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24
07
2006

Tesfaye Eticha und Emebet Abosa wiederholten Vorjahressiege – Die „schönste Marathonstrecke der Welt“ ist zugleich eine der schwersten – 1.200 Helfer sorgten trotz Katastropheneinsatz im Vorfeld dafür, dass 4.000 LäuferInnen das ultimative Lauferlebnis haben konnten

13. Jungfrau Marathon – Wie gehabt äthiopische Siege auf der Kleinen Scheidegg – Die „schönste Marathonstrecke der Welt“ ist zugleich eine der schwersten

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Zur „schönsten Marathonstrecke der Welt“ kürten die beiden amerikanischen Autoren Dennis Graythron und Rich Hanna im „Ultimativen Marathon-Guide“ den Jungfrau-Marathon. Doch einmal mehr blieben den viertausend Läufern aus fünfzig Ländern der Blick auf das weltberühmte Viertausender-Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau verwehrt. Starke Regenfälle am Vorabend und ein zumeist Wolken verhangener Himmel am Renntag machte die Hoffnung zunichte, die schneebedeckten Massive aus der Nähe zu erleben. Dennoch wurde die dreizehnte Auflage des Jungfrau-Marathons mit Start in Interlaken und dem Ziel auf der Kleinen Scheidegg, der sicherlich wegen seiner an sich atemberaubenden Landschaft den Zusatz „Berglauf-Olymp“ erhalten hat, zur Erfolgsgeschichte.

Glückszahl

„Die Zahl dreizehn ist für uns eine Glückszahl“ vertrieb im Kreise von Sponsoren und Medienvertreter OK-Präsident Christoph Seiler mögliche Abergläubige, denn dass diese dreizehnte Auflage überhaupt durchgeführt werden konnte, das ist schon eine besondere Leistung der Verantwortlichen im Verbund mit den über 1.200 Freiwilligen. Schließlich war die Region durch die Unwetter wenige Tage zuvor arg in Mitleidenschaft genommen wurden. Muntere Gebirgsflüsse wie die Lütschine wurden zum reißenden Strom und räumten alles ab, was sich den tosenden Wassermassen in den Weg stellte.
Abgerutschte Berghänge, aufgetürmte Baumstämme und Wurzelgeflechte, Felsbrocken aller Größenkategorien, eingestürzte Brücken und abgesackte Straßenverbindungen sowie Schlammwüsten anstelle gepflegter Bauerngärten und Wiesengelände konnten die Marathonläufer und ihr Begleittross noch zwei Wochen nach dem Unwetter noch hautnah erleben.

Dank an die Helfer nach dem Unwetter

„Es war weniger die Laufstrecke, die bis auf kleinere Passagen in Mitleidenschaft genommen wurde, es ist die Belastungsgrenze, die viele der Helfer durch ihren Einsatz Tag und Nacht längst erreicht hatten und dennoch für die Organisation zur Verfügung standen, was uns große Sorgen bereitete“, gestand Christoph Seiler. „Deshalb gilt mein ausdrücklicher Dank den vielen ehrenamtlichen Helfern, die die Garanten für diese großartige Veranstaltung sind!“

„Beinhart und trotzdem schön!“

Heinz Schild, der „Erfinder“ des Jungfrau-Marathon, nannte den Hochgebirgsmarathon mit 1.839 Höhenmetern einstmals einen „Marathon zum Genießen. Beinhart und trotzdem schön!“
Davon konnten sich einmal mehr viertausend Läuferinnen und Läufer überzeugen. Das ist das Teilnehmerlimit, das sich die Organisation gegeben hat, um einen hochwertigen Marathon mit optimaler Infrastruktur zu bieten, der mit einem Entrée und der Startnummernausgabe im Casino-Kursaal und dem Start vor dem mondänen Fünf-Sterne-Grand-Hotel Victoria-Jungfrau im städtischen Flair Interlakens beginnt und dem Ziel auf der Kleinen Scheidegg auf 2 061 m mit einer ausgiebigen Zielverpflegung und heißen (!) Duschen samt Haarfön in den Umkleidebereichen endet.

Gestartet wurden die Teilnehmer vom Senior-Race Director des real,- BERLIN-MARATHON der die Aufgabe eines Ehrenstarters hatte, nachdem die Favoriten unter dem Beifall der fachkundigen Zuschauer auf einem kleinen Podest vorgestellt wurden.

Mit Mühen … zur Jungfrau, Eiger und Mönch

So manche der hoch gehandelten Mitfavoriten schleppten sich ebenso mit Mühen die mächtige Moräne vor der in einer Nebelwand eingehüllten weltberühmten Gebirgskette von Eiger, Mönch und Jungfrau zum Zieleinlauf wie die vielen ambitionierten Freizeit- und Hobbyläufer.
Auch Initiant Heinz Schild, der erstmals „seinen“ Marathon unter die Füße nahm, durfte sich am eigenen Körper von der strapaziösen Tour überzeugen. „Ich war nervös wie ein Schulbub bei einer Schulfahrt“ gestand Heinz Schild später über seine Laufpremiere beim Jungfrau-Marathon. Und hatte Krämpfe wie viele Hunderte anderer. „Das ist schon eine gewaltige Herausforderung!“ Und dennoch ist der Jungfrau-Marathon begehrt wie die großen Citymarathons von Berlin über London bis New York, denn auch hier werden die Startnummern letztlich verlost.
„Wir hätten sechs- bis achttausend Startplätze vergeben können“, umreißen die Macher des Jungfrau-Marathons den Run auf die begehrten Startnummern. Aber die Logistik setzt gnadenlos das Limit, schließlich müssen 20 t Material vom Tal zur Kleinen Scheidegg gebracht werden. Ökologisch verträglich, denn gerade die hochalpinen Bereichen sind sensibel wie eh und je.

In der Schweiz lebende Äthiopier siegen

An der Spitze verdienten sich die beiden in der Schweiz lebenden Äthiopier Tesfaye Eticha und Emebet Abosa das erste Preisgeld, einschließlich der „Spurtprämien“ nach 4 und 20 km. Das jedenfalls war keine Überraschung, denn beide konnten als Vorjahressieger mit gewissen Siegerwartungen ins Rennen gehen.
Mit 2:59:21 Stunden gelang alleine Eticha den Sprung unter die begehrte Drei-Stunden-Marke, den Kursrekord des weltbesten Gipfelstürmers Jonathan Wyatt verpasste er allerdings um glatte zehn Minuten.

Übrigens, vor zwei Wochen konnte Tesfaye Eticha im Vorbeigehen noch den Basel-Marathon in 2:13:46 Stunden gewinnen. Der zunächst mutig mit dem Äthiopier mithaltende Tscheche Jan Blaha handelte sich zwischen Lauterbrunnen und dem Ziel satte 19 Minuten Rückstand auf Eticha ein, was letztlich nur zu Rang zehn reichen sollte.
Der vierfache Swiss Alpine-Marathon-Sieger Grigory Murzin zeigte sich, unter Beobachtung des SAD-Chefs Andrea Tuffli, auf dem schnellen und dennoch selektiven Kurs im Berner Oberland gegen den Äthiopier überfordert und kam mit 3:05:10 Stunden und einem Fünf-Minuten-Rückstand auf Rang zwei ein. Billy Burns verhinderte als Dritter einen noch größeren Erfolg der Brüder Toni und Karl Jöhl, die sich in dem Klassefeld auf den Rängen vier und fünf letztlich prächtig schlugen.

14 Minuten Vorsprung

Bei den Frauen stand der Sieg der kleinen Emebet Abosa praktisch schon wenige Kilometer nach dem Start bereits fest. Die Äthiopierin hatte schließlich 14 (!) Minuten Vorsprung vor der Polin Joanna Gront und der Tochter des Renndirektors Richard Umberg, Vera Notz-Umberg, die als Dritte ein vielbeachtetes Debüt als eigentliche Bahn- und Straßenläuferin gab. Vielleicht reift hier mit der 29jährigen Langstrecklerin aus Kerzers die legitime Nachfolgerin von Franziska Rochat-Moser heran, die 1997 den Jungfrau-Marathon und acht Wochen später völlig überraschend den New York-City-Marathon gewinnen konnte, aber auf tragische Weise beim Skilaufen ums Leben kam.

Blitzsauberes Rennen

Die Zermatt-Marathon-Siegerin Sylke Schmitz aus dem württembergischen Rottenberg lief ein blitzsauberes Rennen und kam in 3:48:39 auf Rang vier ein noch vor der Swiss-Alpine-Marathonsiegerin Jasmin Nunige, die scheinbar noch nicht recht erholt nach ihrem großen Erfolg ins Rennen gegangen war.
Mit Daria Nauer gab es übrigens ein Wiedersehen mit einem Schweizer Laufass, die inzwischen mit zwei Kindern im Alter von acht und zwei Jahren nur noch gelegentlich zum Laufen Zeit findet und als Neunte den Beleg auf der Kleinen Scheidegg ablieferte, dass Talent gepaart mit einer grundsoliden Ausdauer völlig ausreicht, um sich in einem Großanlass wie dem Jungfrau-Marathon auf einem Topten-Platz wieder zu finden.

Wilfried Raatz

www.jungfrau-marathon.ch

PS: Wer 2006 (am 8./9. September) dabei sein will, sollte sich ganz früh anmelden – die Plätze sind alle schnell weg!

Facts and Figures:

566 M.ü.M. Start in Interlaken

2.100 M.ü.M. Ziel auf der Kleinen Scheidegg

+ 1\’839 m Steigung des Jungfrau-Marathons

– 305 m Gefälle des Jungfrau-Marathons

1.227 Helferinnen und Helfer, 32 Mitglieder im OK, 132 Medizinisches Fachpersonal (Ärzte, Samariter, Physio, Massage), 127 Funkgeräte im Einsatz, 4.000 Startplätze im Jungfrau-Marathon, 1.000 Startplätze im Jungfrau-Minirun, 51 Nationen am Start aus allen Erdteilen, 20 Tonnen Gepäck werden von Interlaken ins Ziel transportiert, 12 Verpflegungsposten, 142.000 Becher, 10.000 l Powerade, 7.000 Bananen –

1.027 Teilnehmer kamen aus Deutschland – davon 17 aus Berlin. Die meisten aus Baden-Württemberg mit 293 Teilnehmern. 209 aus Holland, 116 aus Österreich und 100 aus Italien.

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