Start zum 24. Reschenseelauf mit dem zum vierten Mal siegreichen Konstantin Wedel (Bildmitte, Startnummer 1). - Foto: Wilfried Raatz/ wus-media
24. Reschenseelauf Graun (Südtirol): Konstantin Wedel zum vierten Mal erfolgreich – Wilfried Raatz berichtet
Stolze 3000 Teilnehmer registrierten die Verantwortlichen des Rennerclub Vinschgau bei der 24. Auflage des Reschenseelaufes – während Konstantin Wedel seinen vierten Sieg beim „Heimspiel“ am Reschensee feierte, steigerte die Tschechin Tereza Hrochovà den seit 2017 bestehenden Streckenrekord
Trotz oder vielleicht gerade auch wegen der Großbaustelle am Reschensee wurde die 24. Auflage des über 15,3 km führenden Laufes zu einem besonderen Spektakel bei idealen Laufbedingungen, schließlich gab es mit fast 3000 Teilnehmern ein starkes Bekenntnis zum größten Lauf Südtirols, zudem mit dem zum vierten Sieg laufenden Konstantin Wedel und dem neuen Streckenrekord der Tschechin Tereza Hrochovà zwei herausragende Sieger.
Doch letztlich waren alle Sieger, die große Helferschar um Gerald Burger und Präsident Rudi Hölbling, die fast 3000 Läuferinnen und Läufer aus vielen Ländern und letztlich auch die Region Vinschgau, die sich einmal mehr von seiner überaus liebenswerten Art zeigen konnte. Ein großartiges Panorama mit dem Blick nach Norden in Richtung Österreich und der Schweiz und nach Süden mit den diesmal leider eher wolkenverhangenen Massiven Ortler und Königsspitze bleibt ebenso unvergessen wie auch der historische Kirchturm im See am Start- und Zielbereich in Graun.
Die Lauffreude konnte selbst die seit April 2023 eröffnete Großbaustelle, bei der die Staatsstraße SS40 um fünfzig Meter in Richtung See verlegt werden soll. Auf den inzwischen fertig gestellten Aufschüttungen für die neue Staatsstraße mit einem parallel verlaufenen Rad- und Fußgängerweg wurde auch auf knapp zwei Kilometern der diesjährige Reschenseelauf entlanggeführt. Allerdings mit einem kleinen, aber letztlich für die Zeiten eher unerheblichen Manko, denn die grobe Schotterpassage musste diesmal noch Bestandteil der 15,3 km langen Seeumrundung sein. Dafür dürfte dieser Abschnitt beim Jubiläumslauf 2025, der als Unikat als Nachtlauf entlang des dann sicherlich wieder festlich beleuchteten Rundwegs durchgeführt werden soll, für schnelle Beine sorgen.
Und diese hatte zweifellos die Tschechin Tereza Hrochovà, die als Vorjahressiegerin mit der Startnummer 2001 ins Rennen ging. Die 28jährige absolviert derzeit ein Trainingslager in der Region und trainiert vorzugsweise im 1870 m hoch gelegenen Langtaufers und am Reschensee. Ihre in 2024 erreichten Bestmarken von 1:11:38 Stunden bei den Halbmarathon-Europameisterschaften in Rom (Platz 23) und 2:26:38 Stunden beim Sevilla-Marathon im Februar sind freilich gegenüber der Frauenkonkurrenz am Reschensee unerreicht – sodass die Tschechin mit einem deutlichen Vorsprung die Seeumrundung absolvierte und nach 52:48 Minuten unter tosendem Jubel über die Messmatten am Ziel lief. In neuer Streckenrekordzeit, denn die bisherige Bestmarke der Britin Emmie Collinge stand seit 2017 bei 52:54 Minuten.
Ganz im Schatten von Tereza Hrochovà stand die Italienerin Sara Bottarelli, die allerdings mit 54:05 Minuten eine nicht minder flotte Seerunde absolvierte und die eigentliche Berglauf-Spezialistin auf Rang zwei führte. Währenddessen hatte die Drittplatzierte wohl kaum jemand auf der Rechnung, denn die W40-Mastersfrau vom TV Dipperz ist eher regional bekannt. Mit 56:45 Minuten kletterte die in diesem Jahr vor allem als Halbmarathonsiegerin beim Rennsteiglauf (vor Inga Lena Schömburg-Heuck) hervorgetretene Osthessin auf den dritten Podestplatz.
„Berechnend“ bezeichnete Konstantin Wedel hingegen seinen Triumphzug entlang des Reschenseeufers. „Da ich nicht wusste, wie stark die Konkurrenz sein wird, bin ich zunächst taktisch gelaufen und bin nach Gefühl durch die wellige Strecke gelaufen!“ Eine Entzündung der Patellaspitze begleitete den Allroundläufer mit aktuellem Schwerpunkt auf die Marathon- und Halbmarathondistanz allerdings schon mehrere Monate, die er selbst als Physiotherapeut nur schwer in den Griff bekommt. „Seit drei Wochen laufe ich nur lange Dauerläufe und merke allerdings eine deutliche Verbesserung. Nur wenn es schnell wird, dann habe ich Schmerzen!“
Von dieser Warte aus stimmte ihn der vierte Sieg nach 2019, 2022 und 2023 mit seiner Siegerzeit von 48:26 recht zuversichtlich. Zuversichtlich, nach dem nicht erreichten Saisonziel einer EM-Teilnahme über die Halbmarathondistanz, für die zweite Jahreshälfte: Beim „BERLIN-MARATHON hoffe ich, wieder angreifen zu können!“ Der Nürnberger, im Trikot der LG Telis Finanz Regensburg, kennt allerdings seit nunmehr vielen Jahren schon die Region, schließlich ist dies seine Wahlheimat.
In Langtaufers arbeitete er nämlich einige Jahre als Physiotherapeut und kehrt gerne dorthin zurück zum Training und Zeithaben für die Familie. „Ich habe hier tolle Verbindungen und viele Freunde“, fiel sein besonderer Bezug zur Region eher in einem Nebensatz, denn im Ziel musste er viele Hände schütteln und etwas Smalltalk mit einigen Läufern halten. Währenddessen die stets auf der Höhe des Geschehens arbeitenden mehrsprachigen Moderatoren unter dem Beifall der vielen Zuschauern im Zielgereich skandierten: „Aller guten Dinge sind fünf….!“
Konstantin Wedel hatte in seinem gefühlsbetonten Lauf über eine Minute Vorsprung herausgelaufen, denn der Italiener Antonino Lollo (49:34) folgte mit klarem Rückstand als Zweiter. Um Rang drei gab es einen spannenden Schluss, den der Berglauf-Langdistanz-Vizeweltmeister Andreas Reiterer („Endlich kann ich beim Heimspiel einmal starten!“) allerdings gegen den Tschechen Vit Hlavac um sechs Sekunden mit 50:16 knapp verlor.
Mit Fabian Borggrefe (SG Spergau) schaffte ein weiterer Deutscher als Zwanzigster den Sprung unter die Top 20 – und dies als M50-Sieger nach 54:33 Minuten. Für die Familie übrigens ein erfolgreicher Start am Reschensee, denn Fabians Frau Katja sicherte sich nach 1:08:38 den W50-Sieg, die 23jährige Tochter Paula (übrigens im schwarzen Dress des SCC Berlin: „Wir sind jedes Jahr dabei, Papi und Mutti sind natürlich sehr schnell und gewinnen meist ihre Altersklasse. Ich selbst laufe hier seit 2019.) brauchte für die Seeumrundung etwas länger.
Einen weiteren Kategoriensieg sicherte sich Brigitte Hoffmann, die erstmals am Reschensee gastierte und mit 1:15:24 Stunden die W65-Klasse für sich entscheiden konnte.
Der Reschenseelauf ist weitaus mehr als nur ein Laufevent, es ist ein großes Volksfest, bei dem auch Inklusion großgeschrieben wird. Handbiker und Rollstuhlfahrer starten dabei unmittelbar vor dem Hauptrennen über ebenso 15,3 km, die heuer allerdings neben dem Start auf der Wiese noch die Schotterstrecke als zusätzliche Erschwernis beinhalteten. Kinder in altersgerechten Strecken zwischen 300 m und 2200 m laufen direkt am See vor der Kulisse des im Wasser eingetauchten Kirchturms.
Nach dem Motto „Jeder kommt auf seine Kosten“ lässt die Organisation schon einiges „springen“, denn für moderate Meldegebühren gibt es neben dem Laufprogramm für jeden Alters und Engagement ein lukratives Starterpaket mit einem Badetuch in bester Qualität und natürlich bei der Zielverpflegung mit Vinschgauer Äpfel und anderen leckeren Produkten.
Eine große Festwiese (samt Zelt) und ein Bauernmarkt laden zum Verweilen ein – bis zur spektakulären Musik- und Feuershow am Kirchturm.
Wilfried Raatz