Der Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren am 9. November 1989 wird in Berlin feierlich und festlich begangen. Gerhard Thiel und seine Familie sind lange schon dem Laufsport verbunden. Seit 1978 ist er beim SCC als Läufer und auch als Helfer arbeitete sich bei Laufveranstaltungen langsam nach "oben".

Er, seine Frau und seine Söhne sind Marathonläufer – Gerhard Thiel ist schon seit langer Zeit auch Leiter eines Verpflegungspunktes beim BERLIN-MARATHON – jetzt immer am Gendarmenmarkt (Km 40).

Sein spannendes Erlebnis nach dem Besuch der Staatsoper am 9. November 1989 publizieren wir im folgenden.

Wir werden in loser Reihenfolge private Erlebnisse dokumentieren, die Läufer in diesen denkwürdigen Tagen erlebt haben.

Horst Milde  

 

Wir hatten an diesem Tag – dem 9. November 1989 – Karten für die Oper Unter den Linden (Staatsoper), die mir mein Cousin aus Friedrichshain besorgt hatte. So beantragten wir ein Tagesvisum und konnten als West-Berliner in den Ostteil der Stadt einreisen.

Wir benutzten den Übergang in der Invalidenstraße, da fiel uns noch nichts auf. Mein Cousin und seine Eltern warteten schon vor der "Lindenoper" auf uns, und wir freuten uns auf "Die lustigen Weiber von Windsor". Michael, mein Cousin, besorgte uns des öfteren Karten, so war das für uns schon Routine.

Als wir in der Oper saßen und der Musik lauschten, las Schabowski 300 m von uns entfernt bei der Pressekonferenz seine Notiz von der Reisefreiheit vor. Logischerweise waren wir noch völlig ahnungslos, als wir aus der Oper kamen. Wir wunderten uns nur über die Unmengen von Trabis und Wartburgs, die an der Oper vorbei gen Norden jagten, wie wir bald wussten, in Richtung Bornholmer Straße.

Michael und seine Eltern luden uns noch zu einem Imbiß ein, aber wir wollten sofort nach Hause nach Zehlendorf. Ich musste am kommenden Morgen zum Frühdienst, und es war schon kurz vor 23 Uhr. Als wir dann zum Übergang Invalidenstraße zurückkamen, wunderten wir uns, dass sich im Grenzbereich viele Personen bewegten, die eigentlich nicht dort hätten sein dürfen. Ich sagte noch flapsig zu meiner Frau, dass die erschossen werden könnten.

Die Grenzkontrolle war schnell erledigt und sehr flüchtig, was uns wiederum stutzig machte. Schon waren wir an der Durchfahrt in der Mauer nach West-Berlin und sahen zu unserem Erstaunen auf der Westseite der Mauer Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Menschen, auch SFB und Rias Berlin waren zur Stelle.

Wir kriegten Gänsehaut, weil wir dachten, es wäre wieder auf einen flüchtenden Menschen geschossen worden. Sofort kam ein Reporter auf mich zu (wir hatten einen kleinen weißen Polo, und vielleicht dachte er, es sei der erste Trabi) und sagte nach kurzem Stutzen: "Ach, Sie sind ja nur ein West-Berliner." Ich antwortete: "Was soll ich denn sonst sein?"

Wir fuhren langsam weiter und bogen nach wenigen Metern in Richtung Brandenburger Tor ab, als die 23-Uhr-Nachrichten begannen. Da hörten wir von der "Reisefreiheit sofort".

Wir konnten es natürlich nicht fassen. Als wir kurz darauf am Brandenburger Tor (ehemalige Entlastungsstraße) vorbeifuhren, sahen wir Menschen auf der Mauerkrone, es war unfassbar. Ich kriege noch nach 25 Jahren eine Gänsehaut. Wir waren unmittelbar dabei und wussten es nicht!!!

An diesem Abend fuhren und liefen ungeheuer viele Ost-Berliner in den Westen der Stadt, auch viele West-Berliner fuhren und liefen in den Osten. Aber wir gehörten sicher zu den wenigen, die als West-Berliner vom Osten in den Westen fuhren.

Wir lebten zu dieser Zeit schon 17 Jahre in West-Berlin (meine Frau ist aus dem Spessart, ich aus dem Taunus) die Mauer war für uns  nicht Neues, wir wohnen bzw. wohnten nur 300 m entfernt, kurz vor der Grenze zu Kleinmachnow.

Gerhard und Maria Thiel, Widenhof 13, 14 163 Berlin, Tel. 030 803 3803

P.S. Am 9.11.2014 darf ich Streckenleiter sein bei der FEIER in BERLIN "Lichtgrenze Abschnitt M 5", ich freue mich darauf!

Themengleich:

25 JAHRE MAUERFALL IN BERLIN: Reimer und Hanne auf dem Mauerweg rund um Berlin