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2013

Werbeposter der Freien Universität Berlin für den Berliner Cross-Country-Lauf 1964 ©Horst Milde

50 Jahre Berliner Cross-Country-Lauf – 50 Jahre Volkslauf in Berlin und Deutschland. Vom Teufelsberg nach Döberitz – Horst Milde berichtet

By GRR 0

Am 26./27.10.2013 findet bei Döberitz bei Berlin der 50. Berliner Crosslauf statt. Der Berliner Berliner Cross-Country-Lauf hatte seine Premiere am 8.11.1964 am Teufelsberg und wurde vom Sportreferat der Freien Universität Berlin initiiert.

Da der Berliner Crosslauf den Beginn des Breitensports und Volkslaufes in Berlin und Deutschland markiert, wird im folgenden ein Rückblick auf die historische Entwicklung und die Bedeutung des Berliner Crosslaufes geworfen, sowie der Einfluss dieses Laufes auf die weitere Entwicklung des Laufsportes in Berlin und Deutschland dargestellt.

Eigentlich begann in Berlin alles – wenn man von der „Geburt“ und Entwicklung  des Berliner Cross-Country-Laufes/Volkslaufs spricht – am 7. Januar 1964. Der Sportreferent der Freien Universität Berlin Hartmut Lehmann lud zu einem Ausscheidungslauf am 9. Februar 1964 ein, die Kommilitonen sollten sich, wenn sie an einem internationalen Studentenlauf in Le Mans/Frankreich am 23. Februar 1964 teilnehmen wollen, an der BAK-Waldlaufserie (2. Lauf) sich beteiligen, um sich zu qualifizieren.

Für die Freie Universität Berlin war die Teilnahme in Le Mans ein großer Erfolg, denn Hartmut („Ete“) Lehmann – der Sportreferent der  FU Berlin –  gewann das Rennen und die FU-Mannschaft wurde Zweite. Das war wohl ein schöner Erfolg für die Berliner – aber wichtiger war für einige der Berliner Teilnehmer  die Erkenntnis, einen derartigen Lauf – quer durch das Gelände, bergauf, bergab, über Wiesen, Sand, über Hindernisse und durch Schlammlöcher auch in Berlin zu veranstalten.

Zunächst war es eine fixe Idee, weil man bisher auf „geharkten“ Waldwegen lief – jetzt sollte es aber quer durch Wald und Flur gehen – eben „Cross-Country“!  

Schon im April 1964 schrieb das FU-Sportreferat an die Berliner Vereine, daß man plane  am 8. November  1964 – kurz nach den Olympischen Spielen – „in Verbindung mit  dem Berliner Leichtathletik-Verband“ – einen „Querfeldeinlauf“ durch den Grunewald „auf schwerem Gelände“ mit möglichst großer Beteiligung der Bevölkerung  zu veranstalten.

Es wurden nicht nur die Berliner Leichtathletik-Vereine angeschrieben, sondern alle „sportlich Interessierten, die Ruderer, Kanuten, Radfahrer, die Garnisonen der westlichen Schutzmächte sowie die Abteilungen der Berliner Polizei.

Das war neu, denn bisher gab es Läufe nur für vereinsgebundene Mitglieder – neu war auch, daß jeder im Ziel eine Anstecknadel erhalten sollte, Mannschaften (4 Läufer) einen Pokal. Unterschrieben hatten dieses Schreiben der Sportreferent der Freien Universität Berlin Hartmut  Lehmann, Bernd Hartmann und Horst Milde.

Die Resonanz war positiv. Hans Rieke der Sportwart des Berliner Leichtathletik-Verbandes half sogar bei der Ausgestaltung der offiziellen Ausschreibung – man betrat Neuland durch die Beteiligung  von Vereinslosen. Hans Rieke genehmigte die Veranstaltung mit dem bemerkenswerten Satz: „Die Studenten haben  eh‘  nen Jagdschein“!

Aus heutiger Sicht nicht mehr verständlich: Es gab 3 Wettbewerbe:  Einen Volkslauf über 4,9 km, einen Jugendlauf über 2,5 km und einen Hauptlauf („Cross der Asse“) über 9,9 km  – aber keinen separaten Frauenlauf.

Die Werbung für dieses Ereignis war unüblich, auf dem Kurfürstendamm wurden Handzettel verteilt, beim Bundesligaspiel  von Hertha BSC gab es Werbezettel und Ansagen, in den Mensen der Universitäten wurden die Ausschreibungen ausgelegt und ausgehängt, gelbe Werbeposter hingen in Sportgeschäften aus, was auch bisher nicht üblich war.

Und die Medien zogen mit – alle Zeitungen und Radiosender berichteten schon in Vorschauen auf dieses außergewöhnliche Ereignis, das den „vereinslosen Bürger der Stadt“ ansprach:

Am 8. November 1964 war es dann soweit: Am Auslauf der Rodelbahn am „Trümmerberg“  im Grunewald „war die Hölle los“ als um 10.00 Uhr der erste Startschuss fiel: Die Strecke hatte Rolf-Dieter Kohls, ein bekannter Berliner Langstreckler ausgesucht, der das Gelände wie seine Westentasche kannte.

Es ging tatsächlich über Stock und Stein, Berge rauf und runter,  durch tiefen märkischen Sand, (das war das Panzerübungsgelände der englischen Alliierten), über gefällte Bäume, die der Förster auf Wunsch dort an einigen Stellen  platzierte:

Mit 700 Teilnehmern war es  ein überwältigender Erfolg für die Öffentlichkeit und die Fachwelt. Ekkehard zur Megede, berühmter Fachjournalist des „Tagesspiegel“ und der IAAF schrieb am nächsten Tag mit der Überschrift: „Da flog der Tümmler an dem Hecht vorbei“, denn Bodo Tümmler (SCC), der aufstrebende deutsche  Mittelstreckenstar, „flog gerade mit den Sätzen eines Delphins“  an den bekannten  Berliner Langstreckler Bernd Dieter Hecht (PSV) heran und schlug ihn im Finish.

Rainer Podlesch (Zehlendorfer Eichhörnchen), amtierender Steher-Weltmeister siegt im Volkslauf.  Die Begeisterung der Teilnehmer war überwältigend, die Presse überschlug sich in Lobeshymnen  zu der  Initiative der Studenten. Gerhard  Schlegel, der Vorsitzender des Berliner Leichtathletik-Verbandes gratulierte und beglückwünschte  zum „schönen Erfolg“ – „nun werden wir den Cross-Country-Lauf ganz gewiß als Standard-Veranstaltung in das Leichtathletik- Programm eines jeden Jahres aufnehmen.“

Gleichzeitig wurde mit diesem Lauf auch eine weitere Initiative  realisiert, daß ab jetzt jeden Sonnabend um 15.00 Uhr ein Training an diesem Ort (Auslauf der Rodelbahn am Teufelsberg) für Jedermann angeboten wurde – der Vorläufer, des viel später eingeführten heute sehr populären Lauftreffs. Rudi Martin leitete jahrelang ehrenamtlich dieses Vorbereitungstraining.

1965 wiederholte das FU Sportreferat die Veranstaltung – hier verdoppelte sich die Beteiligung schon auf 1800 Teilnehmer – und hier war auch schon auf den Werbepostern das „Logo“ der Veranstaltung zu erkennen – das Wildschwein! Dieses nette Tier war ständig an der Laufstrecke zu finden und wühlte den Rasen am Auslauf der Rodelbahn auch regelmäßig auf der Suche nach Engerlingen um. 

Ein Partner der Veranstaltung war die Berliner Boulevardzeitung die „BZ“, die Fähnchen für die Streckenbeschilderung „spendierte“ – hier half die Sportredakteur Ekkehard Reinke, dessen Frau eine bekannte lokale Langstreckenläuferin wurde .

Die beiden ersten Cross- Läufe 1964 und 1965 der FU Berlin mit der Teilnahme von „Jedermann“ wirbelten innerhalb des Verbandes die Veranstalterstrukturen ziemlich durcheinander – und zeigten mit deren Initiativen ein Richtungsänderung der Leichtathletik an – den Weg zum Breiten – und Gesundheitssport für die Bevölkerung.

Ab 1966 übernahm der SCC den Crosslauf von der FU, führte aber die Kooperation mit dem „Institut  für Leibeserziehung der FU Berlin“ fort.

Am 13. Oktober 1963 fand in Bobingen/Bayern – bei Augsburg –  der erste „Volkslauf in Deutschland „statt, eine Bezeichnung, an die man sich damals erst noch gewöhnen musste. Otto Hosse, der spätere DLV Volkslaufwart  von  1965 – 1992 – und Herwig Leiter gehörten zu den “Geburtshelfern“ der neuen Laufidee.

Als man in Berlin am 8. November 1964 den 1. Berliner Cross-Country-Lauf aus der Taufe hob, war der Lauf von Bobingen hier völlig unbekannt, da natürlich die Presse in Berlin davon keine Notiz nahm. Insofern kann man den Berliner Cross-Country-Lauf am Teufelsberg  auch – wie Bobingen – als Geburtshelfer und Großmütter der deutschen Volkslaufbewegung ansehen.

Der Berliner Cross-Country Lauf war jahrzehntelang das Aushängeschild des Berliner Laufsports und Vorbild für die anderen Berliner Vereine ähnliche Läufe zu organisieren.

Auf Antrag des SCC  wurden die Deutschen  Waldlaufmeisterschaften des DLV in Deutsche Cross- Country Meisterschaften „umfirmiert“. 1975 und 1981 fanden dann auch hier im Gelände des Teufelsbergs die Deutschen Cross-Country Meisterschaften, sowie  – in Zusammenarbeit mit der FU Berlin – unzählige Deutsche Hochschulmeisterschaften im Cross statt.

Langstreckenstars der nationalen und internationalen Klasse gaben sich im Laufe der Jahrzehnte am Teufelsberg ein Stelldichein. Christoph Kopp war jahrelang für die Verpflichtung der Cross-Topathleten zuständig und bewies immer das "richtige Händchen" für den die wichtigen Sieger/-in. Hier legte Christoph Kopp den Grundstein für seine spätere Karriere als international stark gefragter Manager für die Vermittlung von Topathleten großer Strassenläufe und Marathonläufe.

Nach dem Sieg von Bodo Tümmler (FU/1964),Peter Kubicki (1965) waren Lutz Philipp, Manfred Letzerich, Detlef Uhlemann, Christoph Herle, Don Faircloth (GBR), Edmundo Warnke (CHI), Max Little (AUS), Ken Newton (GBR),  David Clarke (GBR),  Gerhard Hartmann (AUT), Leon Shots (BEL) erfolgreich, auch Dieter Baumann gewann beim Cross, bei den Frauen waren Charlotte Teske, Vera Kemper, Marleen Renders (BEL), Wanda Panfil (POL), Cornelia Bürki (SUI) und selbst Grete Waitz (NOR) erfolgreich.

Der Berliner Cross-Country-Lauf wechselte auch mal das Gelände und zog vom Teufelsberg auf das Maifeld beim Olympiastadion, dann aber nach einiger Zeit wieder zurück nach Eichkamp und seit 2012 auf das Gelände in Döberitz.

Die Begeisterung der deutschen Läufer – und der Trainer – für den Crosslauf ist in Deutschland seit Jahren leider rückläufig, nur der Darmstadt-Cross mit Wilfried Raatz an der Spitze ist eigentlich der „einsame Rufer  in der Wüste“ und zeigt, wie man erfolgreich den Crosslauf organisieren kann und muss. Der Crosslauf ist die Basis für die sportliche Entwicklung der Läufer, er muss wieder die Bedeutung erlangen, wie es im Ausland bestens vorgeführt wird.

Der Berliner Cross-Country-Lauf kann von sich behaupten in seiner historische Bedeutung dem Laufsport in Berlin und Deutschland vielfältige neue wegweisende  Impulse verliehen und bei der Bevölkerung die Bereitschaft ausgelöst zu haben selbst aktiv zu werden und die Laufschuhe zu schnüren, um heutzutage an dem großen Angebot der Vereine mit diversen Straßenlaufen vom 5 Kilometer Lauf bis zum Marathon teilzunehmen – insofern sei den Studenten mit dem "Jagdschein" gedankt!

 

Horst Milde

 

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author: GRR

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