Blog
21
11
2011

MMT100 2011 – Der Sieger Bosnjak (AUT) ©MMT100

100 Meilen? Ich laufe doch nur Marathon! Dr. Ronald Musil berichtet

By GRR 0

Das soeben begonnene Gespräch könnte sehr schnell ein abruptes Ende finden, nach der Bemerkung eines Ultramarathonjunkies „Naja, es muss ja auch Kurzstreckenläufer geben!"

Aber wenn diese Bemerkung fällt, ist sie mit einem gehörigen Schuss Ironie versehen und keiner kann diese anders deuten als dass derjenige lediglich eine Unterhaltung beginnen möchte über die Schönheit des Ultramarathonlaufens.

Die Geburtsstunde der 100-Meilen-Läufe liegt, wie könnte man es anders erwarten, in den USA und bis auf ganz wenige Ausnahmen sind dies sämtlich Trail-Läufe, mit meist mehr oder weniger zu bewältigenden Höhenmeter. Allerdings hat auch insbesondere Europa in den letzten Jahren eine vielversprechende Entwicklung hingelegt.

Der Ursprung aller 100-Meilen-Läufe findet sich unstrittig in Kalifornien (USA). Im Jahre 1955 ritt der leider bereits verstorbene Wendell T. Robin mit einer Gruppe von fünf Reitern den Western States Trail von Squaw Valley nach Auburn (Kalifornien). Er wollte mit diesem Ritt beweisen, dass die Strecke von 100 Meilen in einem Tag zu meistern ist, was er dann auch schaffte.

1974 versuchte dann Gordy Ainsleigh den Beweis anzutreten, dass diese Strecke auch zu Fuß innerhalb von 24 Stunden zu bewältigen ist – 23:42 Stunden später war er im Ziel. Und das war auch die Geburtsstunde der 100-Meilen-(Trail)Läufe. Der erste offizielle Western States Endurance Run fand dann 1977 statt. Von 14 gestarteten Läufer erreichten schließlich drei das Ziel, der erste in einer Zeit von 22:57 Stunden (Andy Gonzales, 22 Jahre). Die beiden anderen Finisher müssen deshalb noch erwähnt werden, da sie mit Ihrer Zeit von 28:36 Stunden  den Impuls für das heute noch gültige Zeitlimit von 30 Stunden gegeben hatten.

Diejenigen Finisher, die weniger als 24 Stunden für die 100 Meilen benötigen, erhalten eine silberne Gürtelschnalle (Belt Buckle) und diejenigen, die in einem Zeitlimit von 30 Stunden bleiben, erhalten eine bronzene Gürtelschnalle. Die Gürtelschnalle als Zeichen, einen 100-Meilen-Lauf in einer bestimmten Zeit absolviert zu haben, hat sich als Tradition durchgesetzt und wird auch bspw. bei der nächsten Auflage der 100MeilenBerlin im Jahr 2013 aufgenommen. Um auch einmal deutlich zu machen, welche Leistungen vollbracht werden, sollten an dieser Stelle auch die Streckenbestzeiten Erwähnung finden, wobei zu beachten ist, dass bei diesem Lauf zudem noch ca. 5.500 Höhenmeter zu bewältigen sind. In 2010 schaffte es Geoff Roes, die 100 Meilen in einer Zeit von 15:07:04 und Ann Trason 1995 in 17:37:51 zu meistern.

Allgemein wird davon gesprochen, dass in den USA quasi an jedem Wochenende etliche 100-Meilen-Läufe stattfinden. Das ist mitnichten so. Für die USA beschreibt die Statistikdatenbank der DUV für 2010 insgesamt 77 100-Meiler. Davon weisen lediglich 12 mehr als 100 Finisher aus. Die beiden Läufe mit den mit Abstand meisten Teilnehmern sind der Leadville Trail 100 Mile (363 – 2010) und der Western States 100 Mile Endurance Run (328 – 2010).

Interessant ist zu beobachten, wie sich die Alterstruktur der Finisher darstellt. Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ist die AK40 mit ca. 20% diejenige mit den meissten Finishern, wobei der Abstand zu den anderen, vor allem jüngeren, Altersklassen nicht wirklich groß ist und sich relativ gleichmäßig verteilt. Lediglich bei den Altersklassen jenseits von 45 Jahren gibt es eine deutlich geringere Finisherzahl im Verhältnis zu der Gesamtzahl derselben.

In der Regel schränken ein Teilnehmerlimit und ein notwendiger Qualifikationsnachweis die Anzahl der Finisher ein und nicht selten melden sich mehr interessierte Läufer an als das Teilnehmerlimit eigentlich vorsieht. Dann werden durch eine Lotterie, die zudem öffentlich zelebriert wird und online zu verfolgen ist, die glücklichen Teilnehmer ausgelost.

In Deutschland wird immer wieder über Startgebühren bei Laufveranstaltungen diskutiert. Bedenkt man dabei, dass Ultralaufveranstaltungen in Deutschland für potentielle Sponsoren allein auf Grund der geringen Teilnehmerfelder vermeintlich wenig interessant sind und demzufolge die Startgebühren den tatsächlichen finanziellen Aufwand abdecken müssen, sollte sich die Diskussion relativieren. Gleichwohl lohnt sich ein Vergleich über den „Teich". Die Teilnahmegebühren bei den o.g. zwölf 100-Meilen-Läufen reichen von 150 $ (Rocky Raccoon 100 Mile Trail Run) bis 370 $ (Western States 100 Mile Endurance Run), wobei sich dort zusätzlich namhafte Sponsoren engagieren.

Ein wenig Statistik ist auch zu den 100-Meilen-Läufen in Deutschland angebracht. In 2010 weist die Statistikdatenbank der DUV insgesamt 12 Veranstaltungen auf, in 2011 ebenso. Das Teilnehmerlimit ist auch bei diesen Läufen praktisch immer begrenzt, aber aus anderen Gründen als beispielsweise in den USA. Während in den USA häufig Naturschutzgebiete durchlaufen werden und damit die Teilnehmerlimits zu begründen sind, scheuen sich die Veranstalter in Deutschland zu Recht vor den teilweise aufwändigen und langwierigen Genehmigungsverfahren, wie beispielsweise die Veranstalter des Chiemgauer 100 oder der 100MeilenBerlin bestätigen können.

So sind die Veranstaltungen in Deutschland bis auf Ausnahmen private Einladungsläufe (max. 30 Teilnehmer) und teilweise auf Monate vorher ausgebucht. Die 100MeilenBerlin sind ein von den zuständigen Behörden genehmigter Lauf, allerdings auf einer nicht abgesperrten Strecke. Jeder Teilnehmer läuft auf eigene Gefahr und verpflichtet sich, die Straßenverkehrsordnung einzuhalten – bei sonst drohender Disqualifikation.

Bislang hat sich dieses Verfahren bewährt, allerdings bei noch überschaubaren Teilnehmerzahlen. Wird eine bestimmte Größenordnung erreicht, muss darüber nachgedacht werden, auch eine 100-Meilen-Strecke wie bei einem offiziellen Marathon abzusperren. Und das dürfte eine logistische wie personelle Herkulesaufgabe werden….

Insgesamt hält sich die Anzahl der Teilnehmer bei 100-Meilenläufen noch in überschaubaren Grenzen. Die Veranstaltung in Deutschland mit den meisten Finishern waren in 2011 die 100MeilenBerlin mit 78, dicht gefolgt vom wohl einmaligen (nach Angabe des Veranstalters) "Thüringen Ultra 100 Meilen" mit 75, europaweit liegt der der Lakeland 100 mit 96 Finishern vorn.  Eine der interessantesten neuen Veranstaltungen ist wohl der Magredi Mountain Trail in Pordenone (Italien) mit Läufern aus sechs Ländern bereits bei der Premiere. Auch die Ultralauflegende Marco Olmo (u.a. Gewinner des UTMB) ließ es sich nicht nehmen zumindest die 60 km zu absolvieren.

Als Fazit insbesondere der Ultralaufszene in Deutschland lässt sich feststellen, dass die Anzahl derjenigen Läufer, die gern eine Distanz bis oder über 100 Meilen bewältigen würden, stetig zunimmt und damit zugleich ein Markt entsteht für entsprechend professionell organisierte Veranstaltungen sowie potentielle Sponsoren.

Das jüngste Beispiel dafür bieten die 100MeilenBerlin, die durch die Presse umfassend und wohlwollend begleitet wurden sowie die vielen positiven Berichte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

 

Dr. Ronald Musil

Die Herausforderung!
100 Meilen von Berlin.
Der Mauerweglauf
17.08.2013
www.100meilen.de

 

100MeilenBerlin – Der Mauerweglauf. 17./18. August 2013

author: GRR

Comment
0

Leave a reply