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08
04
2007

Vier kenianische Siege und ein anhaltender Teilnehmerboom im Westfälischen

61. Paderborner Osterlauf:

By joerg 0

Stefan Koch und Simret Restle überzeugten trotz Kenia-Übermacht beim Rekordlauf am Ostersamstag – Horst Wiczynski: „Wir müssen uns logistisch etwas einfallen lassen…“

Es bleibt dabei, afrikanische Athleten bestimmen beim traditionsreichsten deutschen Osterlauf das Geschehen. An der Spitze einer kenianischen Phalanx setzte sich Moses Kigen eine Woche nach seinem fünften Rang beim Vattenfall Berliner Halbmarathon im Spurt gegen seinen Landsmann Stanley Salil in 28:02 Minuten durch, um den Hauch von zwei Sekunden verpasste Abel Kirui auf der Halbmarathondistanz den Streckenrekord des im Vorjahr auf dieser Strecke siegreichen Salil bei seinem starken Auftritt in 1:01:32 Stunden. Bei den Frauen wiederholten die Vorjahressieger ihre Erfolge: Über 10 km hatte Peninah Arusei mit 31:46 Minuten gar mehr als eine Minute Vorsprung auf die aus Eritrea stammende Frankfurterin Simret Restle (33:04), während Beatrice Omwanza in 1:11:15 Stunden über die Halbmarathondistanz gleich vor fünf Landsfrauen gewinnen konnte.

„Wahnsinnsmarke geknackt“
„Wir haben eine weitere Wahnsinnsmarke geknackt“, freute sich Race-Director Horst Wiczynski zum Abschluss des mit 61 Auflagen traditionsreichsten aller deutschen Straßenläufe, denn beim Osterlauf im westfälischen Paderborn schrieben sich 8016 Läuferinnen und Läufer ein. In den Hauptwettbeerben waren dies 2 379 über Halbmarathon und 2 831 über 10 km, zudem 796 über 5 km und 1348 bei den Schüler-Wettbewerben. „Damit haben wir innerhalb von zehn Jahren unsere Beteiligung verdoppelt“. Dass dabei die Sporthalle am Maspernplatz, übrigens auch Heimstatt des Basketball-Bundesligisten Paderborn Baskets, aus allen Nähten platzte, ist angesichts des enormen Andrangs auf die Startnummern durchaus verständlich, so dass die Organisation um den zugleich als Vereinspräsidenten fungierenden Horst Wiczynski ihr Veranstaltungskonzept einmal mehr überdenken müssen. Schließlich haben sich die Paderborner bereits in der Vergangenheit in vielfältiger Weise als Trendsetter erwiesen. Die eher scherzhafte Anmerkung, die Strecke künftig in Richtung Detmold verlegen zu wollen, mag eher als ein Hofknicks an die Managerbrüder Wagner verstanden werden können, die in schöner Regelmäßigkeit ein Großteil der Siege und damit auch der ausgeschütteten Preisgelder an der Pader einkassieren können.

Sportlich geht es kaum besser…
Rein sportlich geht es an der Pader kaum besser, es sei denn, es ließen sich einige Athleten aus der ersten Liga verpflichten, was aber keineswegs eine Garantie auf (noch) hochkarätigere Leistungen bedeuten dürfte. Aber auch mit dem „kleineren Geld“ haben es die Paderborner immer wieder verstanden, hochkarätige Ergebnisse durch kompakte Spitzenfelder zu produzieren. Bei Temperaturen um 10 Grad und nach leichtem Nieselregen verpasste bei der 2007er Ausgabe des Paderborner Osterlaufes Moses Kigen den anvisierten 10 km-Streckenrekord des Deutschen Carsten Eich, der vor vierzehn Jahren 27:47 Minuten auf dem Paderborner Asphalt erzielt hatte, nur knapp. Mit 28:02 Minuten sorgte der 24jährige zwar für ein Spitzenergebnis, haderte jedoch etwas mit den äußeren Bedingungen. Bereits in der Vorwoche hatte Kigen beim Vattenfall Berliner Halbmarathon mit 1:00:39 Stunden persönliche Bestzeit erzielen können. In wenigen Tagen wird sich Moses Kigen allerdings wieder aus Europa verabschieden, um sich im Höhencamp beim legendären irischen Pater Colm O’Connel auf die Bahnsaison vorzubereiten, denn der pfeilschnelle Kenianer möchte sich über die 5000 m-Distanz für die Weltmeisterschaften in Osaka qualifizieren. Denn die bislang zu Buche stehenden 13:07 reichen dazu noch nicht aus!

Stefan Koch: Stinkesauer zur Bestzeit
Hinter acht kenianischen Gazellen stürmte mit dem Wattenscheider Stefan Koch der erste weiße Läufer ins Ziel – und durfte zu Recht die Faust in den Wolken verhangenen Himmel recken. Mit 28:54 Minuten blieb der 23jährige, übrigens vor Wochenfrist Dreizehnter in Berlin mit Hausrekord von 1:04:11 Stunden, erstmals unter der 29 Minuten-Marke. „Ich hatte eigentlich etwas Angst davor, dass ich nach dem Halbmarathon noch schwere Beine haben würde, aber es war nicht der Fall!“ freute sich der Schützling von Tono Kirschbaum, der übrigens auch 10 000 m-Europameister Jan Fitschen betreut. War aber zugleich „stinkesauer“, wie er unmissverständlich zum Ausdruck brachte. „So einen chaotischen Start habe ich noch nie erlebt. Ich musste aus der großen Masse der Volksläufer loslaufen und habe deshalb nie meinen Rhythmus gefunden. Wenn ich eine richtige Gruppe gehabt hätte, wäre ich vielleicht zwanzig, dreißig Sekunden schneller gelaufen!“ zeigt der junge Mann aus Rheine auf, wo es bei ihm vielleicht entlang geht. Auf jeden Fall in diesem Jahr bereits an den Start eines Marathonlaufes, Mitte Oktober am Baldeneysee in Essen.

„Der Start war etwas unglücklich“, gestand auch Sascha Wiczynski, Vizechef des Osterlaufes, unmussverständlich ein. „Wir haben das vorgesehene Flatterband bei der Startaufstellung vergessen. Nur deshalb konnten die vielen Freizeitläufer schneller als geplant bis an die Startlinie vorlaufen. Aber keine Angst, die Strecke ist exakt 10 km lang!“ Schließlich lag die Messmatte für die per Championchip gemessene Zeiten an der richtigen Stelle, wenngleich der Start-Torbogen etwas versetzt im Hintergrund stand.

Claudia Dreher im Test für Hamburg
Mit der 23jährigen Simret Restle stürmt eine neue Generation in Deutschland an die Spitze. Die gebürtige Eriträerin ist seit fünf Jahren in Deutschland und mit dem Wiesbadener Jugendtrainer Tim Restle verheiratet. Im Trikot der Frankfurter Eintracht gewann sie vor vier Wochen die Silbermedaille bei den deutschen Crossmeisterschaften hinter Sabrina Mockenhaupt, nun steigerte sie sich in Paderborn über die 10 km-Distanz um eine Minute auf 33:04 Minuten. „Das ist mir eigentlich leicht gefallen“, freute sich Simret in gutem Deutsch über ihren Quantensprung. Zwei Monate hatte sie sich im kenianischen Trainingscamp von Cross-Weltmeisterin Lornah Kiplagat im 2 400 m hoch gelegenen Iten auf die Saison vorbereitet, das erste greifbare Ergebnis durfte sie nun in Paderborn registrieren.

Um Längen voraus allerdings hier die Vorjahressiegerin Peninah Arusei, mit der sie übrigens in Kenia die eine oder andere Trainingseinheit gelaufen war. Die Kenianerin ließ mit 31:46 Minuten keinen Zweifel daran, dass sie erstklassische Ambitionen hat.
Einen ersten Leistungstest vor ihrem Start beim Conergy Hamburg-Marathon absolvierte Claudia Dreher, die nach zwei Trainingslagern in Südafrika und Kenia wieder in Deutschland eingetroffen ist. Die Magdeburgerin blieb mit 34:01 Minuten allerdings nur im starken Frauenfeld Rang acht. Überhaupt nicht in die Gänge gekommen war hingegen Luminita Zaituc, die anfangs an der Seite von Simret Restle und der späteren Dritten Mika Jerotich gesehen wurde, später aber das Rennen vorzeitig beendet hatte.

Nettes Osterei für Timo Zeiler und Petra Maak
Ein nettes Osterei durften auf der Halbmarathondistanz Timo Zeiler und Petra Maak einstreichen, als beste deutsche Starter erhielten sie eine Zusatzprämie von jeweils 1.000 Euro, die ein ortsansässiges Computerunternehmen ausgelobt hatte. Für den deutschen 25jährigen Berglauf-Vizemeister hatte sich damit die 600 Kilometer lange Anreise aus dem schwäbischen Trochtelfingen nicht nur deshalb gelohnt, der eigentliche Spezialist für Läufe mit Höhendifferenzen bis zu 1000 Metern steigerte sich um mehr als eineinhalb Minuten auf 1:09:10 Stunden und belegte im Gesamtklassement Rang sechs. Dagegen zählte Petra Maak viele Jahre lang zur erweiterten nationalen Spitze und ist mit inzwischen 43 Jahren immer noch für erstaunliche Leistungen gut: Als Zehnte wurde sie im Ziel am Maspernplatz mit 1:17:04 Stunden notiert.

„Es wollte keiner Tempo machen, deshalb haben wir die ersten fünf Kilometer gebummelt“, entschuldigte sich praktisch Abel Kirui für ein „Missgeschick“, denn der 24jährige Kenianer lief die zweite Runde derart schnell, dass bei Kilometerabschnitten um 2:50 Minuten fast noch der Streckenrekord von Stanley Salil aus dem Vorjahr gebrochen worden wäre. So gab es „nur“ eine Endzeit von 1:01:32 Stunden, zwei Sekunden über der Rekordmarke. Kirui war übrigens schon im Vorjahr beim real,- Berlin Marathon und der Solovorstellung von Haile Gebrselassie als Tempomacher und späterer Verfolger des äthioplischen Laufasses aufgefallen, der letztlich völlig entkräftet ins Ziel am Brandenburger Tor einlief. „Das passiert mir nie wieder!“ gestand er im Ziel. Angesichts dieser Klassezeit ist von diesem jungen Burschen sicherlich noch einiges zu erwarten.

Auf der 5 km-Distanz gab der deutsche Jugendmeister Johannes Raabe wenige Tage vor seinem Schriftlichen Abitur in Hannover noch rasch eine Kostprobe über seinen aktuellen (sportlichen) Leistungszustand ab. Mit 15:58 Minuten fiel ihm dieser Test sichtlich leicht, am kommenden Freitag wird es allerdings in Mathe, Deutsch und Geschichte ungleich härter. „Es tut schon weh, wenn man weiß, dass die anderen derzeit im Trainingslager sind und ich mich auf das Abi vorbereiten muss. Aber ich hoffe, dass ich bald wieder den Anschluss gefunden habe…“.

Mit 32 Startern ist der Handbike-Wettbewerb inzwischen auch zu einer beachtlichen Größe gewachsen. Mit Vico Merklein und Andrea Eskau konnten sich auf der 10 km-Distanz auch zwei der namhaften deutschen Fahrer erfolgreich in Szene setzen.

Wilfried Raatz

author: joerg

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