Der führende Läufer Jan-Albert Lantink lag nach 100 km in knapp unter 7:50 Stunden weit vor den Konkurrenten. ©Helmut Winter
100 Meilen Berlin am 12. August 2017: Jan-Albert Lantink (NED) gewinnt in 13:39:56 – Helmut Winter berichtet
Der 59-jährige niederländische Topläufer Jan-Albert Lantink aus Hengelo gewann die 100 Meilen von Berlin am 12. August 2017, die weitgehend auf dem Mauerweg ausgetragen werden.
Einen Tag vor dem 56. Jahrestag des Baus der Berliner Mauer, lief Lantink die restliche Konkurrenz in Grund und Boden und gewann den Lauf nach 13:39:56 Stunden. Bei den Frauen war Katrin Grieger aus Hamburg nach 17:20:20 als Erste im Ziel.
Vom Start weg legte der niederländische Weltrekordler über 100 km in der AK 55 (7:07:26 Stunden) ein hohes Tempo vor, dem keiner der 340 Starter folgen wollte. Bereits am 2. Verpflegungspunkt nach 12,6 km lag Lantink in 55:06 gut 4 Minuten vor den Verfolgern und damit auf Kurs zu einer Zeit um 11:45 Stunden, einer Weltklassezeit. Einen Eindruck vom hohen Tempo veranschaulicht auch die inoffizielle Marathon-Durchgangszeit von 3:07:30. Nach gut 60 km wurde sein Tempo etwas langsamer, er lief aber immer noch die km-Abschnitte im Bereich um 4:20 Minuten.
Nach knapp 5 Stunden hatte der „Fliegende Holländer“ einen Vorsprung von 10 Minuten auf den ersten Verfolger Benjamin Brade von der LG Nord Berlin und sogar eine halbe Stunde auf den Japaner Hideyuki Mamiya aus Nagoya.
Als Lantink den Verpflegungspunkt „Brauhaus Meierei“ am Schloss Cäcilienhof nach 6:25 Stunden passierte, lag er immer noch auf Kurs zu einer Zeit von 12:28 Stunden und damit eine gute halbe Stunde unter dem Streckenrekord des Briten Mark Perkins von 13:06:52 aus dem Jahr 2014. Auf den kommenden 30 km konnte er die hohe Fahrt aber nicht mehr ganz halten.
Zum einem führte der Dauerregen in den ersten 5 Stunden des Lauf – bei ansonsten günstigen Temperaturen um 15°C – dazu, dass sich in seinem nassen rechten Schuh sehr sichtbar eine Blutblase gebildet hatte, die erhebliche Schmerzen verursachte. Weiterhin legte er nun immer mehr Verschaufpausen ein, um kurz zu regenerien. Somit lag er nach 115,4 km bei Verpflegungspunkt 19 in 9:19:05 Stunden bereits auf einer Endzeit von über 13 Stunden.
Hinter dem Führenden ergaben sich mittlerweile interessante Kämpfe um die nächsten Positionen. Hier konnte Benjamin Brade nach 60 km seinen Vorsprung auf den Dritten auf 20 Minuten ausbauen, bevor er nach etwa 100 km deutlich einbrach und von dem von hinten stark aufkommenden Sascha Dehling von der veranstaltenden LG Mauerweg überholt wurde. Nach 130 km lag Dehling zwar fast eine Stunde hinter Lantink zurück, hatte aber seinerseits den Vorsprung auf Mamiya und auf den verhalten gestarteten Patrick Hösl von der LG Ultralauf auf über 10 Minuten ausbauen können, weitere 10 Minuten dahinter war Brade auf Platz 5 zurückgefallen.
In dieser Konstellation ging es nun von der südlichen Peripherie der deutschen Hauptstadt (man absolvierte dieses Jahr die Runde entgegen des Uhrzeigersinns) in Richtung Innenstadt, wobei das Geläuf am Stadtrand von Lichtenrade im Süden Berlins nach dem Regenwetter am Morgen durch den aufgeweichten Untergrund und überdimensionale Pfützen große Anforderungen an die Läufer stellte. Als hier noch bei Dunkelheit für die langsameren Läufer dazukam, wurde die Sache schon kritisch. Hier sollte der Veranstalter durchaus einmal über kleinere Streckenveränderungen nachdenken, bzw. war dies auch wegen kurzfristig vorgenommener Bauarbeiten erforderlichen Modifikationen des Kurses geschuldet.
Dies hatte auch u.a. zur Folge, dass der spätere Sieger im Tempo weiter nachließ und das Ziel im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark erst nach 13:39:56 erreichte.
Nur der Brite Perkins war auf dem Kurs schneller (allerdings beim Lauf in umgekehrter Orientierung). Im Prinzip hatte Lantink für die Gegen-Uhrzeigerrichtung eine neue Bestzeit erzielt, vor zwei Jahren war der Italiener Marco Bonfiglio in 13:40:11 geringfügig langsamer unterwegs.
Jan-Albert Lantink (NED) gewinnt die 100 Meilen Berlin in 13:39:56 (c) Youtube-Screenshot
Hinter dem schnellen Mann aus den Niederlanden feierte Sascha Dehling ein glanzvolles Debüt und wurde in 14:37:35 mit einem Rückstand von gut 57 Minuten Zweiter des Laufs. Wie gut sich der Mann von der LG Mauerweg sein Rennen eingeteilt hatte, zeigt ein Blick in die Liste der Splits, wo er auf den Sieger auf den letzten 30 km keine Zeit mehr verlor. Und sehr gut eingeteilt hatte sich auch der Drittplatzierte Patrick Hösl das Rennen, der nach 14:40:41 im Ziel war.
Bald darauf hatte es dann auch der wackre Japaner Mamiya in 14:42:13 als Vierter geschafft. Erst 2:07 Stunden hinter dem Sieger kam Benjamin Brade, der im ersten Teil lange auf Platz 2 lag, in den Sportpark und wurde am Ende Zehnter.
Bei den Frauen lagen bis hinter dem Grenzturm Nieder Neuendorf nach gut 40 km Patricia Rolle von der LG Nord Berlin und die spätere Siegerin Katrin Grieger an der Spitze, bevor sich Rolle absetzen und einen Vorsprung nach 83 km von 8 Minuten herauslaufen konnte. Bald darauf bekam Rolle, die im Jahr 2015 mit 15:57 Stunden den Streckenrekord für die Frauen aufstellte, aber Kreislaufprobleme und musste das Rennen aufgeben. Katrin Grieger gewann den Wettbewerb bei den Frauen in 17:20:20 Stunden vor Antje Müller von der LFV Oberholz, die eine halbe Stunde länger für die 161,7 km benötigte.
Bereits nach wenigen Jahren hat sich diese Veranstaltung des Ultralang-Laufsports bestens in der internationalen Szene etabliert.
Bei der 6. Ausgabe gingen fast 350 Laufenthusiasten auf die Tour um das westliche Berlin. Davon erreichten 258 Teilnehmer in der Sollzeit von unter 30 Stunden das Ziel. Auch in der Leistungsbreite hat sich der Lauf deutlich entwickelt. Betrug die Siegerzeit bei der Premiere im Jahr 2011noch 16:22:17 Stunden, brauchten diesmal 12 Läufer nur 16 Stunden oder weniger für die komplette Runde.
Dabei ist noch zu bedenken, dass die Läufer im Gegensatz zu Läufen über kürzere Distanzen keine Streckensperrungen vorfinden und deshalb u.a. verbindlich die Straßenverkehrsordnung einhalten müssen. Dies gilt z.B. auch für rote Ampelphasen, deren Effekte sich über die Gesamtdistanz auf etliche Minuten summieren dürften. Und Verstösse gegen die Regeln werden rigoros vom Veranstalter geahndet: Ein(e) Läufer(in) musste aus diesem Grund disqualifiziert werden. Aber nicht nur diese Problematik wurde von den Organisatoren souverän gemeistert, die nun schon seit Jahren, bis ans physische Limit gehend, herausragende Arbeit leisten.
Allein die vielen „Wiederholungstäter“ belegen, dass die Teilnehmer sehr zufrieden mit der Organisation und dem Umfeld sind. Bei der nächsten Auflage im August 2018 – dann wird wieder im Uhrzeigersinn gelaufen – wird man sicher viele der „Ultralangen“ auf dem Mauerweg wiedersehen.
Zur großartigen Organisation der Veranstaltung gehören jedes Jahr die Siegerehrungen, die in aufwendiger Prozedur jeden Teilnehmer berücksichtigen und in besonderer Weise ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Extremsportler vermitteln und in dieser Form bei Laufveranstaltungen überaus selten zu finden sein dürften.
Höhepunkt bei diesjährigen Abschluss waren die Ausführungen des Schirmherrns, Pfarrer Rainer Eppelmann, der in wahrlich bewegenden Worten Hintergründe und Auswirkungen der „Berliner Mauer“ schilderte.
Dass eine sportliche Veranstaltung mittlerweile jedes Jahr als eine führende Triebfeder gegen das Vergessen trauriger deutscher Historie fungiert, ist vielleicht der eigentliche Höhepunkt der „100 Meilen Berlin“.
Helmut Winter
Ergebnisse der Männer: | |||
1. |
LANTINK, Jan-Albert
|
MPM-Hengelo | 13:39:56 |
2. |
DEHLING, Sascha
|
LG Mauerweg Berlin e.V. | 14:37:35 |
3. |
HÖSL, Patrick
|
LG Ultralauf | 14:40:41 |
4. |
MAMIYA, Hideyuki
|
heavy-metal-iron-runner | 14:42:13 |
5. |
JÄNICKE, Marc Cornelius
|
(ohne) | 15:05:09 |
6. |
KOPPENHEFFER, Matt
|
SCB-Berlin | 15:25:14 |
7. |
NÄHLER, Jens
|
PSV Grün-Weiß Kassel | 15:29:23 |
8. |
EITNER, Michael
|
TV 1893 Burgholzhausen | 15:32:56 |
9. |
VETTERMANN, Matthias
|
LG Muli | 15:41:49 |
10. |
BRADE, Benjamin
|
LG Nord Berlin Ultrateam | 15:47:38 |
Ergebnisse der Frauen: | |||
1. |
GRIEGER, Katrin
|
Legion of Pain | 17:20:20 |
2. |
MÜLLER, Antje
|
LFV Oberholz | 17:50:34 |
3. |
SCHUMANN, Kerstin
|
Powerbärs Rednitzhembach e.V. | 19:25:04 |
4. |
NAKAYAMA, Nana
|
(ohne) | 19:40:43 |
5. |
TSANG, Gigi
|
Dubai Creek Striders | 20:27:00 |
6. |
LERNER, Dorit
|
Zone 3 | 20:57:56 |
7. |
HAV THOMSEN, Anja
|
(ohne) | 21:15:38 |
8. |
SEIDEL, Claudia
|
(ohne) | 21:37:54 |
9. |
RAVER SHAPIRA, Nina
|
ZONE3 | 22:17:50 |
10. |
GINZBURG, Alla
|
Mrrc | 22:24:37 |
100 Meilen Berlin – Berliner Mauerweglauf
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