Start Rennsteiglauf 1990 ©Dr. H. Kremer
4. Gesamtdeutscher Rennsteiglauf am 4. Oktober 2014 – Dr. Hans-Georg Kremer berichtet
Wenn am Samstag, den 4. Oktober 26 Frauen und Männer aus ganz Deutschland zum 4. Gesamtdeutschen Rennsteiglauf aufbrechen, dann kann dieser Gruppenlauf auf eine 25jährige Geschichte zurückblicken.
Die Besonderheit wird diesmal sein, dass es zwei Gruppen gibt und dass in entgegengesetzter Richtung gelaufen bzw. gewalkt wird. Eine Gruppe unter Leitung von Peter Ullrich aus Gera, der einzige, der damit bei den 4. Läufen die gesamte Strecke absolviert haben wird, und Jens Panse aus Erfurt, bekannt u.a. als Ultraläufer und Präsidiumsmitglied des GutsMuths-Rennsteiglaufs, wird in Neuhaus am GutsMuths-Gedenkstein starten und gemeinsam bis Blankenstein ca. 55-Kilometer absolvieren.
Die zweite Gruppe unter Leitung von Dr. Hans-Georg Kremer, der sowohl den Rennsteiglauf insgesamt als auch die „Gesamtdeutschen“ ins Leben gerufen hat, startet in Steinbach am Walde. Unter ihnen ist auch Matthias Greifenhagen, „Ex-Bürgermeister“ von Schlettau, der seit 1990 immer dabei war. Diese Gruppe walkt 30-Kilometer ebenfalls zusammen bis zum Ziel nach Blankenstein an der Saale. Integriert ist das Ganze in eine öffentliche 30-Kilometer-Wanderung der Gemeinde Blankenstein, die vom Sport- und Freizeitteam Blankenstein organisiert wird. Der GutsMuths-Rennsteiglaufverein und der USV Jena e. V. unterstützen die Aktion.
Entstanden ist die Idee im Dezember 1989 kurze Zeit nach dem Fall der Mauer, als sich die Kollegen des Bereichs Studentensport der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Ferienobjekt Siegmundsburg am Rennsteig zu einer Klausurberatung trafen und über die weitere Entwicklung des Hochschulsports in Jena berieten.
Bis zum Fall der Mauer im Herbst 1989 war der offiziell begehbare Rennsteig in der DDR etwas über 110 Kilometer. Er reichte von kurz vor dem Vachaer oder Förthaer Stein bei Eisenach bis zum Kriegerdenkmal des Rennsteigvereins bei Ernstthal. Die restlichen Passagen führten durch die Sperrzone bzw. das Grenzgebiet zur BRD oder durch die BRD selber.
Erste kleine, z. T. noch inoffizielle Grenzübergänge am östlichen Teil des Rennsteigs, wo dieser damals noch mehrfach durch die „Staatsgrenze“ der BRD und der DDR durchtrennt wurde, waren unter der Bevölkerung in der Diskussion. Bei einem Skilehrgang mit Studenten im Februar 1990, ebenfalls in Siegmundsburg, waren diese Übergänge zum Teil schon Praxis.
In Ermangelung von Schnee wurden mit den Studenten größere Wanderungen organisiert. Eine führte zum Rennsteig-Grenzübergang nach Tettau, wo der eine oder andere noch das Begrüßungsgeld abholte. Die zweite Wanderung von fast 30-Kilometer führte um den sogenannten Sonneberger Zipfel, ein Stück DDR, welcher weit nach Bayern reicht.
Diese Wanderung führte auf der „Westseite“ der Grenzanlagen entlang und hier wurden Überlegungen angestellt, ob man nicht ähnlich auch den gesamten östlichen Rennsteig bewandern könnte. Am 28. April 1990 erfolgte die offizielle Grenzöffnung am Rennsteig im östlichen Teil durch viel Politprominenz, woran noch heute eine Gedenktafel in der Nähe der Schildwiese bei Tettau erinnert.
Wanderfreunden des in Gründung befindlichen Frankenwaldvereins aus der DDR hatten mit Genehmigung der Behörden auf beiden Seiten schon am 8. März 1989 eine geführte Wanderung auf Teilen des östlichen Rennsteigs organisiert. Das besondere an dieser Wanderung war, dass die Grenzanlagen teilweise schon demontiert waren aber z. B. der bis zu vier Meter hohe Streckgitterzaun noch vollständig erhalten war.
Ein Offizier der DDR-Grenzer begleitete deshalb die Gruppe auf der gesamten Wanderung und holte bei jedem Übergang Handwerkszeug aus seinem Rucksack, schraubte ein Stück des Grenzzaunes ab, um es nach Passieren wieder anzubringen. Er begleitete die Wandergruppe auch auf dem „BRD“-Rennsteigpassagen, bat aber die Wanderer, falls Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) auftauchen sollten, ihn nicht zu verraten.
Ob er befürchtete, dass er in der Zentralen Beweismittel- und Dokumentationsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter eine Akte hätte, hat er nicht geäußert. Damit man ihn nicht gleich erkannte, trug er keine Uniform sondern einen Trainingsanzug, was für Wanderer eher untypisch ist.
Kontakte zum Bundesgrenzschutz gab es bei der Tageswanderung auch nur einmal, in Höhe der „Schönwappensteine“, wo BGS-Beamte etwas zur Rettung der Steine erzählten und ihre gemütlich eingerichtete Grenzbeobachtunghütte zeigten.
Von den Organisatoren des Rennsteiglaufs nahmen an dieser Wanderung Rolf Becker, Volker Kittel, Gunda und Hans-Georg Kremer teil. Dabei wurde die Idee eines Gesamtdeutschen-Rennsteiglaufs auf diesen Stück präzisiert. Er sollte am Vortag des 18. GutsMuths-Rennsteiglaufs als Gruppenlauf von Blankenstein bis Neuhaus am Rennweg führen.
Als Bereichsleiter für Öffentlichkeitsarbeit ( zu DDR-Zeiten „Agitation und Propaganda“) des Rennsteiglaufs hatte Hans-Georg Kremer die Organisation übernommen. Seine Laufgruppe von der BSG Wismut Gera engagierte sich dabei sehr stark. Besonders sein Nachfolger als Verantwortlicher für Freizeit und Erholungssport bei der BSG Wismut, Dr. Martin Nimptsch, legte sich dabei mächtig ins Zeug.
Dazu kamen noch die Organisatoren des Rennsteiglaufs um Volker Kittel, die trotz der Vorbereitung auf den 18. Lauf, der unter schwierigsten politischen Verhältnissen organisiert werden musste, die Zeit und Ideen und auch Kontakte zu Sponsoren usw. in die Vorbereitung eines Laufs über die ehemalige Grenze investierten. Sie sahen dies als wichtige Aufgabe an, um den ganzen Rennsteig in ihre Organisation einzubinden.
Dazu kam, dass sie mit der Idee auch in der „westdeutschen Laufszene“ auf die Alleinstellungsmerkmale des Rennsteiglaufs aufmerksam machen und in einer politisch bewegten Zeit die Medien auf den Rennsteiglauf als Träger gesamtdeutscher Ideen profilieren konnten.
Der Start zum I. Gesamtdeutsche Rennsteiglauf erfolgte dann am 18. Mai 1990 auf bayrischer Seite des Rennsteigursprungs an der Silbitz. Es starteten 21 Männer und zwei Frauen. Insgesamt sechs Mal wurden die zum Teil noch vollständig erhaltenen Grenzanlagen passiert. Über die Hochschulsportgemeinschaft (HSG) Uni Jena konnte ein Wissenschaftlerteam um den Sportmediziner Prof. Dr. Jochen Scheibe gewonnen werden, welches den Lauf über die gesamte Zeit betreute.
Die Werbeagentur macona aus Frankfurt/Main hatte über Sponsoren Bananen, Getränke und medizinisches Verbrauchsmaterial, von der Einreibeemulsion bis zum Pflaster, besorgt. Rennsteiglauforganisatoren in Neuhaus um Dieter Greiner organisierten einen medienwirksamen Empfang. Der Hofer Ausdauerläufer Hubert Becker hatte über den Sporthändler Hopf aus Hof für einheitliche Erinnerungs- T-Shirts gesorgt.
Als besonderes Souvenir erhielten die Teilnehmer im Ziel ein Stück Originalstacheldraht der ehemaligen Grenzanlagen in Form eines R. Fast alle Teilnehmer starteten am nächsten Tag auf einer der beiden Rennsteiglaufstrecken (45 und 65 Kilometer).
Zu den Episoden am Rande gehört, dass auf Grund einer schriftlichen Anfrage, der bayrische Ministerpräsident Max Streibl die Schirmherrschaft über diesen Lauf übernommen hatte. Die noch etwas „unerfahrenen“ Veranstalter aus dem „Osten“ hatten sich davon natürlich auch eine finanzielle oder anderweitige Unterstützung erhofft. Es blieb aber bei einem freundlichem Grußwort.
Am 29. April 2000 organisierte der USV Jena e. V. als Nachfolgeverein der HSG Uni Jena diesen Lauf von Blankenstein nach Neuhaus, der als II. Gesamtdeutscher-Rennsteiglauf in die Geschichte eingegangen ist. Von den 1990er Teilnehmern waren Gerhard Rötzschke, Jürgen Trenkler, Matthias Greifenhagen, Peter Ullrich und Hans-Georg Kremer wieder mit dabei.
Der Termin wurde auf Bitten des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins nicht auf das Rennsteiglauf-Wochenende gelegt, um keine Teilnehmer der Ultra-Marathonszene vom Rennsteiglauf abzuwerben. 36 Läuferinnen und Läufer erreichten gemeinsam das Ziel in Neuhaus.
2010 efolgte die dritte Auflage dieses Laufs.
Insgesamt 24 Läuferinnen und Läufer kamen zur dritten Auflage 2010, darunter Matthias Greifenhagen aus Schlettau (der aber wegen einer Verletzung teilweise mit dem Rad fuhr), Peter Ullrich aus Gera und Dr. Hans-Georg Kremer aus Jena, drei, die schon bei den Vorgängerläufen ins Ziel kamen.
Nicht entgehen ließ sich der Präsident des Rennsteiglaufsvereins, Jürgen Lange, mit seiner Frau die Teilnahmemöglichkeit. Wie schon bei der zweiten Auflage unterstützen Organisatoren in Blankenstein unter Leitung von Dittmar Oechsner das Projekt. An der Strecke waren in Rodacherbrunn die Familie Schwarz, Ursel Wildgrube und ihre Helferinnen in Brennersgrün und Falk Wick vom TSV Tettau auf dem bayrischen Teil des Rennsteigs treue und umsichtige Helfer.
Falk Wick, Präsidiumsmitglied des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins, unterstützt auch in diesem Jahr wieder die Läufer auf dem Teilstück von Spechtsbrunn bis Steinbach am Walde. Dittmar Oechsner koordiniert die Aufgaben von Blankenstein. Der Rennsteiglaufverein beteiligte sich mit der Bereitstellung eines Fahrzeugs.
Als Stamm-Organisations- und Betreuungsteam, welches an allen Verpflegungspunkten für eine gute Versorgung verantwortlich war, waren bei den ersten drei Läufen Gunda Kremer und Maik Masuhr im Einsatz.
Dr. Hans-Georg Kremer
Ablaufplan: Termin: 4. Oktober 2014
Start in Neuhaus (55-Kilometer): 7.00 Uhr am GutsMuths-Gedenkstein vor der Guts-Muths Sporthalle
Start in Steinbach am Walde (30-Kilometer): 9.30 Uhr Schützenhaus
Ziel: Blankenstein
Auszeichnungen: Urkunde und Abzeichen der 30-Kilometer Wanderung, Ehrenurkunde 4. Gesamtdeutscher Rennsteiglauf, Erinnerungspräsent des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins. Erinnerungs-T-Shirts konnten von den Teilnehmern im Vorfeld in Auftrag gegeben werden.