Jean-Philippe Toussaint: Fußball. Frankfurt 2016: Frankfurter Verlagsanstalt. 126 S.; 12,- € ©Frankfurter Verlagsanstalt
11 neue Fußballbücher – Lesebegleitung für die Europameisterschaft – Prof. Detlef Kuhlmann stellt vor – Teil 2
Die zweite Halbzeit bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich hat begonnen. Vier Wochen lang können wir die Spiele live verfolgen und uns zwischendurch mit einer kurzweiligen Lektüre über Fußball ein wenig regenerieren
Der Markt an neuen Fußballbüchern hat sich gerade im zeitlichen Vorfeld zur Europameisterschaft nochmals kräftig ausgeweitet. Eine Lesebegleitung als Ergänzung zu den Spielen oder als Kontrastprogramm für die spielfreien Tage lässt daraus allemal zusammenstellen und bietet (hoffentlich) für alle etwas. In der DOSB-Presse Nr. 24 haben wir 11 Bücher vorgestellt.
Jetzt folgt eine Liste mit weiteren 11 Titeln. Auch sie ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit aus dem Gesamtvolumen aller neueren Werke aus den letzten Jahren zusammengestellt. Die Auswahl soll lediglich die breite Palette der thematischen Zugänge verdeutlichen, mit denen die (vorzugsweise männlichen) Autoren auf den Ball und auf das Spielfeld blicken oder sich anderswie dem Phänomen Fußball widmen:
Alfred Daxler: SportBild EM-Buch. Hamburg: 2016: Hoffmann & Campe. 224 S.; 12,99 €
Dieses Buch … ist (sorry!) noch gar nicht erschienen. Es dürfte aber eines der ersten sein, das nach Beendigung der Europameisterschaft in Frankreich ab Mitte Juli lieferbar ist. Der 15. Juli 2017 wird jedenfalls als Erscheinungstag angekündigt. Also bitte schon mal vormerken! Was das Buch bietet? Schwere Frage – aber soviel steht wohl fest: Es wird reichlich Bilder über die packenden und weniger über die langweiligen Momente dieser EM enthalten …
Christian Eichler: 7:1 – Das Jahrhundertspiel. Als der brasilianische Mythos zerbrach und Deutschlands vierter Stern aufging. München 2015: Droemer Knaur Verlag. 288 S.; 12,99 €
Dieses Buch spielt am 8. Juli 2014 im Mineirão-Stadion von Belo Horizonte in Brasilien … und beschreibt die 90 Minuten auf dem Spielfeld, die für viele von uns immer noch auf unbeschreibliche Weise in Erinnerung geblieben sind. Der Beobachter dieses Jahrhundertspiels sitzt zunächst auf der Tribüne und hat später Gelegenheit, mit den agierenden Personen zu reden. Der Beobachter ist Sportjournalist bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und für sein Wirken mehrfach ausgezeichnet worden.
Ralf Lorenzen & Jörg Marwedel: Die Zukunft des Fußballs. Woher die nächsten Weltmeister kommen Recherchen im System Jugendfußball. Hamburg 2016: KJM Verlag. 114 S.; 15,- €
Dieses Buch bietet einen Blick hinter die Kulissen des Bundesliga-Fußballs und widmet sich der Klientel, die dort ausgebildet wird, um im besten Fall später Weltmeister zu werden – ob das wirklich gelingt? Die beiden renommierten Journalisten haben dazu auch Gespräche geführt u.a. mit DFB-Nachwuchstrainer Horst Hrubesch, DFB-Analyst Christopher Clemens sowie mit Fabian Boll und Lewis Holtby.
Manuel Neukirchner (Hrsg.): Mehr als ein Spiel. Das Buch zum Deutschen Fußballmuseum. Essen 2015: Klartext Verlag. 258 S.; 19,95 €
Dieses Buch kann und soll einen Besuch im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund (direkt gegenüber dem Hauptbahnhof gelegen) nicht ersetzen. Es ist eher wohl als feiner „appetizer" zu verstehen, der uns einen Rundgang dort schmackhaft machen soll. Im offiziellen Begleitband des Deutschen Fußballmuseums werden alle wichtigen Stationen in der deutschen Fußballgeschichte in Wort und Bild von wichtigen (männlichen) Experten nachgezeichnet. Dabei geht es dann aber auch im hinteren Teil auf sechs Seiten um „Frauenfußball in Deutschland": Der Beitrag von Martin Wörner ist mit „Der lange Weg aus dem Abseits" überschrieben …
Frank Nussbücker: Der Geist des Spiels. Ein Fußball-Roman. Berlin 2016: Schwarzkopf & Schwarzkopf. 204 S.; 9,90 €
Dieses Buch handelt davon, wie es jemandem gelingt, das Drehbuch für Fußballspiele zu schreiben, damit diese endlich richtig gut planbar werden und sic somit noch besser vermarkten lassen. Wie das geht? Alles nur ein Roman, der in Berlin spielt und von jemandem geschrieben ist, der sich zum Zweitligisten 1. FC Union Berlin bekennt, dem Erzrivalen „des großen sozialistischen Vorzeigeclubs" (S. 48), der Sportvereinigung Dynamo Berlin.
Malte Oberschelp: Konrad Koch – der Fußballpionier. Eine kommentierte Ausgabe von ausgewählten Originaltexten. Hildesheim 2015: arete. 160 S.; 16,95 €
Dieses Buch geht auf das Wirken des Braunschweiger Gymnasiallehrers und Fußballpioniers anhand von Texten zurück, die in der Summe Entwicklungsstufen von Turnen, Spiel und Sport in Deutschland und England nachzeichnen. Der Fußballsport ist darin eingeschlossen. Gleich am Anfang erfahren wir eine (für manche sicher überraschende) Antwort auf die Frage: „Warum Konrad Koch lieber zu Hannover 78 gehen würde als zu Hannover 96" …
Frieder Pfeiffer: Die 100 spektakulärsten Fehlentscheidungen im Fußball. Bielefeld 2016: Delius Klasing. 144 S.; 19,90 €
Dieses Buch klärt auf über das, was weltweit im Fußball passiert ist, aber nicht hätte passieren dürfen. Wer erinnert sich? Ein Tor, das keines war … ein Handspiel, das nicht bestraft wurde … ein Schiedsrichterpfiff, der nicht hätte ertönen dürfen etc. etc. Und dann wird auch noch darüber aufgeklärt, dass das erste Tor Bundesliga-Tor am 24. August 1963 irregulär gefallen ist. Warum? Das Spiel sollte um 17 Uhr angepfiffen werden. Als Timo Konietzka nach 37 Sekunden Spielzeit traf, zeigte die Uhr im Stadion Rote Erde in Dortmund aber erst 16.59 Uhr …ein bis heute folgenloser Fehlstart, nachzulesen übrigens auf Seite 110!
Alex Raack: Den muss er machen. Phrasen, Posen, Plattitüden – die wunderbare Welt des Fußball-Klischees. Hamburg 2015: Edel Books. 176 S.; 16,- €
Dieses Buch handelt von dem sprachlichen Stoff, der aus den Spielen erwächst. Dem Autor, selbst seit 2009 Redaktionsmitglied des in Berlin ansässigen Fußball-Magazins „11 Freunde", geht es nicht um das Spiel und um Spielzüge selbst, sondern um das, was an sprachlichen Produkten entsteht, wenn ein Spiel stattfindet. So ist eine Analyse der Fußballsprache entstanden, die nicht nur bei Linguisten wissenschaftliches Interesse erwecken könnte, sondern primär für alle Fußballfans eine kurzweilige Unterhaltung zur Belebung der kollektiven Erinnerungskultur darstellt – denn wir wissen doch alle: „Den muss er machen!".
Moritz Rinke (Hrsg.): Ein schwarzgelbes Jahr. Man muss in Spiel auch lesen können. Berlin 2015: Blumenbar Aufbau Verlag. 240 S.; 14,95 €
Dieses Buch ist ein Text-Projekt der deutschen Autoren-Nationalmannschaft mit dem Bundesligisten Borussia Dortmund und ging so: Zu jedem Spiel der Saison 2014/15 reiste ein Mitglied der Schriftsteller-Auswahl in das angeblich beste Stadion Europas und verfasste daraufhin einen Text zum Spiel für das Buch: „In der Wand" (Lucs Vogelsang), „Feldforschung im Kloppland" (Frank Willmann), „Dropkick oder: Ode an Kehl" (Albrecht Ostermaier) und „Ich bin ein BVB-Fan im Körper eines Herthaners" (Thomas Brussig) lauten dann einige der Überschriften und ihre Verfasser bzw. von Monika Maron („Jetzt also doch") als Verfasserin.
Holger Stromberg: Das Kochbuch der Nationalmannschaft. Hamburg 2014: Edel Books. 176 S.; 14,95 €
Dieses Buch verfolgt das gut gemeinte Anliegen, uns mit Hilfe von mehr als 60 Rezepten für schmackhaft zubereitete Speisen zu besserer Ernährung zu verhelfen – frei nach dem Motto. Wenn wir schon nicht in der Nationalmannschaft mitspielen dürfen, dann sollen wir wenigstens wie die amtierenden Weltmeister (und hoffentlich kommenden Europameister!) essen können – na denn: guten Appetit!
Jean-Philippe Toussaint: Fußball. Frankfurt 2016: Frankfurter Verlagsanstalt. 126 S.; 12,- €
Dieses Buch … „wird niemanden gefallen". Das sind die ersten Zeilen des belgischen Schriftstellers bzw. Romanciers (u.a. Das Badezimmer und Der Photoapparat). Toussaint begründet das auch und entwirft eine biografisch durchtränkte Liebeserklärung auf das Spiel und wird dabei zwischendurch selbst zum Spieltheoretiker bzw. Spielphilosophen: „Während wir ein Fußballspiel ansehen, während dieser so präzise umrissenen Zeit, die vergeht, solange wir im Stadion oder vor unserem Fernsehgerät sind, bewegen wir uns in einer abstrakten und Zuversicht gebenden Welt des Fußballs, wir sind über die Dauer des Spiels in einem Zeitkokon eingesponnen, geschützt vor den Verletzungen der Außenwelt, wir stehen außerhalb der Kontingenzen der Wirklichkeit, ihrer Schmerzen und Unzufriedenheiten, weil die richtige Zeit, die unaufhaltsam verrinnende Zeit, die uns stetig hin zu unserem Tod zieht, erstarrt und wie betäubt scheint" (S. 35).
Prof. Detlef Kuhlmann
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