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09
05
2010

Es sind vor allem die Läuferinnen und Läufer, ob Spitzenathlet oder Breitensportler, ob im Verband organisiert oder nicht, die diese Macht repräsentieren.

„2500 Jahre MARATHON“ – Festakt des DLV in Mainz am 7. Mai 2010 – Grußwort des Ehrenpräsidenten des DLV Theo Rous

By GRR 0

Sehr geehrte Frau Generalkonsulin Stavroula Frangoyanni Mathieu aus dem Mutterland des Marathonlaufs, sehr geehrte Frau Präsidentin Augustin, sehr  geehrte Herren Oberbürgermeister Beutel, Bürgermeister Beck und Ministerialdirektor Dr. Kemper, liebe Gäste.

„Das eigentlich Besondere daran, einen Marathonlauf zu laufen, ist die Geschichte, die man mit jedem einzelnen Rennen verbindet“, sagt Claudia Dreher, eine unserer besten Marathonläuferinnen. Ob sie damit auch die Geschichte des Marathonlaufs als Gegenstand der Sportwissenschaft meint, bin ich nicht sicher, obwohl sie diese auch  kennt.

Diese Geschichte  wird uns heute von einem exzellenten Fachmann vorgestellt. Ihnen, sehr geehrter Herr Prof. Müller, danke ich schon jetzt für einen der Höhepunkte dieser Veranstaltung. Zu den Höhepunkten dieses Wochenendes gehört auch die Ausstellung des Sportmuseums Berlin, das "Aims Marathon Museum of Running".

Mein Dank gilt dem Team des Museums und allen Beteiligten am Zustandekommen dieses Beitrags. Ich danke  dem Landessportbund Rheinland-Pfalz, unserem Mitveranstalter, gratuliere ihm recht herzlich zu seinem 60-jährigen Bestehen, und danke ebenso der Stadt Mainz für ihre Gastfreundschaft.  Sie beide dürfen auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit in den letzten drei Jahren im Dreigestirn mit dem SWR zurückblicken. Wir alle freuen uns auf den Novo Nordisk Gutenberg Marathon am Sonntag.

Wie ich  Claudia Dreher verstanden habe, meint sie die  vielen persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse, Anekdoten, Dramen und Assoziationen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Marathonlauf verbinden und die ihn zu einem der faszinierendsten Phänomene des Sports machen. Das gilt nicht nur für die Läuferinnen und Läufer.

Allerdings: An erster Stelle sind es  deren großartige Leistungen zu allen Zeiten, die unsere Bewunderung verdienen, die Olympiasieger, Weltrekordler  und  Gewinner der großen Marathons, angefangen vom Griechen Spiridon Louis, dem ersten Olympiasieger, und den überragenden Figuren der Szene wie Haile Gebrselassie und Paula Radcliffe mit ihren Rekorden von 2:03:58 und 2:15:25  bis hin zu unseren Spitzenläuferinnen und –läufern. Sie begrüße ich besonders herzlich.

Nicht alle Eingeladenen konnten erscheinen. Alle wären gern gekommen, wie z.B. unser zweifacher Olympiasieger Waldemar Cierpinski, aber es war ihm und anderen nicht möglich.  Unsere erschienenen  Gäste werden Sie gleich noch näher kennenlernen.

Dabei sollten wir nicht vergessen, dass alle, die einen Marathonlauf beenden, eine besondere Spezies von Athleten sind, auch wenn sie etwas länger unterwegs sind als Haile Gebrselassie.

Es muss ja nicht so lange  dauern wie beim Japaner Shiso Kanaghuri. Der war nach ca. 30 km des olympischen Marathons von 1912 in Stockholm ausgeschieden, ist aber 1967 mit 75 Jahren zurückgekehrt und hat den Lauf vollendet, in der Rekordzeit von 54 Jahren, 8 Monaten, 6 Tagen, 0 Stunden, 32 Minuten und 20 Sekunden.

Mir ist allerdings eine andere Dimension von Höchstleistung eines Marathonläufers in jungen Jahren nahe gebracht worden: Mein Griechischlehrer hielt uns trägen Obertertianern, wann immer uns die Bildung der Stammformen unregelmäßiger Verben misslang,  jenen sagenhaften „Hemerodromos“ Pheidippides, den „Tagläufer“, als Vorbild vor Augen. Dieser legendäre Bote habe nach einem mörderischen Lauf bei glühender Hitze, im Zustand höchster Erregung, total erschöpft, verwundet und im Angesicht des Todes die Nachricht vom Sieg der Athener überbracht und dabei die 1. Pers. Plural, Ind. Perf. Aktiv von nikao durch Reduplikation der 1. Silben korrekt gebildet: “nenikekamen = wir haben gesiegt“. Und fiel tot um. Uns Pennälern war damals klar: Schuld war nicht der Marathonlauf, es war das Reduplikationsperfekt!

Jedenfalls hat dieser Pheidippides eine unglaubliche Erfolgsgeschichte eingeleitet. Weit über  100 Marathonläufe im Jahr in Deutschland, jahrzehntelang mit steigenden Teilnehmerzahlen, und wenn sie einmal ein wenig zurückgehen, werden sie mehr als kompensiert durch einen wahren  Boom von Halbmarathons und 10.000–m Läufen. Sie haben dafür gesorgt, dass die leichtathletischen Veranstaltungen auf der Straße, was Anzahl der Teilnehmer, Aufmerksamkeit der Bevölkerung, Zuwendung der Medien und Sponsoren angeht, die Stadionleichtathletik weit überflügelt hat.

Diese Entwicklung ist Frauen und Männern zu verdanken, die mit einem Höchstmaß an Engagement und Kompetenz sich in den Dienst der Sache gestellt haben, unterstützt von Sponsoren, Kommunen, Medien, Vereinen, Verbänden, vielen anderen Institutionen und Personen, nicht zuletzt der Interessengemeinschaft der German Road Races deren Vorsitzenden Horst Milde ich  herzlich grüße und mit ihm  viele andere Marathon– Veranstalter, die heute anwesend sind, z.B. aus Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und anderen Städten). Ihnen allen gilt der Dank des Deutschen Leichtathletikverbandes.

Ihnen sage ich nichts Neues, wenn ich erwähne, dass  bei wachsender Größe eines Unternehmens auch die Aufgaben und Probleme wachsen, die es  zu bewältigen gilt, von Jahr zu Jahr, von Veranstaltung zu Veranstaltung. Fragen der Organisation, der Öffentlichkeitsarbeit, der Entwicklung der Technik, Themen wie Gesundheit, Fürsorge für die Läufer u.v.a. fordern ständig aufs Neue die innovativen Ressourcen der Verantwortlichen heraus, zuweilen aber auch deren Wünsche nach mehr Beachtung und Anteilnahme an  ihren Erfolgen und Problemen durch die Verbände, national und international, die dem Stellenwert und der Resonanz entsprechen, die der Marathonlauf  in der Öffentlichkeit in hohem Maße findet.

Die Leichtathletik ist nach wie vor eine Macht. Auch wenn wir gern mehr Menschen, junge Menschen hätten, die in den Stadien sich der  Leichtathletik verschreiben: Die Zahl der Leichtathletik treibenden Menschen insgesamt in Deutschland geht in die Millionen. Wir bewegen wöchentlich geschätzte 300.000 Menschen allein in den DLV-Lauftreffs. 

Es sind vor allem die Läuferinnen und Läufer, ob Spitzenathlet oder Breitensportler, ob im Verband organisiert oder nicht, die diese Macht repräsentieren. Das soll keineswegs die  Leistungen anderer Disziplinen schmälern, z.B. die der tüchtigen Werferinnen  und Werfer, Springerinnen und Springer in unserem Verband, die durch ihre Leistungen für Weltruhm sorgen.

Das ist die Schwierigkeit, aber auch die große gemeinsame Herausforderung aller Verantwortlichen, diese Vielfalt der Leichtathletik zu bewahren, ohne die Ansprüche und die Pflege der einzelnen Disziplinen zu vernachlässigen.

Aber eins ist unstrittig: Laufen ist die Urform der Leichtathletik, und es gibt kaum eine andere Form von Sport, in der Spitzen- und Breitensport eine solche Symbiose eingehen. Und dass auch wir zur europäischen Spitzenklasse, ja sogar zur Weltklasse vorstoßen können, zeigen uns zumindest unsere Frauen. Mit den Männern müssen wir noch etwas Geduld haben. Aber:„Wir wollen uns nach vorne orientieren“, sagt Waldemar Cierpinski. Mutlosigkeit sei fehl am Platze.

Vielleicht liegt es daran, dass nach seinem Sieg in Moskau1980 doch nicht genügend junge Väter und Mütter, wie es damals im DDR-Fernsehen der legendäre Moderator Florian Oertel bei der Übertragung gefordert hatte, ihre Söhne Waldemar genannt haben.

Verehrte Gäste,
ich bin stolz, Ihnen allen die Grüße unseres Präsidenten Dr. Clemens  Prokop und seines Präsidiums überbringen zu dürfen. Er hat an mich das  Privileg abgetreten, Sie  heute Abend willkommen zu heißen, weil er verhindert ist. Sie können sicher sein: Was den Respekt und die Dankbarkeit gegenüber allen Akteuren im weiten Feld des Marathonlaufs in Gegenwart und Vergangenheit, ob sie nun selbst laufen, ihn organisieren oder darüber räsonieren, stimmen der Präsident und ich überein. Und einig sind wir uns in dem Wunsch für das gute Gelingen am heutigen Abend und für den Marathonlauf am Sonntag.

Möge auch der heutige Abend gleichsam die Initialzündung für sein für das weltweite Marathon-Event im Herbst in Athen.

Wir danken der Internationalen Marathon- und Straßenlauf-Vereinigung AIMS (Association of International Marathons and Distance Races), dem Veranstalter des Athen-Marathons ACM und  SEGAS, dem griechischen Leichtathletikverband, dafür, dass sie uns das eigens für  ihre 2500-Jahr Feier geschaffene Logo zur Verfügung gestellt haben, das auch die Erinnerungsmedaillen ziert, die der DLV erworben hat. Für sie wird sich heute Abend noch eine sinnvolle Verwendung finden.

Diesem Ereignis, aber auch allen Marathonevents, vor allem aber den Läuferinnen und Läufern, den ehemaligen, den jetzigen und den künftigen, gelten unsere besten Wünsche, und „Glückauf“  für die nächsten 2500 Jahre Marathon.

Theo Rous – Ehrenpräsident des DLV

author: GRR

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