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06
01
2015

Die Globalisierung des Marathons schreitet voran. Der Kenianer Mariko Kiplagat lief mit 2:08:06 bereits am 2. Januar eine ausgezeichnete (Jahresweltbest-)Zeit. ©Veranstalter Xiamen-Marathon

„2014″ – Eine Rückschau in Bildern auf ein einmaliges (Lauf-)Jahr – Helmut Winter zieht Bilanz

By GRR 0

Das soeben zu Ende gegangene Jahr war in der globalen Laufszene wieder überaus ereignisreich und stand den Vorjahren kaum nach. Als spektakuläre Höhepunkte ragen die beiden Weltrekorde im Halbmarathon der Frauen sowie im Marathon der Männer heraus, aber auch prominente Dopingfälle sorgen für Schlagzeilen.

So gut wie ohne jede Pause zieht der Laufzirkus jedes Jahr um den Globus, zieht Läufermassen an, die ein Millionenheer umfassen, und erfordert dabei zunehmend professionelle Organisationsstrukturen.

Die (leistungs-) sportliche Komponente erfüllen weitgehend Läuferinnen und Läufer aus den Höhen Ostafrikas, die durch lukrative Prämien der Armut ihrer Heimatländer entfliehen. Es sind vornehmlich diese Athleten, die auch die Geschichte des Jahres 2014 schreiben, die wir in ausgewählten und subjektiv kommentierten Fotos Revue passieren lassen wollen.

Und was schon auf die Vorjahre zutraf, gilt erst recht für das letzte Jahr. Es war (wieder) einmalig!

Die Globalisierung des Marathons schreitet voran.  

Mittlerweile läuft die internationale Marathonszene ohne jede Pause. Die Böller zum Jahreswechsel waren kaum verklungen, da sorgte der Marathon in der chinesischen Hafenstadt Xiamen mit auf diverse Strecken verteilten 77.000 Teilnehmern für ein erstes leistungssportliches Highlight.

Der Kenianer Mariko Kiplagat lief mit 2:08:06 bereits am 2. Januar eine ausgezeichnete (Jahresweltbest-)Zeit. Noch besser war aber Mare Dibaba aus Äthiopien, die den Kurs in großartigen 2:21:36 bewältigte, am Ende einer langen Saison waren nur sechs Frauen weltweit schneller. Doping bereinigt, führt bei den Frauen Tirfi Tsegaye (ETH) die Bestenliste des Jahres 2014 an.

Sie siegte Ende September in Berlin in 2:20:18.

Aktuelle Notiz: Die Entwicklungen in Xiamen gehen weiter. Am 3. Januar 2015 stellte Dibaba mit neuem Streckenrekord von 2:19:52 ihre persönliche Bestmarke ein und lief eine Weltklassezeit. Und auch die Männer legten erheblich zu, Moses Mosop gewann in sehr guten 2:06:19. Es kündigt sich die nächste einmalige Saison an …

Die Wüste lebt!    

Spätestens seit den Auftritten der Lauflegende Haile Gebreselassie hat sich der Dubai-Marathon in den Vereinigten Arabischen Emiraten in die Weltspitze der globalen Marathonszene katapultiert. Da machte die Ausgabe des Jahres 2014 keine Ausnahme.

Nachdem man durch kurzes Taktieren ein Zeit nahe am Weltrekord verspielte, fasste sich der Nobody Tsegaye Asefa Mekonnen ein Herz und lief – nachdem er im Jahr zuvor bereits als Tempomacher fungierte – durch. Die Uhren zeigten 2:04:32, nur knapp über dem Kursrekord. Damit lief der erst 18jährige Äthiopier einen (inoffiziellen) Junioren-Weltrekord und versprach, im nächsten Jahr an gleicher Stelle auf Jagd auf den eigentlichen Weltrekord zu gehen.

Dieser wurde allerdings im Laufe des Jahres auf unter 2:03 geschraubt, und beim London-Marathon im April sowie beim Frankfurt-Marathon Ende Oktober waren Tsegayes Vorstellungen kaum weltrekordverdächtig.

Die Wüste lebt! – Teil 2   

Fast noch erfolgreicher als der ungeliebte Nachbar im Süden agiert das Emirat Ras Al Khaimah in Sachen Halbmarathon. Dort nimmt man in Sachen Zehnermittel mittlerweile die globale Spitze ein. Auch 2014 schafften bei guten äußeren Bedingungen 8 Männer eine Zeit von unter einer Stunde, wieder ein beeindruckendes Resultat.

Mit dem Äthiopier Lelisa Desisa gewann nach viel zu langsamer Anfangsphase in 59:36 jener junge Athlet, der ein Jahr zuvor beim Dubai-Marathon vorne war und dabei 5 Läufer unter 2:05 zog. Dem Mann scheinen die Wüstenregionen zu liegen.

Ein Kracher zum Beginn der Saison.    

Völlig überraschend und unerwartet verlief der Auftritt der Kenianerin Florence Kiplagat im Februar beim Barcelona-Halbmarathon. In einem in allen Belangen sensationellen Rennverlauf „pulverisierte“ sie in 65:12 Minuten die globale Bestmarke von Mary Keitany, die 2011 im Emirat Ras Al Khaimah 65:50 gelaufen war.

Fast genauso erstaunlich wie der neue Weltrekord waren die Vorbereitungen im Vorfeld dieses Laufs, die weitgehend durch die Trainerlegende Renato Canova bestimmt wurden. Als die Trainingsleistungen einen Rekordversuch sehr realistisch werden ließen, wurde dies in der Öffentlichkeit kaum thematisiert und bewusst ein Lauf ohne hoch gesteckte Erwartungen ausgewählt. So konnte Kiplagat ohne zusätzlichen äußeren Druck mit zwei Tempomachern die Jagd eröffnen, wobei es nach 5 km in 15:50 kaum rekordverdächtig ausschaute.

Hier war Keitany noch eine ½ Minute schneller, doch dann brachten die kommenden Abschnitte um 15:20 Kiplagat deutlich auf Kurs zu einem Fabelrekord. Ihre Bemühungen im Herbst diese Entwicklung auch im Marathon umzusetzen, scheiterten beim Chicago-Marathon wegen fehlender Fitness. In diesem Jahr will sie in Barcelona noch schneller laufen.

Das wird aber ungleich schwieriger werden als beim Autritt im letzten Jahr.

Schnell, aber nicht schnell genug   

Hoch waren die Erwartungen als im April der Weltrekordler über die 10 km und 15 km Leonard Komon auf Berlins Straßen seine Sammlung mit dem halben Marathon komplettieren wollte. Nach einem Raketen gleichen Start in (vermutlich zu) schnellen 2:40 Minuten für den ersten km lag er bis zur Hälfte auf Rekordkurs, mußte dann aber seinem hohen Anfangstempo Tribut zollen und verpasste am Ende mit 59:14 auch noch den Streckenrekord.

Aber trotzdem war das beeindruckendes Debut über die Halbmarathondistanz. Seine groß angekündigte Premiere über die volle Distanz ging dann Anfang Oktober im niederländischen Eindhoven mit indiskutablen 2:14 gründlich daneben.

Im Jahr 2015 will er alles besser machen.

Am Ende einer einmaligen Karriere    

Finanzen dürften beim London Marathon 2014 kaum einen Rolle gespielt haben. So konnte man sich leisten, neben einem großartigen Elitefeld vom Weltrekordler über Weltmeister und Olympiasieger so ziemlich alles an den Start zu bringen, was in der Marathonszene einen Namen hat, dazu auch die Lauflegende Haile Gebrselassie als Tempomacher für den ersten Part.

Die spektakuläre Aktion ging aber gründlich daneben. Auf den ersten 5 km legte Haile mit einem Höllentempo in 14:21 los, dann wurde es abrupt langsamer und der Edel-„Hase“ quittierte viel zu früh seine Arbeit. Einen Monat später sagte er seine Teilnahme am Hamburg-Marathon und seine Jagd auf den Masters-Weltrekord ab, später in der Saison stieg er beim Halbmarathon in Glasgow aus.

Eine einmalige Karriere in der globalen Laufszene scheint nun das Ende erreicht zu haben. In der Öffentlichkeit seines Heimatlandes könnte er allerdings künftig noch eine wichtige Rolle spielen.

Mutige Flucht nach vorn     

Nach den trauigen Schlagzeilen des Vorjahres sorgte im April 2014 der mutige Sololauf eines Amerikaners für Furore. Nachdem auch nach fast der Hälfte der Strecke von Hopkinton nach Boston das Tempo der Männer recht gemächlich war, faste sich der Haudegen Meb Keflezighi ein Herz und lief der Weltelite davon.

Als die dann merkte, dass der Ausreißer weit enteilt war, war es schon zu spät. Selbst ein Tempo auf Weltrekordniveau reichte im Schlussteil nicht mehr aus, Keflezighi noch abzufangen.

Der rettete einen knappen Vorsprung ins Ziel und schaffte nach 31 Jahren im „Jahr 1“ nach dem Bombenattentat wieder einen amerikanischen Sieg auf dem traditionsreichen Kurs.

London calling      

Mit großer medialer Aufmerksamkeit wurde das Debüt von Mo Farah über die Marathondistanz begleitet. In London hatte man eine Menge Geld investiert, um den britischen Superstar zum Start über die volle Distanz beim London-Marathon zu überreden. Im Jahr zuvor probte Mo schon auf gleicher Strecke bis zur Hälfte.

Doch ähnlich wie die Generalprobe im Jahr 2013 machte auch für seine Premiere ein Jahr später wenig Sinn, den weltbesten Bahnläufer über die Langstrecken (mit viel Geld) zu einem Start auf einer Überdistanz zu überreden. Mo lief stets der Spitzengruppe in respektvollem Abstand hinterher und als diese in der Schlussphase auseinanderflog, war auch Mo müde und blieb zurück.

Immerhin reichte es am Ende zu respektablen 2:08:21. Das war in London nur Platz 8, er lag aber fast 4 Minuten hinter Weltrekordler Wilson Kipsang, der mit 2:04:29 Streckenrekord an der Themse lief. Am Ende der Saison war Farahs Leistung immerhin die beste Zeit für 2014 (Arne Gabius wurde übrigens respektvoller Vierter) in Europa. Im weltweiten Ranking für das Jahr 2014 reichte das aber soeben noch für einen Platz in den TOP 100, in die es nur noch ein weiterer Athlet außerhalb Ostafrikas schaffte.

Bis zu Olympia 2016 in Rio bleibt Mo wohl erst einmal bei seinen Leisten, sprich Läufen auf der Bahn, wo er realistische Chancen einer Titelverteidigung auf beiden Langstrecken haben dürfte.

Danke, Hübi!    

Er war lange ohne Pause beim Berlin-Marathon dabei, bis es seine Gesundheit nicht mehr zuließ, eine solche Strecke zu bewältigen. Er engagiert sich vorbildlich in allen Facetten des Laufsport und ist das Herz der „Hübis“, ein Lauftreff, bei dem wirklich jeder willkommen ist. Das Spektrum seiner Veranstaltungen reicht vom Gänsebraten-Verdauungslauf an Weihnachten bis zum Erinnerungslauf an den originären Berliner Marathon auf der Originalstrecke im Grunewald.

Ferner betreibt er ein viel genutztes Internetportal. Sein Havellauf im Hochsommer hat Kultstatus und gehört zu den schönsten Landschaftsläufen des Landes. Irgendwann hat alles einmal ein Ende, so auch seine Verantwortlichkeit für diesen großartigen Event. Passend zur 25. Ausgabe des Havellaufs übergab er den Stab an seine Nachfolger.

Der Abschied geriet zu einer Ovation für ein Vorbild im Engagement für den Breitensport, der zusammen mit seiner Frau Monika einmaliges für die Belange des Laufsports bewirkt hat.

Danke, Hübi!

Positiv getestet  

Sie dominierte 2014 die globale Marathonszene mit Siegen beim Boston- und Chicago-Marathon sowie damit dem Gewinn der World Marathon Major Wertung, dotiert mit 500.000 US$. Doch Rita Jeptoo war kaum in der kenianischen Heimat zurück, da gab es schockierende Nachrichten über einen positiven Befund bei einer Trainingskontrolle.

Was folgte war eine der Possen des Jahres. Im Rosenkrieg mit dem Ex-Mann machte der die Dinge öffentlich, die B-Probe belastete gleichfalls und endete im GAU für die Athletin, vermutlich auch für den Laufsport. Und zusätzlich zu diesen Entwicklungen deckte ein selbst ernannter Dopingexperte einer deutschen TV-Anstalt die (Doping-)Praktiken in Russland auf, die auch die IAAF sprachlos machten.

Für das Bild der Lauferei in der Öffentlichkeit droht durch solche Form inszenierten Journalismus gewaltiger Schaden, der momentan nur schwer abgeschätzt werden kann. Die Wolken der generellen Verdächtigungen hängen tief über der internationalen Szene.

Da sind die Probleme der Veranstalter in Chicago, in den letzten Jahren keine (legale) Siegerin mehr benennen zu können, fast marginal.

Ein Newcomer mit großem Potential      

Noch etwas scheu agierte Abraham Cheroben während der Pressekonferenz nach dem Berliner Halbmarathon Anfang April, wo er als einziger Läufer beim Rekordversuch des Topstars Komon bis zur Ziellinie mithalten konnte und in 56:14 Zweiter wurde. Einen Monat später bestätigte der Newcomer ebenfalls in Berlin bei den BIG25 über 25 km sein außergewöhnliches Potential und lief trotz Gegenwinds im Schlusspart mit 1:11:47 die drittbeste Leistung aller Zeiten.

Den Weltrekord über diese Distanz hat er für 2015 im Visier. Dass solche Vorgaben nicht mehr unrealistisch erscheinen, zeigte der junge Mann im Oktober, wo er beim Halbmarathon im spanischen Valencia mit 58:47 die schnellste Zeit im weltweiten Ranking des Jahres 2014 schaffte.

Fest in der Weltspitze etabliert   

Die Kenianer Eliud Kipchoge, Sammy Kitwara und Dickson Chumba haben nach 35 km beim Chicago-Marathon im Oktober Kenenisa Bekele sowie den Rest der hochkarätigen Konkurrenz abgehängt und streiten auf der South Michigan Avenue um den Sieg. Ganz locker und mit einem Lächeln im Gesicht setzt sich Kipchoge von den Mitstreitern ab und gewinnt souverän.

Angesichts des Winds und den schwachen Tempomachern ist seine Zeit im Ziel von 2:04:11 herausragend. Dabei war es auch der Wind, der ihn bei seinem Sieg im Frühjahr beim Rotterdam-Marathon in 2:05:00 bremste. Dieser Mann hat Potential zu noch schnelleren Zeiten.

Übrigens liefen auch Kitwara mit 2:04:28 und Chumba mit 2:04:32 Klassezeiten, in Chicago reichte das 2014 aber nur für die weiteren Plätze des Podiums.

Abgehängt      

Die Spitzengruppe beim Chicago-Marathon im Oktober 2014 nach der 25 km-Marke. An vorletzter Stelle läuft einer der Superstars der internationalen Laufszene, der Äthiopier Kenenisa Bekele. Schon kurz danach verliert er in seinem erst zweiten Marathon den Anschluss und wird im Ziel im Grant Park nur Vierter in 2:05:51 und war damit langsamer als beim Debüt beim Paris-Marathon im Frühjahr in 2:05:04.

Jetlag durch zu späte Anreise, ungeeignete Tempomacher und ungünstiges Training wurden als Gründe benannt. Doch bevor sich Frustration ausbreiten kann, soll Ende Januar in Dubai endlich der Durchbruch des Superstars der Unterdistanzen im Marathon erfolgen. Und dazu arbeitet er nun mit dem Trainerguru Renato Canova zusammen, um auf der Rennstrecke am Arabischen Golf auf Tempojagd zu gehen. Da dürfte ihn zusätzlich motivieren, dass auch die Stars Haile Gebrselassie und Paul Tergat mehrere Anläufe im Marathon brauchten, um ihr volles Potential zu entfalten. 2002 wurde Tergat wie Bekele 12 Jahre später in Chicago Vierter.

Im Jahr darauf lief er als erster Mensch in Berlin unter 2:05. Das war damals ein neuer Weltrekord.

Wo sind die Grenzen?    

Das Foto zeigt Dennis Kimetto zusammen mit seinem Manager Gerard van de Veen. Dennis ist der herausragende Läufer des Jahres 2014. Unter 2:03 Stunden wollte er im Frühjahr beim Boston-Marathon laufen, stieg dort aber früh mit einer Zerrung aus. Ein halbes Jahr später machte er aber beim Berlin-Marathon sein Versprechen wahr und knackte als erster Mensch eine weitere Barriere im Marathonlauf.

Als für ihn die Uhren bei 2:02:57 stehen blieben, hatte die globale Bestmarke seines Landsmanns Wilson Kipsang von 2:03:23 nur ein Jahr Bestand. Dabei war es vor allem sein Mitstreiter Emmanuel Mutai, der maßgeblich daran beteiligt war, dass das Tempo jenseits der 30 km extrem hoch gehalten wurde, die man gleichfalls in Rekordzeit passierte. Der 10 km-Streckenabschnitt von 29 km nach 39 km wurde in phantastischen 28:42 zurückgelegt, das war der Garant für tolle Zeiten im Ziel.

Kimetto und Mutai waren bereits vom Chicago-Marathon des Vorjahres ein eingespieltes Team, wo man mit tollen Zeiten den Streckenrekord unterbot. Die Bilanz der Duelle zwischen den Beiden lieferte schlichtweg Fabelzeiten:  2:03:45, 2:03:52, 2:02:57, 2:03:12. Einmalig! Die nach dem Lauf in Berlin, wo man die Weltrekorde der Männer im Monopol zu verwalten scheint, aufkommenden wenig sachlichen Diskussionen um den „2 Stunden-Marathon“ waren das nicht.

Realität ist allerdings schon heute das unfassbare Mittel der zehn schnellsten Zeiten auf dem Berliner Kurs: 2 Stunden 3 Minuten 54 Sekunden, schneller als Hailes Weltrekord vor erst sechs Jahren.

Alles Walzer    

Auch deutsche Athleten können noch Stadtmarathons gewinnen. Anna Hahner, zusammen mit Schwester Lisa die Strahlenfrauen des bundesdeutschen Straßenlaufs, nutzte die Gunst der Stunde und gewann im April nach einer meisterhaften Renneinteilung den Wien-Marathon in 2:28:59.

Danach hatte sie noch ausreichend Kraft für einen Walzer und Ende September verbesserte sie den Hausrekord in Berlin auf 2:26:44. 2014 hatte die junge Läuferin aus Nüsttal-Rimmels gute Gründe zum Strahlen.

Bei den Männern schraubte der Äthiopier Getu Feleke den Wiener Streckenrekord auf 2:05:41 und katapultierte damit die Stadt an der Donau in die erweiterte Weltspitze des Marathonlaufs.

Eine halbe Stunde lang Weltklasse   

Als ob er die Pläne des Organisators bezüglich eines „Aufstiegs in die 1. Lage“ ganz allein umsetzen wollte, rannte der Kenianer Emmanuel Samal bei Münsteraner-Marathon im September los wie die Feuerwehr. Die ersten 5 km durch die winkligen Gassen der Westfalen-Metropole legte er in aberwitzigen 14:24 zurück, und selbst nach 10 km hatte er noch den Weltrekord im Visier.

Danach musste aber auch unser wackerer Kenianer der Binsenweisheit Tribut zollen, dass ein Marathon erst nach gut 42 km zu Ende geht. Sichtbar schwanden ihm jenseits der Halbmarathonmarke die Kräfte, nach 36 km wurde er ein- und überholt. Ein Zeit internationaler Klasse war da lange dahin, und der Sieger verfehlte mit 2:10:42 sogar noch knapp den aktuellen Streckenrekord.

Die 1. Liga muss in Münster weiter warten.

Gruppenbild mit Paula   

Mit Geld und Kompetenz – Renndirektor ist der AIMS Sekretär Hugh Jones – hat sich der Delhi Halbmarathon im Dezember in wenigen Jahren in der globalen Szene etabliert. Mit großartiger Besetzung der Elitefelder bei Männern sowie Frauen machte die Veranstaltung auch 2014 von sich reden. Paula (Radcliffe) war die Schirmherrin, deren Marathon-Weltrekord (2:15:25) von der aktuellen Weltelite schier unerreichbar scheint; das traf auch für 2014 zu.

Eine Kandidatin für eine Zeit im Bereich von Paulas Marke könnte Florence Kiplagat (im Foto ganz rechts) sein, die neben ihrem Sieg in Barcelona mit Halbmarathon-Weltrekord auch in Delhi mit 70:04 die Nase vorne hatte. Furore machten in diesem Lauf vor allem die Männer, gleich acht (!) blieben unter 59:30 Minuten. Eine solche Leistungsdichte absoluter Weltklasse gab es noch nie.

Der Subkontinent ist nun auch läuferisch erwacht.

This was your day.    

Treffender hätte man den Slogan der Veranstalter beim Frankfurt-Marathon kaum umsetzen können. Der Tübinger Arne Gabius scherte sich kaum um die Bedenken fast aller Experten und lag nach seinem Einlauf in die Festhalle sogar noch unter seinen mutigen Prognosen von 2:10 Stunden. 2:09:32 zeigten dort die Uhren, ein grandioses Debüt, nur drei deutsche Läufer waren zuvor jemals schneller gelaufen.

Damit geht nicht nur eine peinliche Durststrecke bundesdeutscher Marathonpräsenz zu Ende, im zweiten Teil drehte Gabius richtig auf und war am Ende dort sogar schneller als die hoch eingeschätzten Ostafrikaner. Dabei lief er den zweiten Part in 1:04:24, also exakt das Tempo für den deutschen Uralt-Rekord des Dresdeners Jörg Peter (2:08:47) aus dem Jahr 1988.

Ganz plötzlich braucht man nicht mehr auf einen eingedeutschten Kenianer warten, Arne Gabius hat unbestritten das Potential, diese Bestmarke anzugreifen. Vermutlich bei den Deutschen Meisterschaften 2015 an gleicher Stelle. Dabei ist dann das hr3-Fernsehen hoffentlich wieder in voller Länge dabei.

Den Unsinn im Jahr 2014, einen hochkarätigen Marathon erst ab der zweiten Hälfte zu übertragen, kann sich nur eine öffentlich rechtliche Anstalt ausdenken.

100 Meilen bei Tageslicht.   

Der Ultralanglauf entlang des Verlaufs der ehemaligen Berliner Mauer ist auf dem besten Weg, Kultstatus zu erlangen. Und mit der 3. Ausgabe ist man an der Spitze nun auch leistungssportlich in die Eliteliga aufgestiegen. Nachdem die erste Hälfte der 161 km vom Japaner Tsutomu Nagata bestimmt wurde, rollte der Brite Mark Perkins das gesamte Feld mit perfekter Logistik auf und erreichte das Ziel nach erstaunlichen 13 Stunden und 6 Minuten.

Der gute Mann „pulverisierte nicht nur die Streckenrekorde aus den beiden Vorjahren, er gewann auch erstmals in Berlin das Duell mit der Sonne, die bei seinem Zieleinlauf ins Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion den Horizont noch nicht erreicht hatte.

Die Gentlemen bitten zur Kasse.  "Maut für nothing".

Start zum Plänterwald-Lauf im Berliner Stadtteil Treptow, eine Breitensport-Veranstaltung mit gut 500 Teilnehmern. Für diesen beim Verband angemeldeten Lauf werden im kommenden Jahr die Abgaben an den DLV auf 1 € erhöht, eine Steigerung um mehrere 100 %. Was diese Aktion des DLV motiviert, scheint selbst diesem unklar, die ganze Sache erinnert sehr an die aktuelle Posse um die Maut auf Deutschlands Autopisten.

Wenn man dann noch Statements vom DLV-Präsidenten vernimmt, dass die drastisch erhöhten Abgaben „eine große Chance bieten, den Laufsport in Deutschland zu fördern“, dann stellt dieses Ansinnen sicherlich den Tiefpunkt im gestörten Verhältnis des DLV zum Läufervolk dar.

Dabei sind es doch gerade viele der kleinen Veranstaltungen, die über 2 Millionen Bundesbürger ans Laufen gebracht haben und aus denen sich nicht unwesentlich der Nachwuchs für die Vereine rekrutiert.

Anstatt diese maßgeblich von bewundernswertem Idealismus getragenen Veranstaltungen seitens der Verbände zu unterstützen, gefährdet man deren Existenz. Wie unausgegoren die ganze Aktion erscheint, belegt auch die Tatsache, dass man sich beim DLV über die Verwendung der zusätzlichen Gelder ausschweigt. Zu Recht ist der Sturm der Entrüstung im Läuferlager groß.

Löblich das Engagement der German Road Race e.V. den Flurschaden begrenzen zu wollen. Ob sich der DLV in Sachen Laufsport allerdings kooperativ zeigen kann, darf bezweifelt werden.

Durch Aktionen wie diese Posse treibt man eher die Basis aus den Verbänden, zumal das viel zitierte Urteil aus Düsseldorf keinesfalls den Zugriff auf den „Wildwuchs“ an Firmenläufen, etc. garantiert.

Die künftigen Entwicklungen werden sicher noch erhebliche Spannungen erzeugen, spannend sind sie allemal.

Die verflixte „13“    

Mittlerweile vergeht kein Jahr, in dem das japanische Laufunikum Yuki Kawauchi für Furore sorgt. 2014 machte da keine Ausnahme. Sage und schreibe 13mal (!) absolvierte er einen Marathon, von denen sein viel beachteter Auftritt im Mai beim Hamburg-Marathon in 2:09:36 die beste Zeit in diesem Jahr wurde.

Bezeichnender Weise war der Lauf im stürmischen New York City in 2:16:41 seine schwächste Vorstellung 2014. Neben gewaltigen Windböen war es aber ein übereifriger Polizist auf einem Motorrad, der dem wackeren Japaner gehörig zusetzte und ihn unvermittelt stoppte, als sich Yuki von der Konkurrenz abgesetzt hatte.

Was immer sich der Ordnungshüter bei dieser Aktion gedacht hatte, es symbolisiert die nicht selten anzutreffende überzogene Ausübung der Tätigkeiten von Helfern, die jedes Augenmaß für die Realitäten vermissen lassen. Dass allerdings dies an so prominenter Stelle geschieht, ist in der Tat eine Rarität.

In der Jahresbilanz von Yuki war das ärgerlich aber ohne große Konsequenzen, schnell laufen kann man in New York City sowieso nicht. Das tat er 2014 vor allem in ca. 18 Halbmarathons in seiner Heimat, alle im Bereich von 1:02 bis 1:06.

Unglaublich!

Helmut Winter

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author: GRR

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