Fukuoka Marathon 2014 ©Helmut Winter
68. Fukuoka-Marathon 2014: Na endlich! Eine Vorschau von Helmut Winter
Nach einem ereignisreichen Herbst in der internationalen Marathonszene, in dem vor allem der neue Fabelweltrekord bei den Männern sowie ein vermeintlicher Dopingskandal bei den Frauen die Schlagzeilen bestimmten, stellt in guter Tradition der Marathon im südjapanischen Fukuoka einen der letzten Höhepunkte einer langen Saison dar.
Und die „Tradition" steht bei dieser Veranstaltung in allen Belangen im Zentrum. Dabei ist es zunächst nichts Nachteiliges, wenn man sich zu den Wurzeln bekennt und Abläufe nach festen, wohl etablierten Schemen realisiert. Nur dass man in Fukuoka die Dinge mit solcher Sturheit verfolgte, dass die großen Events auf globaler Skala den guten Japaner im Sinne des Wortes schlichtweg „davongelaufen" sind.
Ein Blick in die Ergebnislisten der letzten Jahre veranschaulicht dies deutlich: der Fukuoka-Marathon liegt in einem Ranking des Mittels der zehn schnellsten auf einem Kurs erzielten Zeiten mit 2:06:44 abgeschlagen auf einem 13. Rang. Selbst der breiten Öffentlichkeit weniger bekannte Läufe wie der Seoul- oder Eindhoven-Marathon sind an den Japanern vorbeigezogen. Im inländischen Vergleich kommt Tokyo mit 2:06:51 dem Elitemarathon immer näher.
In der Historie war das einmal anders. Fukuoka war bis zum Aufkommen der Stadtmarathons auf breiter Front Anfang der 80er-Jahre das Non-plus-Ultra der globalen Marathonszene. Die Läufer der Weltspitze wurden eingeladen, um sich mit der (konkurrenzfähigen) japanischen Elite zu messen.
Der Australier Derek Clayton lief in Fukuoka 1967 in 2:09:36 als erster Mensch unter 2:10, unerreicht dürfte die Serie von vier Siegen in Folge zwischen 1971 und 1974 des legendären Frank Shorters bleiben.
Auch deutsche Läufer glänzten in Fukuoka. Eckhard Lesse lief dort 1974 als Zweiter in 2:12:03 deutschen Rekord, 1985 und 1987 wurde der Dresdener Jörg Peter in 2:12:16 und 2:11:22 Vierter sowie Dritter, 1988 Michael Heilmann in 2:11:59 Siebter, ein Jahr später Konrad Dobler Sechster in 2:14:07.
Diese Zeiten liegen lange zurück. Der derzeitige Streckenrekord konnte zwar 2009 durch den Äthiopier Tsegaye Kebede auf 2:05:18 gesteigert werden, schneller lief auf japanischem Boden bisher niemand. Aber diese Zeit ist in Fukuoka weitgehend singulär und im globalen Vergleich der Kursrekorde kaum konkurrenzfähig. Ein nicht unwesentlicher Grund für diesen Niedergang dürfte das sture Festhalten an tradierten Abläufen bestehen, die mit der Begrenzung des ausländischen („overseas") Elitekontingent auf 5 Teilnehmer beginnt und bei der Tempogestaltung im ersten Teil des Marathons endet.
Dabei machen die moderaten Durchgangszeiten beim Halbmarathon für die Organisatoren durchaus Sinn, stellen diese sicher, dass ein wesentliches Kontingent heimischer Topathleten bei der TV-Übertragung in der Spitzengruppe auszumachen ist. Bisher ging dieses durch die Medien diktierte Konzept bestens auf, landesweit traumhafte Einschaltquoten von bis zu 50% für die großartigen Übertragungen belegen dies.
Von solchen Quoten, aber auch von der sportlichen Umsetzung der Sendungen kann man hierzulande nur träumen.
Während allerdings auf deutschen Straßen weitgehend ostafrikanische Läufer immer schneller liefen und z.B. Berlin den Weltrekord der Männer im Monopol verwaltet, fiel man sportlich in Fukuoka zurück.
Eine Kehrtwende dieser Entwicklungen wird sich ohne massive Änderungen im Konzept des Fukuoka-Marathons kaum erreichen lassen und schien der Tradition zum Opfer zu fallen. Deshalb kann man kaum ermessen, welche Dinge sich mit dem Lauf am 7. Dezember zu vollziehen scheinen. Aktuell betrifft dies vornehmlich die Zusammensetzung des Elitefelds ausländischer Läufer, das für 2014 eine ungewöhnliche Aufstockung erfuhr. Etwa zehn Läufer stellen nun den Elitepool dar, damit nähert man sich unter Einbeziehung der besten japanische Läufer den gängigen internationalen Standards.
An die Zusammensetzung der Felder von London, Berlin oder Chicago kommt man natürlich noch nicht heran, aber erste Anfänge sind gemacht. Denn neben dem Topstar der Veranstaltung, Ex-Weltrekordler Patrick Makau aus Kenia (PB 2:03:38), werden acht Läufer mit Zeiten unter 2:08 Stunden am Start sein. Alle sind keine Japaner.
Von den Vorleistungen ist natürlich Makau der Favorit, der nach langer Verletzungspause in Fukuoka wieder einen Marathon durchlaufen will. Nur mangelnde Fitness kann die 2:14:10 beim London-Marathon 2013 erklären, das war der letzte Marathon, den er durchlief. Auf dem Weg zurück zum vollen Leistungsniveau zeigte er aufsteigende Form im August 2014 mit 27:57 bei einem 10 km-Lauf in Cape Elisabeth (USA). Aber die „Generalprobe" für Fukuoka war in 1:04:48 beim Valencia-Halbmarathon Mitte Oktober kaum überzeugend.
Somit dürfte bei der starken Konkurrenz der Ausgang in Fukuoka dieses Jahr recht offen sein. Zwei aussichtsreiche Anwärter auf Platz 1 haben schon Erfahrung mit dem Siegen vor Ort, die beiden Gewinner von 2012 und 2013, die Kenianer Joseph Gitau sowie Martin Mathathi, sind wieder am Start. Gitau überraschte vor zwei Jahren in guten 2:06:58, musste sich aber im letzten Jahr durch Mathathi geschlagen gegeben, der in seinem ersten beendeten Marathon gleich gute 2:07:16 erzielte. Dabei lief er einen derart beeindruckenden Schlusspart, dass bei guten Bedingungen und einer ausreichend flotten Durchgangszeit im Halbmarathon eine deutlich schnellere Zeit für möglich erscheint.
Von der Papierform sollte vorne noch der Äthiopier Raji Assefa zu erwarten sein, der lief 2012 beim Paris-Marathon 2:06:24, hat aber seither keine nennenswerte Zeit im Marathon mehr erzielt. In die gleiche Kategorie fällt Yared Asmeron aus Eritrea, der seine Bestzeit von 2:07:27 im koreanischen Chucheon im Jahr 2011 schaffte. Mittlerweile in Japan beheimatet ist der Mongole Ser-Od-Bat-Ochir, der als Vielstarter weitgehend in Japan auftritt und im letzten Jahr statt in Fukuoka in Hofu am Start war und dort bei seinem Sieg seine Bestmarke von 2:09:00 aufstellte.
Übrigens ist der Vielstarter und Medienstar der japanischen Laufszene, Yuki Kawauchi, diesmal mit dem Ziel einer 2:07er-Zeit in Hofu gemeldet, im letzten Jahr wurde er in Fukuoka nach einer dramatischen Aufholjagd in der Schlussphase hinter Mathathi und Gitau noch Dritter. Cuthbert Nyasango (ZIM) war in diesem Jahr in Prag dabei und lief dort 2:09:52.
Aus europäischer Sicht dürfte der Pole Henryk Szost gute Aussichten auf einen vorderen Platz haben. Szost ist regelmäßig bei Marathonläufen in Japan dabei, wo er auch 2012 im strömenden Regen beim Lake Biwa Marathon seinen Hausrekord von 2:07:39 realisierte. Ein erneuter Lauf in diese Dimensionen würde zum Schluss einer langen Saison noch eine neue europäische Jahresbestzeit bedeuten, die Mo Farah beim London-Marathon im April mit 2:08:21 aufstellte. Auch wenn sich seine Hoffnungen auf eine Zeit im Bereich des Europarekords (2:06:30) im letzten Jahr nicht erfüllten, zeigte er in den Vorjahren in Fukuoka sehr gute Leistungen. 2012 wurde er Dritter in 2:08:42, im letzten Jahr Vierter in 2:09:37.
Das Feld von Topathleten aus Übersee runden Jeffrey Eggleston (USA, PB 2:10:54, Gold Coast 2014) und Mekubo Mogusu (KEN, PB 2:11:02, Tokyo 2013) ab. Die Topzeiten von Baranovskyy (UKR) und Macharia (KEN) liegen schon etliche Jahre zurück, so dass diese beiden Veteranen kaum Aussichten im Vorderfeld haben dürften. Dagegen darf man auf das Debut von Benjamin Ngandz (KEN) gespannt sein, der eine Vorleistung von 61:06 im Halbmarathon (Marugame 2012) aufweisen kann.
Wie dem auch sei, die ungewöhnlich lange Liste an ausländischen Topathleten belegt, dass sich in Fukuoka etwas bewegt. Dies kann aber nur ein erster Schritt sein, ein Anfang ist gemacht. Dass der Druck für Neuerungen auch noch andere Gründe haben kann, lässt sich erahnen, wenn man bedenkt, dass am 9. November zum ersten Mal in Fukuoka zusätzlich ein Marathon mit insgesamt über 12.000 Teilnehmern (incl. 5 km-Lauf) stattfand, den der Japaner Tesuya Shoji in 2:27:57 gewann.
Es dürfte sehr interessant werden, wie man mit den Argumenten der lokalen Polizei verfährt, die von der (sicherheits-)technischen Seite eine Zusammenlegung der beiden Veranstaltungen zu einem Großevent nahelegen. Das wäre zwar das Ende vieler Traditionen, würde aber den Start in eine neue Ära bedeuten, die dann noch stärkere internationale Felder am Start sehen könnte.
Da sich momentan eine lawinenartige Gründung von Massenevents in Japan vollzieht, wird sich Fukuoka kaum diesen Entwicklungen entziehen können, zumal für die internationale Reputation hochkarätige Elitefelder zu verpflichten sind. Die Laufszene in Japan und vor allen auch in Fukuoka ist mächtig in Bewegung geraten.
Siege einheimischer Athleten in Fukuoka liegen schon einige Zeit zurück, vor genau 10 Jahren gewann mit Tsuyoshi Ogata in 2:09:10 zu letzten Mal ein Japaner. Vom japanischen Kontingent dürfte Kentaro Nakamoto die größten Chancen auf eine vordere Platzierung haben. Er lief im letzten Jahr in Beppu-Oita 2:08:35, in Meisterschaftsrennen wurde er bei Olympia 2012 Sechster, bei der WM 2013 sogar Fünfter.
Die Wettervorhersagen für Sonntag sind recht günstig, bei Temperaturen um 7°C soll bei bedecktem Himmel nur eine leichte Brise herrschen. Bleibt abzuwarten, ob die Topathleten dies für gute Zeiten nutzen können.
Insgesamt sind bei diesem reinen Männer-Elite-Marathon knapp 500 Teilnehmer gemeldet, für den der Qualifikationsstandard 2:45 beträgt. Und zu dieser Zeit um 2:45:00 wird sekundengenau (auch dies eine der vielen Traditionen vor Ort) das Tor des Heiwadai-Stadions geschlossen, ein Zieleinlauf ist dann nicht mehr möglich.
Helmut Winter
Liste der Eliteathleten 68. Fukuoka Marathon:
Patrick Musyoki Makau |
KEN |
2:03:38 |
Berlin 2011 (WR) |
Raji Assefa |
ETH |
2:06:24 |
Paris 2012 |
Joseph Gitau |
KEN |
2:06:58 |
Fukuoka 2012 |
Dmytro Baranovskyy |
UKR |
2:07:15 |
Fukuoka 2006 |
Martin Mathathi |
KEN |
2:07:16 |
Fukuoka 2013 |
Isaac Macharia |
KEN |
2:07:16 |
Dubai 2008 |
Yared Asmeron |
ERI |
2:07:27 |
Chuncheon 2011 |
Henryk Szost |
POL |
2:07:39 |
Otsu 2012 |
Masakazu Fujiwara |
JPN |
2:08:12 |
Otsu 2003 |
Kentaro Nakamoto |
JPN |
2:08:35 |
Beppu-Oita 2013 |
Ser-Od-Bat-Ochir |
MGL |
2:09:00 |
Hofu 2013 |
Yoshinori Oda |
JPN |
2:09:03 |
Tokyo 2011 |
Cuthbert Nyasango |
ZIM |
2:09:52 |
Prag 2014 |
Tomoya Adachi |
JPN |
2:10:22 |
Otsu 2013 |
Chiharu Takada |
JPN |
2:10:39 |
Fukuoka 2013 |
Jeff Eggleston |
USA |
2:10:52 |
Gold Coast 2014 |
Mekubo Moguso |
KEN |
2:11:02 |
Tokyo 2013 |
Takaaki Koda |
JPN |
2:11:08 |
Tokyo 2011 |
Taiga Ito |
JPN |
2:11:15 |
Tokyo2013 |
Benjamin Ngandu |
KEN |
1:01:06 |
HM, debut |
Die Sieger der letzten Jahre in Fukuoka
2000 |
Atsushi Fujita |
JPN |
2:06:51 CR |
2001 |
Gezahegna Abera |
ETH |
2:09:25 |
2002 |
Gezahegna Abera |
ETH |
2:09:13 |
2003 |
Tomoaki Kunichika |
JPN |
2:07:52 |
2004 |
Tsuyoshi Ogata |
JPN |
2:09:10 |
2005 |
Dmytro Baranovskyy |
UKR |
2:08:29 |
2006 |
Haile Gebrselassie |
ETH |
2:06:52 |
2007 |
Samuel Wanjiru |
KEN |
2:06:39 CR |
2008 |
Tsegaye Kebede |
ETH |
2:06:10 CR |
2009 |
Tsegaye Kebede |
ETH |
2:05:18 CR |
2010 |
Jaouad Gharib |
MAR |
2:08:24 |
2011 |
Josphat Ndambiri |
KEN |
2:07:36 |
2012 |
Joseph Gitau |
KEN |
2:06:58 |
2013 |
Martin Mathathi |
KEN |
2:07:16 |
2014 |
7. Dezember 2014 |
|
Start 12:10 Uhr |
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