Blog
25
12
2009

Am Geburtshaus von Michel Bréal, der heutigen Sparkasse am Rathausplatz in Landau, verweist seit einem Jahr eine Gedenktafel auf den Ideengeber des Marathonlaufs neben seinen Verdiensten als Sprachforscher.

2010 – Das Jahr eines einmaligen Jubiläums – 2500 Jahre MARATHON

By GRR 0

Das Jahr 2010 hat  für den Begriff "MARATHON" eine besondere Bedeutung. Es ist das Jahr des Jubiläums    "2500 Jahre MARATHON".

Beim Wort "Marathon" denkt man nicht  zuallererst  an die Stadt Marathon – und schon gar nicht an die Schlacht von Marathon, die 490 v.Ch. stattgefunden hat. Der Begriff hat sich verselbständigt und ist Synonym für einen Lauf über 42,195 km geworden. Die Schlacht der Athener gegen die Perser hat tatsächlich 490 v.Ch. stattgefunden – der Lauf des Siegesboten von Marathon nach Athen ist wohl  Legende – an die aber jeder glaubt! 1896 fand –  anläßlich der Olympischen Spiele in Athen –  der erste Lauf von Marathon nach Athen statt.

Griechenland wird das 2500-jährige Jubiläum im Jahr 2010 staatlicherseits festlich begehen, der 28. Athens Classic Marathon(ACM) wird am 31. Oktober 2010 das Jubiläum natürlich auch  entsprechend feiern – es wird nicht nur ein Jahrhundertereignis – sondern ein "Jahrtausendereignis" sein – ein Ereignis, daß keine andere Sportart zu bieten hat. Man erinnert sich an den 100-jährigen Boston Marathon 1996, an den Berlin-Marathon 1990 als er nach dem Mauerfall zum ersten Mal durch das Brandenburger Tor führte oder an den New York City Marathon 2001 nach den Terroranschlägen  – alles Läufe  mit Rekordteilnehmerzahlen – alles einmalige Erlebnisse für die Welt des Laufens.

Am 7. Mai 2010 wird auch der DLV, zusammen mit der Stadt Mainz, dem Mainz-Marathon, dem LSB Rheinland-Pfalz und GRR, anläßlich der Deutschen Marathon Meisterschaften,  einen Festakt zum Jubiläum "2500 Jahre MARATHON" organisieren – das Jahr 2010 wird für den Laufsport spannend werden.

Der griechische Leichtathletik-Verband (SEGAS), der Athens Classic Marathon und AIMS (Association of International Marathon and Distance Races) haben gemeinsam ein Logo für 2010 herausgegeben, das dem MARATHON-Jubiläum gewidmet ist und das auf Medaillen, Postern, Drucksachen und Souvenirs vieler Läufe präsent sein wird.

German Road Races wiederholt im folgendem zur Einstimmung auf das Jubiläumsjahr 2010 einen Beitrag, der im Mai von Prof. Dr. phil. Norbert Müller auf der GRR-Internetseite publiziert worden ist.

Horst Milde

 

Bis heute verbindet man mit seinem Namen den Beginn der französischen Sprachforschung (Semantik), vergessen wurde etwas für unsere Zeit viel Bedeutenderes: Bréals Idee zur Einführung des Marathonlauf bei den modernen Olympischen Spielen.

 

Am 26.März 1832, also vor 177 Jahren, wurde in Landau in der Pfalz  der kleine Michel-Jules-Alfred Bréal (genannt Michel Bréal) als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sein Vater August Bréal war in Landau ein hoch angesehener Anwalt;  die Pfalz gehörte am Beginn des 19.Jh. für 15 Jahre als Departement Mont-Tonnerre (Donnersberg) zu Frankreich. Dadurch hatte der Vater von Michel Bréal, der aus Pirmasens stammte, im Jahre 1808 seinen Geburtsnamen Abraham Machol in den französischen Bréal umgewandelt.

Michel Bréal besuchte die Schule im nahen Weißenburg bevor er in Straßburg und Berlin studierte und Gymnasiallehrer wurde. 1873 war er kurze Zeit französischer Unterrichtsminister, dann bis zu seinem Tod 1915 Professor an der Pariser Elite-Universität „Institut de France“ und Mitglied der Académie française.

Bis heute verbindet man mit seinem Namen den Beginn der französischen Sprachforschung (Semantik), vergessen wurde etwas für unsere Zeit viel Bedeutenderes: Bréals Idee zur Einführung des Marathonlauf bei den modernen Olympischen Spielen.

Der aus Speyer stammende Mainzer Olympiaforscher, seit 10 Jahren auch Gastprofessor für Sportgeschichte an der Universität in Landau, geht in dem Beitrag   erstmals den Wurzeln seines bedeutenden „pfälzischen Landsmannes“ nach.

Am Geburtshaus von Michel Bréal, der heutigen Sparkasse am Rathausplatz in Landau, verweist seit einem Jahr eine Gedenktafel auf den Ideengeber des Marathonlaufs neben seinen Verdiensten als Sprachforscher.

Der Ideengeber des olympischen Marathonlaufs: Der Pfälzer Michel Bréal (1832-1915) – Michel Bréal und seine Initiative zum Marathonlauf im Jahre 1894

Der für die Ursprungsfrage des Marathonlaufs wichtigste Satz steht am Ende des Briefes und hat folgenden Wortlaut: "Wenn Sie nach Athen gehen, könnten Sie doch versuchen, ob nicht ein Lauf von Marathon zum Pnyx organisiert werden kann. Das würde den antiken Charakter unterstreichen. Wenn wir die Zeit, die der griechische Soldat (für diese Strecke) gebraucht hat, kennen würden, könnten wir einen Rekord führen. Für meine Person beanspruche ich die Ehre, den ‚Marathon-Pokal’ zu stiften."

1 Michel Bréal und seine Initiative zum  Marathonlauf im Jahre 1894 – Norbert Müller

Die Wiedereinführung der Olympischen Spiele stellt einen die Welt bis heute begleitenden Höhepunkt der Antikenrezeption des 19. Jahrhunderts dar. Beschlossen wurde sie im Rahmen eines Kongresses am 23. Juni 1894 in der Sorbonne zu Paris, der zunächst die Gründung eines Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zum Ziel hatte. An diesem Kongress nahmen 78 Mitglieder teil, die von 37 Sportorganisationen aus neun Ländern gesandt waren.  

In der gedruckten Liste der Teilnehmer suchen wir vergeblich den 1832 in Landau in der Pfalz geborenen Altphilologen und Sprachforscher Michel Bréal.  Der Landauer Rechtsanwaltssohn war schon seit 1866 Professor für vergleichende Literaturwissenschaft am Collège de France und seit 1875 Mitglied des Institut de France.

Wir begegnen ihm auch nicht in den Protokollen der Beratungen des Kongresses. Von einer möglichen olympischen Disziplin Marathonlauf’ war darin keine Rede. Erst beim Schlussbankett saß  der berühmte Bréal am Ehrentisch und hielt eine viel beachtete Rede, indem er den neuen olympischen Wahlspruch „citius-altius-fortius“ begeisternd interpretierte.

Was hat der Michel Bréal in der olympischen Geschichte unsterblich gemacht? Es ist sein Brief vom 15. September 1894 aus Glion (Schweiz), in dem er Coubertin den Vorschlag unterbreitet, in das Programm der Olympischen Spiele von Athen 1896 einen Lauf von Marathon zum Pnyx, dem berühmten Versammlungsort der Athener, als offiziellen olympischen Wettbewerb einzuführen. Gleichzeitig bietet er an, für den Sieger den Pokal zu stiften.

Der für die Ursprungsfrage des Marathonlaufs wichtigste Satz steht am Ende des Briefes und hat folgenden Wortlaut:
"Wenn Sie nach Athen gehen, könnten Sie doch versuchen, ob nicht ein Lauf von Marathon zum Pnyx organisiert werden kann. Das würde den antiken Charakter unterstreichen. Wenn wir die Zeit, die der griechische Soldat (für diese Strecke) gebraucht hat, kennen würden, könnten wir einen Rekord führen. Für meine Person beanspruche ich die Ehre, den ‚Marathon-Pokal’ zu stiften."
 
Coubertin muss Bréal kurz zuvor über seinen geplanten Athen-Besuch informiert haben, der nötig wurde, um den Beschluss des Kongresses zur Abhaltung der ersten Olympischen Spiele 1896 vor Ort voranzutreiben. Auf jeden Fall bezieht sich der Vorschlag, einen Marathonlauf durchzuführen, eindeutig auf die geplante Griechenlandreise Coubertins Ende Oktober 1894.

Bréal brauchte Coubertin von seiner Idee nicht lange überzeugen. Von entscheidendem Einfluss für Coubertins Antikenbild war nach eigenem Bekunden seine Gymnasialzeit am Pariser Jesuitenkolleg in der Rue de Madrid. Mehrfach erwähnte er einen Lehrer, den Jesuitenpater Jules Carron, der ihm die Liebe zur Antike beigebracht habe. Carron unterrichtete Coubertin im Fach Rhetorik, das am Ende der weiterführenden klassischen Studien in der Altersstufe der 15-17-jährigen täglich auf dem Stundenplan stand.

Angesichts der Fülle griechischer und lateinischer Autoren, die dabei studiert wurden, ist davon auszugehen, dass Coubertin die Überlieferungen zur Schlacht bei Marathon gut kannte – und damit auch die Legenden, die sich mit dem Lauf jenes athenischen Kriegers verbanden, der die Siegesmeldung den Athenern überbrachte und danach tot zusammengebrochen sein soll (vgl. Müller 1997).

2  Hintergründe zu Bréals Marathon-Idee

Was konnte Bréal dazu bewogen haben, zweieinhalb Jahrtausende später diesem sagenumwobenen Ereignis mit einem Wettlauf von Marathon nach Athen zu solcher Bedeutung zu verhelfen? Dass er die vielfach übertragenen Legende vom Siegesboten und dessen Erschöpfungstod, von der erstmals der Schriftsteller Plutarch 600 Jahre nach der Schlacht berichtet hatte, unkritisch übernommen hätte, ist für einen Altphilologen von der Qualität Bréals kaum vorstellbar.

Die Geschichte bezieht sich vielmehr auf den bewundernswert schnellen Rückzug der schwer bewaffneten siegreichen Athener von Marathon nach Athen; die Athener bewältigten die für damalige Verhältnisse nicht gerade kurze Strecke von mehr als 40 Kilometern in nur einem Tag, um ihre Stadt vor einem möglichen Angriff vom Meer aus zu schützen.  

Bréals Idee von 1894 war ganz sicher von der aktuellen Berichterstattung um die Auffindung des Grabhügels der gefallenen Kämpfer von Marathon vier Jahre zuvor 1890 begünstigt. Damit verband sich für Bréal konkrete antike Anschauung mit der Lehrweise der alten Sprachen, wie er diese in seinem bei Hachette 1891 erschienenen Buch "De l'enseignement des langues anciennes" beschrieb.

3 Umsetzung der Idee des Marathonlaufs in Athen

Bréals Idee muss bei Coubertin gezündet haben, denn im Bulletin Nr. 3 des IOC im Januar 1895 veröffentlichten Programm für die in Athen geplanten Olympischen Spiele wurden die leichtathletischen Wettbewerbe folgendermaßen unterteilt (vgl. Abb. 2):

Athletische Sportarten

Laufwettbewerbe: 100 m, 400 m, 800 m und 1500 m, 110 m Hürden. Nach den Regeln der USFSA.
Sonstige Wettbewerbe: Weit- und Hochsprung, Stabhochsprung, Kugelstoßen und Diskuswurf. Nach den Regeln der AAA.
Laufwettbewerb genannt ,Marathon’, über eine Distanz von 48 km von Marathon nach Athen, um den Pokal, gestiftet von Herrn Michel Bréal, Mitglied des Institut de France.

Wenn wir dem späteren handschriftlichen Vermerk Coubertins auf der Titelseite des Manuskripts Vertrauen schenken dürfen, dass er das Programm im November 1894 anlässlich seines Besuchs in Athen niedergeschrieben habe, muss die Idee Bréals nicht nur seine Unterstützung gefunden, vielleicht sogar Enthusiasmus bei ihm ausgelöst, ganz sicher aber seinen sonst eher zurückhaltenden griechischen Gastgebern gefallen haben.

Der Grund ist einfach: Die junge Griechischen Republik war auf der Suche nach einer eigenen Identität. Dabei kam ihr die Marathon-Idee in Ergänzung zu den Olympischen Spiele in ihrer Hauptstadt Athen sicher gelegen, zumal der Ursprung der Olympischen Spiele im 400 km entfernten Olympia liegt.
 
In den überlieferten Briefen und Karten Bréals an Coubertin aus dem fraglichen Zeitraum gibt es keine weiteren Hinweis auf die Idee des Marathonlaufs. Lediglich eine undatierte Visitenkarte mit Glückwünschen Bréals zur Geburt von Coubertins erstem Kind, seinem Sohn Jacques, im Februar 1896, trägt den Hinweis:
„Fahren Sie nicht nach Athen ab, ohne dass ich Ihnen etwas zum Mitnehmen gegeben habe." (Archiv IOC)
Meinte Bréal damit den von ihm gestifteten Silber-Pokal, der von einem bekannten Juwelier in Paris angefertigt wurde?

Den Leser wird überraschen, dass in dem handschriftlichen und in den ersten beiden gedruckten Programmen von einem Marathonlauf über 48 km die Rede ist.   

Hierzu gibt es nach K. Lennartz eine überzeugende Erklärung: Zwischen der Ebene von Marathon und der Stadt Athen befindet sich das Pentelikon-Gebirge, dessen höchste Erhebung 1109 m über dem Meeresspiegel liegt. Der antike Weg führte wahrscheinlich aufwärts durch das Gebirge bis zu einem Dionysos-Heiligtum (350 m über dem Meeresspiegel), war dann etwas eben und fiel schließlich steil ab zu den heutigen Athener Vororten Ekali, Kefisia und Amorusi.

Der griechische Sporthistoriker Ion Ioannidis untersuchte in den 30er Jahren mögliche Pfade vom Schlachtfeld von Marathon hinauf ins Gebirge. Er fand auch eine gut laufbare Route, die bis zum Stadion in Athen lediglich 34 km betrug. Ioannidis vermutet, dass am Ende des 19. Jahrhunderts zwischen Marathon und dem Dionysos-Heiligtum in der Höhe kein Weg mehr existierte und die Ausrichter deshalb den längeren Weg südlich um das Gebirge herum und dann zwischen den Pentelikon- und Hymetos-Bergen nach Athen wählen mussten. Diese Route ist ca. 40 km lang und geht über eine Steigung von 250 Meter.  

In den ersten gedruckten Programmen war also „grob gemessen“ von 48 km die Rede, doch bei den zuletzt mit den Einladungen verschickten Programmen stand nur noch: „Marathonlauf über 42 km“. Im Programme détaillé, das am 15. Februar 1896 im Bulletin des Organisationskomitees veröffentlicht wurde, hieß es für den vierten Tag: „Course de Marathon (40 kilomètres)“ (Programme détaillé pour les Sports athlétiques et la gymnastique. In: Les jeux Olympiques. Messager d’Athènes 1896: 7).

Ein weiterer Hinweis für die konkrete Umsetzung finden wir im Nachlass des Gründungspräsidenten des IOC Dimitrios Vikelas im Athener Nationalarchiv. Unter dem 9.1.1896 erbittet Bréal von diesem eine  Übersetzung der geplanten Eingravierung  für den Marathon-Pokal ins Neugriechische. Er begründet dies damit, dass der junge siegreiche Sportler sonst die Inschrift nicht verstehen könne.  Hat Bréal demnach bereits fest an einen griechischen Sieger geglaubt? (Die Inschrift des Pokals lautet:    

    OLIMPIAKOI AGONES – MARATHONION ATHLON –     
    EDOKE MICHAEL MPREAL    
    (Olympische Spiele / Marathon Preis / gestiftet von Michel Bréal)

4 Der Erfolg des ersten Marathonlaufs von Athen 1896

Die weitere Geschichte dieses legendären ersten Marathonlaufs der Weltgeschichte ist bekannt. Überraschend gewann der griechische Ersatzläufer Spiridon Louis, um den sich zahllose Mythen ranken. Sein Sieg vor einem weiteren Griechen, einem Ungarn und weiteren sieben Griechen ist deshalb so legendär, weil er zum einen die viel höher eingeschätzten Ausländer, den Franzosen Albin Lermusiaux, den Amerikaner Arthur Blake und den Australier Edwin Flack geschlagen hatte (alle drei gaben auf dem letzten Drittel der Laufstre-cke offensichtlich durch Mangel an Glykogenvorrat auf, da sie den Fettstoffwechsel nicht bewältigen konnten).

Nur der Ungar Gyola Kellner konnte mithalten und wurde mit sieben Minuten Rückstand auf Louis Dritter. Der zweitplatzierte Grieche Charilaos Vassilakos kam kurz vorher ins Ziel. Louis, erster griechischer Olympiasieger und das noch im legendären Marathonlauf, ließ nach zahllosen Erfolgen ausländischer Leichtathleten in den Tagen zuvor die griechische Volksseele überschäumen. Immerhin waren 60 000 Griechen im Stadion und auf den Hügeln darüber.

Louis wurde zum Volkshelden und erhielt am Schlusstag der Olympischen Spiele aus der Hand des Königs den von Michel Bréal gestifteten silbernen Pokal, der noch heute von seinem Enkel aufbewahrt wird.

Vikelas ehrte den Ideengeber Bréal, indem er ihm am gleichen Tag, dem 10. April 1896, ein Telegramm über den erfolgreichen Verlauf und den Sieg des Griechen Spiridon Louis nach Paris sandte. Bréal bedankte sich in einem sehr netten Brief am Tag darauf und beglückwünschte Vikelas zum Erfolg der Spiele und der griechischen Sache. 

5  Das Verhältnis von Bréal zu Coubertin

Der junge Coubertin hatte offenbar schon zu Beginn der neunziger Jahre (des 19.Jh.) erkannt, wie wichtig ein so hoch angesehener Wissenschaftler wie Michel Bréal zur Unterstützung seiner Vorhaben werden könne. Aus den 11 im IOC-Archiv aufbewahrten Briefen und Karten ist abzulesen, dass Bréal den jungen engagierten Baron offenbar schätzte und seine Aktivitäten unterstützen wollte.
Das Verhältnis ist aber auch dadurch charakterisiert, dass Bréal stets einen höflichen, beratenden Ton wählte. Er war ja auch eine Generation älter.

Dennoch erscheint mir das Verhältnis Michel Bréals zu Coubertin von besonderer Qualität. Coubertin suchte offensichtlich in Fragen zur Antike immer wieder dessen Rat. Über 15 Jahre, zwischen 1894 und 1909, hielt er Bréal regelmäßig auf dem Laufenden.

Wenn man diesen Briefwechsel etwa mit demjenigen von Coubertin zum amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt vergleicht, so ist er ohne eine inhaltsreiche fortführende Thematik; das Rezept Coubertins, sich über Brief- und Büchersendungen engere Verbindung zu politisch oder einflussreichen Intellektuellen zu verschaffen, hatte bei Bréal nur begrenzten Erfolg.

Die Tatsache, dass Coubertin in seinen vielen Schriften die Urheberschaft Bréals für die Initiative des Marathonlaufs nicht leugnete, sie aber auch nicht besonders betonte, zeigt einen Stil, der bei Coubertin häufig anzutreffen ist: Er möchte sein Lebenswerk möglichst nur mit seinen eigenen persönlichen Initiativen geschmückt wissen; im Falle von Michel Bréal konnte er dessen Urheberschaft nicht leugnen, aber auch keinen darüber hinausgehenden Nutzen ziehen.

Die grandiose Idee des Marathonlaufs bleibt also das Vermächtnis eines Pfälzers!

Univ.-Prof. Dr. phil. Norbert Müller

2500 JAHRE MARATHON

 

Siehe auch die Beiträge auf der englischen GRR-website:

A History of the Marathon Race — 490 B.C. to 1975* – by John Apostal Lucas – *Originally printed in: The Amateur Athlete, 28 (November 1957), 10-13. 

Part I

Part II

Part III

 

Literatur
Bulletin du Comité international des Jeux olympiques 1/1 (1894), 2/3 (1895), 2/4 (1895).
Bréal, M. (1891): De l’enseignements des langues anciennes. Conférences faites aux étudiants en lettres de la Sorbonne. Paris: Hachette.
Coubertin, P. de (1909): Une Campagne de vingt-et-un ans. Paris: Librairie d’Education Physique. Deutsche Ausgabe: Carl-Diem-Institut / Wirkus, B. (Bearb.) (1974): Einundzwanzig Jahre Sportkampagne (1887-1908). Ratingen / Kastellaun / Düsseldorf: Henn.
Coubertin, P. de (1926-27): Histoire Universelle, 4 Bde. Aix-en-Provence: Société de l’Histoire Universelle.
Coubertin, P. de (1930): Notre France. Aix-en-Provence: Société de l’Histoire Universelle.
Coubertin, P. de (1935): Les assises philosophiques de l’Olympisme moderne (zitiert nach der Ausgabe in: Coubertin, P. de (1966): Der Olympische Gedanke. Schorndorf: Hofmann).
Coubertin, P. de et al. (1896): Les Jeux Olympiques de 1896. Rapport Officiel. Athen, Paris: Beck / Le Soudier.
Frigo, T. (1999): Marathonlauf. In: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Bd.7. 846.
Georgiadis, K. (2000): Die ideengeschichtliche Grundlage der Erneuerung der Olympischen Spiele im 19. Jahrhundert in Griechenland und ihre Umsetzung 1896 in Athen. [Diss. Sportwiss. Mainz 1999.] Kassel: Agon.
Gillmeister, H. (22.8.2004): Olympische Brückenschläge – merkwürdiges aus Athen. Marathon: SID.
Giessen,H.W./Lüger,H.-H./Volz,G.(Hrsg.)(2007):Michel Bréal – Grenzüberschreitende Signaturen. Bd.13 d. Beitr. „Landauer Schriften zur Kommu-nikations- und Kulturwissenschaft“. Landau, Verl. Empirische Pädagogik.
Hatzfeld, A. (Hrsg.) (1873): Virgile. Opéra. Paris: Ernest Thorin éd.
Hatzfeld, A. (Hrsg.) (1899): Aristote. La poétique. Traduit par A. Hatzfeld. Lille: A.Fontemoign éd.
Kertész. I. (1991) Schlacht und „Lauf bei Marathon – Legende und Wirklichkeit.“ In: Nikephoros 4, 155-160.
Lennartz, K. (1996): Der Marathonlauf – 1896 die Königsdisziplin. In: Lennartz, K. und Mitarbeiter (Hrsg.): Die Olympischen Spiele 1896 in Athen. Erläuterungen zum Neudruck des Offiziellen Berichtes. Kassel: Agon. 126-132.
Messager d’Athènes (1986): Les jeux Olympiques. Supplément au no 4. Athènes: 15. Februar 1896.
Müller, N. (1994): Cent ans de Congrès Olympiques 1894-1994. Lausanne: IOC.
Müller, N. (1996): Henri Didon. Der Urheber der Olympischen Devise „citius, altius, fortius“. In: Müller, N. / Messing, M. (Hrsg.): Auf der Suche nach der Olympischen Idee. Kassel: Agon, 49 – 62.
Müller, N (1997): Coubertin und die Antike. In: Nikephoros 10, 289 – 302.
Müller, N. (Hrsg.) (2000): Pierre de Coubertin. Selected Writings. Lausanne: IOC.
Müller, N. / IOC (Hrsg.) (1986): Pierre de Coubertin. Textes Choisis. Bd. 1: Révélation, Bd. 2: Olympisme, Bd. 3: Sports pratiques. Hildesheim, Zürich, New York: Weidmann.
Müller, N. / Schantz, O. (1991): Bibliographie Pierre de Coubertin. Lausanne: CIPC.
Programme détaillé pour les Sports athlétiques et la gymnastique. In: Les jeux Olympiques. Messager d’Athènes 1896: 7.
Siewert, P. (1990): Die Namen der antiken Marathonläufer. In: Nikephoros  3, 121-126.
Wassong, St. / Müller. N. / Liungmann, C. (Hrsg.) (2005): Pierre de Coubertin und Jules Simon. In: Deutsches Pierre de Coubertin-Komitee /  Wassong, St. (Hrsg): Internationale Einflüsse auf die Wiedereinführung der Olympischen Spiele durch Pierre de Coubertin. Kassel: Agon, 89-102.
Weiler, I. (1981): Der Sport bei den Völkern der Alten Welt. Darmstadt: WBG.
Wirkus, B. (1976): Der pragmatische Historismus Pierre de Coubertins. In: Hecker, G. (Hrsg.): Der Mensch im Sport. Festschrift zum 70.Geburtstag von Professor Liselott Diem. Schorndorf: Hofmann, 32-45.

1. vgl. Müller 1994: 34-47.

2. Er entstammte einer angesehenen jüdischen Familie. Sein Vater August Bréal wurde unter dem Namen Abraham Machol Liebmann 1789 in Pirmasens geboren und nahm 1808 in der Napoleonischen Zeit den neuen Namen an. 1816 wurde er Anwalt am königlichen Bezirksgericht in Landau. Siehe Volz,G.: Michel Bréal – ein Weltbürger aus Landau. In: Giessen,H.W./Lüger,H.-H./Volz,G.(Hrsg.)(2007):Michel Bréal – Grenzüber-schreitende Signaturen. Landau, S-15 – 41.

3. Der Verfasser konnte den Brief bei seinen Recherchen zur französischen Coubertin-Edition im Jahre 1984 im IOC-Archiv in einem verstaubten Ordner ,Autographes’ entdecken. Für die Bearbeitung der folgenden Darlegungen konnte ich auf die Bréal-Korrespondenz an Coubertin zurückgreifen, die dankenswerter Weise H.W. Giessen (Saarbrücken) von Recherchen im IOC-Archiv in Lausanne als Kopien und in Transkriptionen mitbrachte.

4. Herodot VI 116-117.

5. Im Bulletin du Comité International des Jeux Olympiques 2/4 (1896), 1 wurde das in Nr. 3 erschienene Programm unverändert erneut abgedruckt.

6. Vgl. Lennartz (1996), 126 -132.

7. Ebenda, 127.

8. Georgiadis 2000: 638.

9. Der Brief ist abgedruckt bei Georgiadis 2000: 639f.

 

Weitere Veröffentlichungen zur Geschichte des Marathon auf der GRR-website:

Königin Elizabeth erinnert an die Olympischen Spiele von 1908 und die Jahrhundertfeier der „klassischen Marathondistanz“

Königin Elizabeth erinnert an die Olympischen Spiele von 1908 und die Jahrhundertfeier der „klassischen Marathondistanz“

 

100 Jahre Marathon über 42,195 km = 25 Meilen + 1 Meile + 385 Yards – Marathonstrecke London OS 1908 – Das Jubiläum der 42.195 km

100 Jahre Marathon über 42,195 km = 25 Meilen + 1 Meile + 385 Yards – Marathonstrecke London OS 1908 – Das Jubiläum der 42.195 km

2500 JAHRE MARATHON

author: GRR

Comment
0

Leave a reply