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2015

Der Münchner Trachtenlauf ©München Marathon

30 Jahre München Marathon: 1983 – das war der 1. Olympia City Marathon in München – Erinnerungen – Erwin Fladerer in: Die Bayerische Laufzeitung

By GRR 0

Die Vorgeschichte – Nein, es war nicht der erste Marathon im Münchner Stadtgebiet. Nach dem olympischen Marathonlauf von 1972 war es dem TSV Unterhaching an der Stadtgrenze vorbehalten, einen weiteren Marathonlauf ins Leben zu rufen.

Dr. Erwin Knapeks Idee, weitergeführt von Fritz Witter , versammelte am 30. Mai 1976 gleich 168 Läufer am Start. Einen richtigen Stadtmarathon, eingebunden in das Oktoberfest wollte Alfred Pohlan mit seinem Verein Jahn München im Jahr 1977 veranstalten, am besten auf Dauer.

Für den Laufsport und den ersten „OktoberfestMarathon“, eine Pendelstrecke zwischen Olympiapark und Regattastrecke Oberschleißheim, hatte die Stadt aber wenig Interesse. Pohlan, besser bekannt als „Tarzan“ aber hatte fortan einen festen Platz im Münchner Laufgeschehen. Auch dann als der FVS e.V. mit Hans-Werner Lachner und Ali Schneider mit einem Budget von 500.000 Mark 1983 den 1. Olympia City Marathon startete und Pohlan in Folge als Vorsitzender des neuen Münchner Road Runners Club ein markanter Teil im Münchner Laufgeschehen war.

Wir hörten von einem großen Stadtmarathon
Nachdem wir einige Jahre beim Sommer-Lauftreff in unserem Dorf ein wenig gelaufen sind –aber auch regelmäßig einen Winterschlaf einlegten-, hörten wir auch auf dem Land von einem Münchner Marathonlauf. Gehört, getan! Wir steigerten unser „Trainingspensum“ auf 10 bis 15 Kilometer und meinten damit es schon schaffen zu können, zahlten 30 Deutsche Mark Startgeld ein, und betraten am 8. Mai 1983 gleich mehrfach läuferisches Neuland: Wir waren das erste Mal bei einem Wettkampf, und es sollte gleich ein Marathon sein. Nicht irgendeiner, sondern die Premiere des 1. Olympia City Marathon in München.

Der 8. Mai 1983
Das war der Gedanke, von Laufen und Training hatten wir im Nachhinein gesehen wenig Ahnung. Unsere Ausrüstung bestand aus einem Baumwollshirt, einer kurzen Hose und „Turnschuhen“, wie man damals ganz einfach sagte. Spezielle Laufschuhe kannten wir noch nicht, die waren nur den „Profis“ vorbehalten. Aber Pioniergeist hatten wir. Der aber nach vier- und fünfstündigerLeidenszeit durch unsere Hauptstadt mit einem „nie wieder“ jäh zerstört wurde. Aufgegeben hatten wir nicht, aber es tat höllisch weh.

Das Ziel eines Marathonlaufes erreicht zu haben, 42195 Kilometer durchgestanden zu haben, das erweckte dann aber bald in uns ein Gen für ein neuesLeben, in der das Laufen eine große Rolle und bei manchen noch heute einen großen Stellenwert einnehmen sollte. Nicht nur bei uns sechs Pionieren des Lauftreff Mettenheim, bestimmt auch bei dem einen oder anderen, die damals auf dem Coubertinplatz im Münchner Olympiapark angetreten waren. Wir die Laufnovizen, die man heute „Rookies“ nennt.
 
Die Gladiatoren

2013 Finisher würde man heute sagen – vom Gewinner Kjell-Erik Stahl (SWE) in 2:13:33 bis
Josef Ahling in 5:57:09 – kamen damals ins Ziel, das auch auf dem Coubertinplatz aufgebaut war. Wenige Frauen, wenige ausländische Teilnehmer, zum großen Teil Männer aus Bayern. Doch alsSieger trug sich mit Kjell-Erik Stahl bei den Männern (2:13:33) ein Schwede, und Christa Vahlensieck bei den Frauen (2:33:45, Barmer TV Wuppertal), also auch keine bayerische Starterin ein. Sie war jedoch schon vor dieser Zeit die erste deutsche Frau, die unter drei Stunden lief und 1975 sogar den Weltrekord auf 2:40 Std. verbesserte. Die Namen der Nächstplatzierten kannte ich damals als Laufnovize nicht, heute sehr wohl. Für mich waren sie wie Gladiatoren.

Zweiter wurde Franz Hornberger aus Weilheim in 2:16:06, Dritter Andreas Weniger aus Augsburg in 2:16:09, Vierter Reinhard Leibold aus Fürth in 2:16:10 und Fünfter der Olympische Fackelträger von 1972 Günter Zahn in 2:17:55 Std.

Ganz erstaunt erzählt mir heute Reinhard Leibold, als er damals sein erstes Preisgeld von 400 Mark bekommen hatte. Drei Wochen zuvor lief er die Deutsche Marathon Meisterschaft stark, aber zum Nulltarif. Udo Reeh (TSV Oberammergau) schloss die Top 10 in 2:23:21 Std. ab. Eine gute Zeit, die er sechs Jahre später an gleicher Stelle noch um zehn Minuten verbessern sollte.

Auch die Podestplätze bei den Frauen blieben mit der deutschen Skilanglaufmeisterin Susi
Riermeier (2:36:29, LAC Quelle Fürth, 22 Jahre) und Heidi Hutterer (2:39:41, RG Landshut) in bayerischer Hand. Die lokalen Helden, auf die der jetzige Organisator Gernot Weigl seit über einem Jahrzehnt setzt.

Und noch heute treffe ich Manfred Jäger (2:26), Sepp Friesenbichler (2:31), Peter Wurzer (2:33), Hans Munz (2:33), Hans-Dieter Braun (2:38), Andreas Huber (2:42) oder Erwin Remmele (2:45), die damals auch dabei waren, bei der einen oder anderen Laufveranstaltung. Sie waren schon fertige Läufer und rannten in einer Vielzahl Zeiten, von denen wir heute nur träumen. Für Peter Höhl aus Feldkirchen-Westerham (2:48) war es klar, diese Premiere miterleben zu müssen, um dann eine Woche später beim Frankfurter Hoechst-Marathon noch eine Minute schneller zu sein.

…und die Mitläufer
Meine verblasste Ergebnisliste aus dem Tintenstrahldrucker vergisst auch nicht Fredl
Brechelmacher, den Münchner Postler, der 1983 zu einem Sololauf aufbrechen und seitdem
keinen Marathonlauf in seiner Stadt mehr verpassen sollte. Was kann der waschechte Münchnerdarüber erzählen, als er damals gerade mal 21 Jahre jung, den Start des München Marathon und seiner eigenen Marathonkarriere erlebte? „Viele der über eine Million Schritte, die er auf das Münchner Pflaster nur im Marathon setzte, taten schon weh, aber sche war`s auch!“, resümierte der der sympathische Mann.

Der den Münchnern täglich, und das vermutlich mit seinem bekannten Lächeln, die Post bringt, gerne Musik macht und mit seiner Irmi das restliche Leben genießt. Der Fredl ließ es bei seinem 30. Jubiläumslauf ganz entspannt angehen, nahm unterwegs immer wieder Kontakt zu seinen Münchnern auf. Als er auf eine Musikkapelle traf, spielte er als Hobbymusiker kurzerhand ein Stück mit, um dann wieder weiter zu laufen. „Die Zeit des
Marathons auskosten“ war ihm wichtig, nicht die Endzeit. So wartete er kurzerhand auch vor dem Olympiastadion, um dann Hand in Hand mit einer Staffel weiterer „Legenden 1983“ ins Ziel einzulaufen.

Zum 30-jährigen Jubiläum im Jahr 2015 taucht ein weiterer Name auf, der erst jetzt
nachgerechnet auch alle 30 Marathonläufe in der bayerischen Landeshauptstadt „auf dem Buckel“ hat. Fritz Edelmann aus Dinkelsbühl (damals 2:41) gab jetzt als 66 -jähriger an, 3:30 Std. laufen zu wollen – er tat`s dann auch!

Legenden 1983 -2015:
Martha Gebler, Wilfried Fladerer, Konrad Huber, Erwin Fladerer und Fredl Brechlmacher mit Gernot Weigl

Weitere Namen tauchen auf, die uns heute noch ein Begriff sind: Stefan Schlett, den man
seitdem als Extremsportler mit 1800 Wettkämpfen in 92 Ländern, darunter 36 Länder- und drei Kontinentdurchquerungen sowie Weltrekorden im Ultralauf kennt. Damals war er als
Fallschirmjäger bei der Bundeswehr in Schongau stationiert und kam so zum München Marathon.

Jürgen Roscher aus Berlin, Marathonsammler und Herausgeber eines Marathonführers.

Theo Kiefner, der heutige Sportfotograf, Wolfgang Plümpe, Jupp Suttner, Wiggerl Bachinger oder Klaus Ruscher, den damals 19-jährigen Abenteurer. Auch Ruscher hatte keine Ahnung wie man Marathon trainiert und läuft. Der damalige Fußballer probierte es im Jahr 1983, als Philipp Lahm und Franck Ribery geboren wurden, mal auf der Bahn mit 50 Runden, um dann durch seine Stadt beim Marathon über die Runden zu kommen. „Es klappte, aber wie“, verriet mir der jetzige Inhaber eines Sportgeschäftes mit einem verschmitzten Lächeln. Eine geile Zeit damals! Nach diesem Debut wurde aus ihm ein guter Läufer mit einer 2.36er Bestzeit und ein noch besserer Triathlet.

Münchner Gschichten
Nachgelesen nutzten so manche Münchner ihren ersten Stadtmarathon zu einem sportlichen
Erlebnis. Robert Eiermann und Josef Hermann (beide in 2:29, ESV Neuaubing) , Rosemarie Appler (3:11), Erwin Thiede (3:15), Peter Forster (3:16), Matthias Witte (3:20), Peter Gaschler (3:29) oder der heutige Ehrenpräsident des MRRC Rainer Scherer (3:33). Alois Stöger (München 2), Wilfried Baumgardt (SV Siemens München), Josef Kronfelder und Hans Fröschl (München 45) kamen wie ich jenseits der vier Stunden ins Ziel, um anschließend rückwärts so manche Treppe gehen zu müssen. Der Muskelkater bestimmte die nächsten Tage, aber es breitete sich trotz der Leiden auch mehr und mehr ein gewisses Selbstwertgefühl aus, nun einen Marathon geschafft zu haben.

Es dauerte genau ein Jahr, bis ich nach einem „nie wieder“ auf der Strecke die Anmeldung für den nächsten Marathon in München losschickte. Und dann für den Dritten. Der Marathonvirus hatte mich infiziert.

Anno 2015 sind nun 30 Jahre MÜNCHEN MARATHON ins Land gegangen. Einige Läufer treffen wir nicht mehr, können uns nur noch an sie erinnern, vielleicht am Grab besuchen oder in alten Fotos wühlen.

Peter Kiefl (TSV Bogen, 2:51) startete hier eine Karriere, die ihn bis zu Weltmeistertitel brachte. Arno Kurz (DJK Rosenheim), 2:44:10 eine läuferische und organisatorische.
Das 30-jährige Jubiläum führte aber auch wieder einige der Protagonisten des Gründerjahres
zusammen. Allen voran der damalige Organisationschef Ali Schneider (78), der es sichtlich
genoss diese Veranstaltung begründet zu haben. Wie es damals war und was daraus geworden ist. Diesen Unterschied zu beschreiben, das war natürlich eine Angelegenheit für die „Legenden“.

Sie lud der jetzige Chef Gernot Weigl zu einer Talkrunde in die Olympiahalle und zum Start des MÜNCHEN MARATHON 2015 ein.

Mit Herzblut berichteten Günter Zahn, Hans-Dieter Braun, Fritz Edelmann, Eberhard Möllers und Erwin Fladerer über die alten Zeiten, aber auch über den Stand von heute. Und wer könnte das nicht besser resümieren als Manfred Steffny, der Mann des deutschen Laufsports. Er war 1983 von Ali Schneider als Nichtbayer in die Organisation eingebunden worden. Mit Herzblut waren hier und während der gesamten Jubiläumsveranstaltung auch die Moderatoren Peter Maisenbacher und Roman Röll dabei.

Der Funke sprang über, der 30. MÜNCHEN MARATHON wurde zu einem begeisterten sportlichen Oktoberfest!

Die besten Bayern 1983
…und namhafte „Preußen“, die mir und vielen Lauffreunden heute noch bekannt und zum Teil heute noch aktiv, einige sogar aktuelle Bayerische und Deutsche AK-Meister sind. Manchen werden die Leistungen ein Aha oder Oha hervorrufen.

Natürlich kann diese Aufzählung nicht vollständig, aber eine schöne Erinnerung sein.

Jahrgang Verein Zeit Gesamtplatzierung
Franz Hornberger 1953 Post-SV Weilheim 2:16:06 2.
Andreas Weniger 1958 2:16:09 3.
Reinhard Leibold 1947 LAC Quelle Fürth 2:16:10 4.
Günter Zahn • 1954 LAC Quelle Fürth 2:17:55 5.
Udo Reeh 1957 TSV Oberammergau 2:23:21 10.
Manfred Jäger 1949 TSV Endorf 2:26:51 13.
Robert Eiermann 1944 ESV Neuaubing 2:29:04 17.
Josef Hermann 1946 ESV Neuaubing 2:29:35 19.
Josef Friesenbichler 1951 TSV Neumarkt-St.V. 2:31:46 22.
Peter Wurzer 1951 TSV Bogen 2:33:26 25.
Hans Munz 1950 DJK Rosenheim 2:33:44 27.
Hans-Dieter Braun • 1942 LG Regensburg 2:38:13 46.
Theo Kiefner 1959 TSV Dinkelsbühl 2:38:14 47.
Fritz Edelmann 1949 TSV Dinkelsbühl 2:41:29 62.
Andreas Huber 1941 TSV War. BLV 2:42:14 68.
Arno Kurz † 1935 DJK Rosenheim 2:44:10 81.
Erwin Remmele 1937 TSV Oberhaching 2:45:58 92.
Richard Hofbauer 1935 WSV Zellereit 2:47:33 97.
Peter Höhl • 1947 2:48:42 107.
Dr. Wolfgang Huber 1945 LG Passau 2:49:38 119.
Peter Kiefl † 1951 TSV Bogen 2:51:58 135.
Gerhard Franke 1934 LG Ruhpolding 2:52:35 137.
Hans Resch 1962 BW Oberaudorf 2:55:13 160.
Winfried Huber 1960 SC Tölz 2:58:38 201.
Hans Schineis 1940 SV Aschau a.Inn 3:06:02 296.
Rosemarie Appler • 1949 PSV München 3:11:46 379.
Erwin Thiede 1939 Fa. Alkor 3:15:35 438.
Peter Forster 1956 München 80 3:16:30 459.
Stefan Schlett 1962 Bundeswehr 3:18:18 498.
Matthias Witte • 1961 TSV Brunn 3:20:26 549.
Franz Maier 1937 WSV Zellereit 3:26:24 668.
Alfred Kronschnabl 1962 TSV Massing 3:28:46 710.
Peter Gaschler 1964 Lohhof 3:29:09 716.
Wolfgang Plümpe 1940 SC Grainau 3:32:23 770.
Rainer Scherer 1943 SV Lohhof 3:33:32 788.
Jürgen Roscher 1940 Berlin 3:48:01 1098.
Robert Gebler † 1960 Lauftreff Mettenheim 3:51:20 1171.
Klaus Ruscher • 1964 München 19 3:54:00 1238.
Giorgio Pizzato 1940 Ismaning 3:54:19 1248.
Eberhard Möllers • 1963 TSV Vaterstetten 3:54:47 1262.
Alfred Brechelmacher• 1962 München 70 3:57:37 1309.
Wilfried Baumgardt • 1945 SV Siemens München4:15:01 1523.
Alois Stöger 1945 München 2 4:21:32 1587.
Konrad Huber • 1959 Lauftreff Mettenheim 4:23:47 1612.
Josef Kronfelder • 1954 München 19 4:25:27 1631.
Erwin Fladerer • 1953 Lauftreff Mettenheim 4:41:18 1747.
Josef Guggenberger 1960 Lauftreff Mettenheim 4:46:01 1776.
Hans Fröschl 1936 München 45 4.52:28 1817.
Martha Gebler • 1955 Lauftreff Mettenheim 4:54:57 1842.
Maria Fladerer • 1957 Lauftreff Mettenheim4:59:45 1872.
Wilfried Fladerer • 1957 Lauftreff Mettenheim 5:10:09 1917.
• sie waren auch beim 30. MÜNCHEN MARATHON 2015 dabei – beim Marathon, Halbmarathon.

Erwin Fladerer in "Die Bayerische Laufzeitung"

Die Bayerische Laufzeitung


 

author: GRR

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