Brandenburger Tor und die Mauer davor am 10. November 1989 ©Horst Milde
25 JAHRE MAUERFALL IN BERLIN: Gedanken zum Mauerfall vom 9. November 1989 – Gerd Engel berichtet – Teil 5
Der Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren am 9. November 1989 wird in Berlin feierlich und festlich begangen. Gerd Engel, Läufer und bekannter Lauf-Organisator in Stendal schreibt über sein Erleben am 9. November 1989 in Stendal.
Er fuhr am 10. November dann schnellstens nach Berlin, nahm dann am 12.11.1989 am Berliner Cross-Country-Lauf am Teufelsberg teil und war dann Teilnehmer beim denkwürdigen Kaffeetrinken in Tempelhof zusammen mit Roland Winkler und Dr. Detlef Dalk.
Wir werden in loser Reihenfolge private Erlebnisse dokumentieren, die Läufer in diesen denkwürdigen Tagen erlebt haben.
Horst Milde
Für mich als Volksläufer, sowie Mitbegründer und langjährigem Vorsitzenden der Laufgruppe „Haeder“, einer der bekanntesten und größten Laufgruppen der DDR, war das Bedeutendste des Mauerfalls die erreichte Reisefreiheit. Im Fernsehen verfolgten wir insbesondere den BERLIN-MARATHON und hatten nur einen Wunsch – einmal dort zu starten!
Genau wie mein Freund Roland Winkler aus Berlin versuchte ich, das auf legalem Weg durch ein Schreiben an den DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund) zu erreichen. Leider vergebens – jegliche Sportkontakte ins westliche Ausland waren uns Volkssportlern untersagt. Aber wenigstens im Gegenzug gelang es uns, Sportfreunde aus Lüneburg und Adendorf zu Wettkämpfen in die DDR einzuladen, die dann allerdings nur illegal bei uns starten konnten.
Am 09. November 1989 fand im Stendaler Dom eine Demonstration statt, an der auch viele Sportfreunde der Laufgruppe Haeder teilnahmen. In der anschließenden Gesprächsrunde verkündete der Pfarrer plötzlich die Worte von Günter Schabowski in Berlin:
"Die Grenze sei ab sofort geöffnet"
Wir waren alle sprachlos und konnten die Situation überhaupt nicht richtig einordnen. Mitten in der Nacht rief dann mein Sportfreund Olaf Pilz aus Westberlin an und sagte, er würde uns mit dem Auto aus Stendal abholen, denn wir selbst hatten kein eigenes Auto. Wir – meine Frau Liesel, Tochter Corinna und Sohn Jörg – setzten uns allerdings am nächsten Tag dann selbst in den Zug nach Staaken (an der Grenze zu Westberlin).
Dort erwartete uns schon unser Freund Olaf und fuhr mit uns allen nach Westberlin. Am 12. November 1989 nahmen wir gemeinsam mit etwa 60 weiteren DDR-Läufern am Crosslauf am Teufelsberg teil und trafen auch wieder Roland und Ingelore Winkler.
Am Nachmittag des 12. November 1989 dann gründeten Roland Winkler, Dr. Detlef Dalk und ich zusammen mit Horst Milde bei Kaffee und Kuchen im Milde’schen Wohnzimmer die Initiativgruppe „BERLIN-MARATHON“, die zum Ziel hatte, den nächsten BERLIN-MARATHON durch ganz Berlin zu führen – und als wichtigstes Essential die Durchquerung des Brandenburger Tors haben müsste. Schon der Neujahrslauf am 01.01.1990 sollte zum Testlauf werden, der uns erstmals und mit uns 25.000 begeisterte Läufer durch das Brandenburger Tor führte. Wir drei DDR-Bürger – Winkler, Dr. Dalk und ich schrieben dann als "DDR-Initiativgruppe BERLIN-MARATHON" an den Oberbürgermeister von Ost-Berlin Erhard Krack und Horst Milde an der Regierenden Bürgermeister von Berlin (West) Walter Momper.
Nach der Maueröffnung waren wir dann noch in fast 40 weiteren Staaten laufen – wir holten alles nach, was uns in fast 40 Jahren "Eingesperrtseins" verwehrt war – und was jetzt ohne den Fall der Mauer nicht möglich gewesen wäre.
Horst Milde möchte ich ganz besonders danken, denn er hatte immer ein Herz für die ostdeutschen Läuferinnen und Läufer und unterstützte uns sehr viel auf verschiedenste Art und Weise. So unter anderem auch bei der Gründung des Laufjournals „Laufzeit“.
Gerd Engel, Stendal
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