Italienerin Silvia Tamburi, die zwei (!) Sekunden dahinter ins Ziel als Zweite einlief. „Plötzlich, bei Kilometer 19, tauchte die Goldmedaille vor meinen Augen auf, nachdem ich bislang sicher auf Rang zwei gelegen hatte“, schilderte Bettina den finalen Rennverlauf. „Zuerst dachte ich, einfach ruhig verhalten, nicht bemerkbar machen und taktisch dahinter bleiben! Doch dass dies in deren Heimatland nicht möglich war, das musste ich doch schnell feststellen. Also gab es nur eine Option: Attacke! Blitzschnell vorbei und den psychologischen Vorteil nutzen!“

Gesagt, getan. Mit Raphael Arnold (TSG Schwäbisch Hall) und 5 km-Vize-Europameister Michael Lang (SV Amberg) als treue Wegbegleiter ging es – eher in ruhigem „Fahrwasser“ – dem Ziel entgegen. Bis die Italienerin zum Schlussangriff ansetzte. „Gott sei Dank, diesen konnte ich knapp für mich entscheiden. Puhhh… das Gefühl war einfach der Wahnsinn!“ Der Rest war Party bei der Heilbronnerin, die zudem an diesem Tag den 18. Hochzeitstag mit ihrem Konrad feiern konnte! „Ich bin immer noch total geflasht und unglaublich dankbar“, so Bettina Englisch noch Stunden später.

Ein nicht minder spannendes Rennen hatte es bereits am Freitagabend über die 10 km-Distanz gegeben. Während die tagesschnellste Läuferin Martina Facciani im dichten Pulk der Männer souverän zum Sieg der W35-Klasse in 34:44 Minuten kam, spitzte sich bei der W45-Kategorie das Rennen zwischen den beiden Italienerinnen mit afrikanischen Wurzeln Hodan Mohamed Mohamud und Sonia Conceicao Lopes und Simone Raatz (ASC Darmstadt) auf dem Zwei-Runden-Kurs mehr und mehr zu, auch wenn im Ziel die Endzeiten von 36:38 (Mohamed Mohumed), 37:05 (Conceicao Lopes) und 37:20 (Raatz) eine gewisse Deutlichkeit verrieten. „Ich bin mit der Bronzemedaille sehr zufrieden, mehr war gegen die beiden starken Italienerinnen heute nicht drin!“ kommentierte Simone ihren starken Auftritt mit Blick auf die dahinter folgenden Konkurrentinnen. Während die Meisterschaften am Samstag mit dem 5 km-Lauf fortgesetzt wurde, eilte Simone Raatz nach dem Rückflug nach Frankfurt ins badische Bühlertal, um dort den über 9,9 km und 776 Höhenmeter führenden Hundseck-Berglauf nach 2019 zum zweiten Mal zu gewinnen.

Am frühen Samstag holte sich Hodan Mohamed Mohumed vor wiederum Sonia Conceicao Lopez auch den 5 km-Titel (17:22 zu 17:58), den W35-Titel sicherte sich hingegen die Portugiesin Andreia Santos (17:00) vor Valentina Facciani (17:19).

Für die weiteren Titel sorgten die Geher Ursula Klink (W75, TV Groß-Gerau) über 10 km und 20 km Stefan Lehmann (M70, Polizei-SV Berlin) und die Teams M50 und M60 über die 30 km-Distanz.

Keineswegs Glanzstücke waren im Gegensatz zu den Leistungen der italienischen Läufer und Gehern die organisatorischen Strukturen vor Ort. So tümmelten sich am Freitagabend dichtgedrängt die 10 km-Starter im sogenannten Callroom, der aus drei quer gestellten Tischen bestand – und mangels Kontrolllisten wurden letztlich die 400 Starter in den Startraum hereingelassen. Die angekündigten Ergebnislisten ließen selbst bis nach der mit massiver Verspätung durchgeführten Siegerehrungen noch auf sich warten, ehe diese kurz vor Mitternacht veröffentlicht wurden.

Das Eventgelände mit Startnummernausgabe, Catering und einer mehr als überschaubaren Laufmesse zudem keineswegs meisterschaftswürdig. Ehrlich gesagt, die italienischen Organisatoren der FIDAL können es besser…

Wilfried Raatz

 

 

 

 

author: GRR